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Der Kampf beginnt

Der Kampf beginnt

Titel: Der Kampf beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loren Coleman
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Lager anzufordern, war jedenfalls nicht möglich. Nicht für einen Ryoken II und auch einen neuen MechKrie-ger konnten sie nicht anfordern. Deshalb hatte Colonel Blaire Raul gleich am frühen Morgen losgeschickt. Nach Charal DePriests Tod war Captain Norgales der einzige Reservepilot der Miliz - und der war Legat Stempres' Mann. Kein anderer wäre in der Lage gewesen, einen Legionär mehr als notdürftig zu beherrschen. Raul hätte möglicherweise den kampfstarken Ryoken II führen und seinen Mech einem schlechteren Piloten überlassen können. Doch das wollte er nicht.
    Er wollte Tassa Kay zurück.
    Im Hospitalzelt roch es nach altem Segeltuch und starken Desinfektionsmitteln, mit denen die Wunden gereinigt wurden. Mehrere Dutzend Männer und Frauen warteten noch immer darauf, nach River's End evakuiert zu werden. Blutgetränkte Verbände und erhöht aufgehängte Gipsverbände gestatteten Raul einen ungeschönten Einblick in den Preis dieses noch immer nicht entschiedenen Kampfes. Der Latrinengestank einer brandigen Wunde stieg ihm in die Nase, und er verzog unwillkürlich das Gesicht. Dann trat er beiseite, als zwei stämmige Zivilisten, die eher wie Bauarbeiter aussahen, einer Schwester halfen, einen ihrer Patienten aus dem Zelt zu schaffen, vermutlich zurück in die Chirurgie.
    Raul wartete, bis sich die Schwingtüren geschlossen hatten, dann ging er weiter die langen Reihen entlang, betrachtete die Gesichter -soweit das möglich war - und las die Namen von den Krankenblättern, die an die Fußenden der Betten gehängt waren. Als er sich dem Ende der ersten Reihe näherte, hob er den Blick und sah ein Stück vor sich Tassa auf weißen Laken liegen, eine Infusionsnadel im Arm und einen Druckverband seitlich am Kopf. Eine MedTech saß auf dem Bett und beugte sich über sie. Eine zivile Ärztin, die Tassa abhorchte und sich dann mit skeptischer Miene aufrichtete. Rauls Atem stockte.
    Es war Jessica.
    Raul hatte ohnehin schon Probleme damit gehabt, was neulich nachts zwischen Tassa Kay und ihm vorgefallen war. Sein Gespräch mit Janella Lakewood zwang ihn, vieles unter neuem Licht zu betrachten. Seine Beziehung zu Tassa war pure Leidenschaft, Verlangen und Nähe gewesen. Ohne eine solide Gefühlsbasis - ganz sicher keine Liebe. In den Holovids, den Filmen, die Raul so begeistert verschlungen hatte, während er von einem Posten in Achernars Miliz geträumt hatte, waren derartige romantische Verwicklungen für Mech-Krieger gang und gäbe gewesen. »Wer weiß, ob wir den Morgen noch erleben«, und andere läppische Entschuldigungen. Aber das hier war das wahre Leben, und wirkliche Menschen wurden auf und neben dem Schlachtfeld zu Opfern. Jede Entscheidung, und jeder Verzicht auf eine Entscheidung, konnte Leben kosten, unbezahlbare Ausrüstung zerstören und Beziehungen zerschlagen.
    »Es tut mir Leid«, flüsterte er, und eigentlich wollte er es gar nicht aussprechen. Er war sich nicht einmal sicher, bei wem er sich gerade entschuldigte. Bei Charal, weil er sie nicht hatte beschützen können. Bei Jessica - dafür, wie sich die Dinge entwickelt hatten. Oder bei Tassa, die für eine Welt gekämpft und geblutet hatte, die nicht einmal die ihre war.
    Es war Jessica, die ihn hörte. Sie schreckte mit schuldbewusstem Blick auf, der sich schnell zu brütender Feindseligkeit verdüsterte, als sie sah, wer gesprochen hatte. »So so«, stellte sie fest, und ein gewaltiger Vorwurf lastete auf ihrer Stimme. »So sieht man sich wieder.«
    Die Situation erinnerte stark an ihre erste Begegnung: Über dem Bett eines Militärpatienten. Raul konnte sogar spüren, wie die alten Argumente in dem geistigen Hangar die Reaktoren hochfuhren, in denen er sie abgestellt hatte. Er schluckte trocken und kämpfte gegen die plötzlich wie zugeschnürte Kehle an. »Was machst du hier?«, fragte er.
    »Ich übe meinen Beruf aus, Raul. Ich bin Ärztin.« Sie stand langsam auf, jede Bewegung zeugte von Müdigkeit und steifen Gelenken. Dann kam sie ans Fußende von Tassas Bett, wo sie sich leiser unterhalten konnten. »Wie es scheint, habt ihr in Brightwater und San Marino gestern die medizinischen Möglichkeiten der Miliz überbeansprucht, und man hat eine Reihe von zivilen Helfern angefordert, um hier auszuhelfen, jetzt, da die Kämpfe vorüber sind und die Gefahr sich in Grenzen hält.«
    Raul sah die dunklen Ringe um ihre Augen und konnte nur ahnen, mit wie wenig Schlaf sie seit dem gestrigen Tag hatte auskommen müssen. Oder der vergangenen Woche.

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