Der Kampf des Geisterjaegers
verlassen hätten und durch den Tunnel entflohen seien. Mab befahl, vier Wachen unten aufzustellen. Wenn die Malkins herausfanden, dass die Soldaten fort waren, würden sie vielleicht versuchen, zurückzukommen.
Noch vor Einbruch der Nacht war die Lücke in der Mauer wieder geschlossen, doch Mab hatte eine weitere Aufgabe für die Maurer. Sie ließ sie die beiden schweren verschlossenen Truhen die schmale Treppe hinauf auf die Zinnen des Turms bringen. Danach gingen sie eiligst, die Zugbrücke wurde eingeholt und wir waren im Turm eingeschlossen.
Außer Mab und ihren beiden Schwestern bestand der Zirkel aus weiteren zehn Hexen. Außerdem gab es noch vier ältere Frauen, deren Aufgabe es war, für die anderen zu kochen und Lasten zu tragen. Sie bereiteten eine dünne Suppe aus Kartoffeln und Karotten zu, und auch wenn sie von Angehörigen eines Hexenzirkels gemacht worden war, nahm ich einen Teller davon an. Doch da ich fürchtete, dass ich vergiftet oder durch ein Gift in Mabs Gewalt gebracht werden sollte, achtete ich darauf, dass sie aus demselben Topf kam, aus dem auch alle anderen aßen. Erst als sie begonnen hatten, tunkte ich mein Brot ein und aß ebenfalls.
Nach dem Essen hätte ich gerne den Inhalt von Mamas Truhe untersucht, doch Mab wollte nichts davon wissen und befahl mir, mich davon fernzuhalten.
»Du wirst diese Truhen satthaben, noch bevor du fertig bist«, meinte sie. »Es wird Monate dauern, bis du die ganzen Bücher übersetzt hast ...«
Kurz nach Sonnenuntergang nahm Mab eine Laterne und führte mich auf die Zinnen. Beth und Jennet folgten mir. Am Ende der Treppe kamen wir in einen weiteren Raum mit einem Holzfußboden, in dem die Mechanik für die Zugbrücke untergebracht war. Sie bestand aus einer großen Winde aus Holz mit einem Apparat aus Zahnrädern und einer Ratsche an einer Kette. Wenn man an der Winde drehte, wand sich die Kette darum und die Zugbrücke wurde hochgeholt.
Von da aus gelangten wir auf die Zinnen des Turms, von denen aus man einen guten Blick in alle Richtungen hatte. Über den Bäumen des Krähenwaldes erhob sich der Pendle, und weil zwischen dem Turm und den nächsten Bäumen nur Wiesen waren, konnte sich niemand unbemerkt nähern. Die Kanoniere waren in den Krieg gezogen und der Turm befand sich jetzt in der Hand der Mouldheels. Theoretisch war er unangreifbar. Doch dann fiel mein Blick auf die Truhen. Sie hatten keine Ahnung, was sie erwartete.
Je dunkler es wurde, desto heller schien die Laterne zu leuchten. Ich wusste, dass der Mond bereits aufgegangen sein musste, aber es blies ein kräftiger Wind aus Westen, der schwere Regenwolken über den Himmel schob. Es würde eine Weile dauern, bis Mondlicht auf die Truhen fiel, wenn überhaupt.
»Es sieht nach Regen aus, Mab«, sagte ich. »Vielleicht müssen wir bis morgen warten.«
Mab schnüffelte in die Luft und schüttelte den Kopf. »Der Mond wird sich schon früh genug zeigen«, verkündete sie. »Bis dahin werden wir hier warten.«
Ich starrte in die Dunkelheit, lauschte auf das ferne Rauschen des Windes in den Bäumen und dachte darüber nach, was in den paar Tagen, seit wir in Pendle angekommen waren, geschehen war. Wo war der Spook gerade? Und was hoffte er gegen die Macht der Hexenzirkel ausrichten zu können? Der arme Pater Stocks war tot, und mein Meister konnte nicht hoffen, die Mouldheels allein aus dem Malkin-Turm zu vertreiben und schon gar nicht, mit den anderen fertig zu werden, vor allem mit den Malkins. Und dann noch Wurmalde. Sie stellte wirklich ein Rätsel dar. Wie passte sie in die komplizierte Hexengesellschaft von Pendle? Sie hatte davon gesprochen, sich an meiner Mutter rächen zu wollen, aber was genau wollte sie eigentlich in Pendle erreichen?
Ich warf einen Blick auf Mab, die zum Nachthimmel hinaufsah.
»Du warst gut, Mab«, schmeichelte ich ihr in der Hoffnung, mehr darüber zu erfahren, was eigentlich vor sich ging. »Du hast die Malkins geschlagen. Selbst mit der Hilfe der Deanes werden sie es nicht schaffen, dich wieder aus dem Turm zu vertreiben. Er gehört jetzt für immer dir.«
»Es hat lange genug gedauert«, stimmte Mab zu und sah mich misstrauisch an. »Aber ich habe meine Chance erkannt und ergriffen. Mit deiner Hilfe, Tom. Wir sind ein gutes Team, du und ich, meinst du nicht auch?«
Ich war mir nicht sicher, worauf sie hinauswollte. Es konnte kaum sein, dass sie mich ins Herz geschlossen hatte. Nicht mich, den Lehrling eines Spooks. Nein, es war wohl eher so, dass sie
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