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Der Kampf des Geisterjaegers

Titel: Der Kampf des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
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ließ sie sich auf die Knie sinken und steckte einen der drei kleinen Schlüssel in das Schloss der mittleren Truhe. Sie bewegte ihn, aber er ließ sich nicht herumdrehen, und mit einem verärgerten Stirnrunzeln wandte sie sich der nächsten Truhe zu. Als sich auch diese nicht öffnen ließ, begann Jennet zu kichern.
    »Aller guten Dinge sind drei, nicht wahr, Schwesterchen?«, neckte sie sie. »Ist heute wohl nicht dein Glückstag, was?«
    Als sie auch die dritte Truhe mit dem Schlüssel nicht aufbekam, stand Mab auf und sah mich mit zornsprühenden Augen an. »Sind das die richtigen Schlüssel?«, fragte sie. »Wenn das ein Trick ist, dann wird es dir noch sehr leidtun!«
    »Versuch es mit einem der anderen Schlüssel«, schlug ich vor.
    Mab tat es, aber das Ergebnis blieb das gleiche. »Hältst du mich für dumm?«, schrie sie mich an, doch gleich darauf wurde ihr Gesicht hart und grausam und sie wandte sich an Jennet. »Geh und bring mir das Kind her!«
    »Nein!«, rief ich. »Bitte tu das nicht, Mab. Versuch es mit dem dritten Schlüssel, vielleicht passt der ...«
    Ich hatte mittlerweile Angst und meine Handflächen schwitzten. Es war schlimm genug, die Schlüssel überhaupt herauszugeben. Aber wenn sich die Truhen damit nicht öffnen ließen, würde Mabs Rache furchtbar sein, und sie würde als Erstes der kleinen Mary etwas antun. Was war falsch? Ich fragte mich, ob sich die Truhen nur öffnen ließen, wenn ich den Schlüssel in der Hand hielt. War das möglich?
    Wieder kniete Mab nieder und probierte den dritten Schlüssel aus. Auch damit gingen die ersten beiden Truhen nicht auf, doch zu meiner Erleichterung machte es bei der dritten »Klick« und der Schlüssel drehte sich im Schloss. Mab sah mit triumphierendem Lächeln auf und hob langsam den schweren hölzernen Deckel.
    Die Truhe war voll, doch war es noch nicht möglich, den Inhalt zu sehen. Ein großes Stück weißes Material lag ordentlich zusammengefaltet obenauf. Mab nahm es heraus, und als es sich ausbreitete, sah ich, dass es ein Kleid war. Plötzlich wurde mir klar, dass es ein Hochzeitskleid war. Gehörte es meiner Mutter? Das war anzunehmen. Warum würde sie es sonst in ihrer Truhe aufheben?
    »Das ist mir viel zu groß«, stellte Mab grinsend fest, als sie es an ihren Körper hielt, sodass der Saum auf dem Boden schleifte. »Was meinst du, Tom? Sieht ziemlich schick aus, was?«
    Sie hielt das Kleid falsch herum, mit dem Rücken zu mir, und mit einem erschrockenen Ausruf erblickte ich die Knöpfe, die sich vom Halsansatz bis zum Saum untereinander reihten. Ich hatte keine Zeit, sie zu zählen, aber ich sah genug, um zu vermuten, dass sie aus Knochen waren. Das letzte Mal hatte ich solche Knöpfe an einem Kleid von Meg Skelton gesehen, der Lamia-Hexe, die beim Spook in Anglezarke gewohnt hatte. Besaß das Hochzeitskleid meiner Mutter die gleichen Knöpfe wie das Kleid einer Lamia-Hexe?
    Mab warf Jennet das Kleid zu. »Ein Geschenk für dich, Jennet!«, rief sie. »Eines Tages wird es dir passen, du musst nur Geduld haben.«
    Jennet fing es auf und verzog angewidert das Gesicht. »Ich will das alte Kleid nicht! Du kannst es haben, Beth!«, sagte sie und gab es ihrer Schwester.
    Mab hatte nun ein weiteres Teil aus der Truhe gezogen. Es war ebenfalls ein Kleidungsstück. Wieder hielt sie es an ihren Körper, um die Größe erkennen zu können, obwohl es ganz offensichtlich ein Männerhemd war.
    Ich vermutete sofort, was das war: Dads Hemd, das Hemd, mit dem er Mamas Körper vor den grellen Sonnenstrahlen geschützt hatte, als er sie mit einer Silberkette an einen Felsen gefesselt gefunden hatte - mit der Silberkette, die sich in meinem Besitz befunden hatte, bis Nowell sie mir weggenommen hatte. Sie hatte das Hemd als Andenken an das, was mein Vater getan hatte, aufgehoben.
    »Das muffige alte Hemd gehört dir, Beth«, verkündete Mab und warf es ihrer Schwester mit höhnischem Lachen zu.
    Natürlich war das besser, als wenn Mary etwas geschah, aber es schmerzte mich zuzusehen, wie mit Mamas Sachen so respektlos umgegangen wurde. Ihr ganzes Leben befand sich in dieser Truhe, und ich hatte die Sachen eigentlich allein in Ruhe durchgehen und nicht zusehen wollen, wie Mab sie befingerte. Und Tibb glaubte, dass etwas sehr Wichtiges darin war. Etwas, das Mab jeden Moment entdecken konnte.
    Mab wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Truhe zu und ließ ihre Augen gierig über den Inhalt gleiten. Krüge und versiegelte Flaschen befänden sich darin, die

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