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Der Kampf mit dem Dämon

Der Kampf mit dem Dämon

Titel: Der Kampf mit dem Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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Phaetonsflug hatte ihn so hoch in die Himmel gerückt, daß er vermeinte, selbst Gott zu sein, und sich rühmte:
    Zur Magd ist mir
Die herrnbedürftige Natur geworden.
Und hat sie Ehre noch, so ists von mir.
Was wäre denn der Himmel und das Meer
Und Inseln und Gestirn und was vor Augen
Den Menschen alles liegt, was war es auch,
Dies tote Saitenspiel, gab ich ihm Ton
Und Sprach und Seele nicht? Was sind
Die Götter und ihr Geist, wenn ich sie nicht
Verkündige.
    Nun ist von ihm die Gnade gesunken, aus ungeheuerster Machtfülle ist er zurückgestürzt in die ungeheuerste Ohnmacht: die »weite lebensreiche Welt« erscheint dem mit Schweigen Geschlagenen »als ein verlorenes Eigentum«. DieStimme der Natur geht leer über ihn hin und weckt in seiner Brust nicht mehr Melodie, er ist zurückgesunken ins Irdische. Hier ist Hölderlins Urerlebnis sublimiert, der Niedersturz aus den Himmeln der Begeisterung in die reale Welt, und dramatisch bildet sich alle Schmach, die er in jenen Tagen erduldet, zu gewaltiger Szene um. Denn die Menschen erkennen sogleich den Genius in seiner Ohnmacht, hämisch boshaft, undankbar dringen sie auf den Wehrlosen ein, sie treiben Empedokles von Stadt und Herd, wie sie Hölderlin von Haus und Liebe drängten, sie jagen ihn hinaus in die tiefste Einsamkeit.
    Hier aber, in der Höhe des Ätna, in der heiligen Einsamkeit, wo die Natur wieder spricht, erhebt sich herrlich die gesunkene Gestalt, erhebt sich herrlich das heldische Gedicht. Sobald Empedokles – wunderbar ist das Symbol – von der Reinheit des kristallenen Bergwassers getrunken, dringt die Reinheit der Natur wieder magisch in sein Blut,
    es dämmert zwischen dir
Und mir die alte Liebe wieder auf,
    aus Trauer wird Erkenntnis, aus Notwendigkeit ein freudiges Bejahen. Empedokles erkennt den Weg zur Heimkehr, zur letzten Verbindung: er geht über die Menschen hinaus in die Einsamkeit, über das Leben in den Tod. Die letzte Freiheit, Heimkehr ins All, das ist Empedokles' seligste Sehnsucht nun, und freudig tritt der Weltgläubige an, sie zu erfüllen:
    es scheun
Die Erdenkinder meist das Neu und Fremde ...
Beschränkt im Eigentume sorgen sie,
Wie sie bestehn, und weiter reicht ihr Sinn
Im Leben nicht. Doch müssen sie zuletzt,
Die Ängstigen, hinaus, und sterbend kehrt
Im Element ein jedes, daß es da
Zu neuer Jugend wie im Bade sich
Erfrische. Menschen ist die große Lust
Gegeben, daß sie selber sich verjüngen.
Und aus dem reinigenden Tode, den
Sie selber sich zu rechter Zeit gewählt,
Erstehn, wie aus dem Styx Achill,
Unüberwindlich die Völker.
    »O gebt euch der Natur, eh sie euch nimmt« – herrlich rauscht der Gedanke des Freitodes in ihm auf, und schon versteht der Weise den hohen Sinn rechtzeitigen Untergangs, das innere Muß seines Todes: das Leben zerstört durch Zerstückung, der Tod erhält rein durch Auflösung ins All. Und Reinheit ist des Künstlers höchstes Gesetz; nicht das Gefäß, sondern den Geist hat er unversehrt zu bewahren:
    Es muß
Beizeiten weg, durch wen der Geist geredet.
Es offenbart die göttliche Natur
Sich göttlich oft durch Menschen; so erkennt
Das viel versuchende Geschlecht sie wieder.
Doch hat der Sterbliche, dem sie das Herz
Mit ihrer Wonne füllte, sie verkündet,
O laßt sie dann zerbrechen das Gefäß,
Damit es nicht zu anderm Brauche dien'
Und Göttliches zum Menschenwerke werde.
Laßt diese Glücklichen doch sterben, laßt,
Eh sie in Eigenmacht und Tand und Schmach
Vergehn, die Freien sich bei guter Zeit
Den Göttern liebend opfern.
    Nur der Tod kann das Heilige des Dichters retten, den ungebrochenen, vom Leben nicht besudelten Enthusiasmus, nur der Tod kann seine Existenz zum Mythos verewigen.
    Denn anders ziemt es nicht für ihn, vor dem
In todesfroher Stund, am heiligen Tage
Das Göttliche den Schleier abgeworfen,
Den Licht und Erde liebten, dem der Geist,
Der Geist der Welt, den eignen Geist erweckte.
    Aus dem Vorgefühl des Todes trinkt er die letzte, die höchste der Begeisterungen: wie dem Schwan in der Sterbestunde bricht dem Verschlossenen noch einmal die Seele auf in Musik ... in Musik, die herrlich anhebt und nicht endet. Denn hier setzt die Tragödie ab, oder vielmehr sie verschwebt. Über diese Seligkeit der Selbstauflösung war Hölderlin Steigerung nicht mehr möglich – nur von unten antwortet noch erzener Chor der entschwindenden, gleichsam in den Äther sichlösenden Stimme des Erlösten, die Ananke lobpreisend, die ewige Notwendigkeit:
    So mußt es geschehen,
So will es

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