Der Kampf um die Sieben Inseln
Charlotta! Nun sag doch etwas!« stieß er hervor.
Die junge Dame schaute ihn mitfühlend an. »Sie müssen David Winter sein, der britische Kapitän der Zarin. Meine Tante erzählt immer von Ihnen. Kommen Sie.« Sie führte ihn an einen kleinen Tisch. David schien jede Initiative verloren zu haben. Ein Diener reichte ihnen Champagner. David trank der Dame zu und gewann wieder seine Fassung.
»Sie sprechen von einer Tante. Ich kannte anno neunundachtzig eine Maria Charlotta, die Frau des russischen Gesandten in Kopenhagen. Ich habe sie sehr bewundert.«
»Sie waren ihr Geliebter, die große Liebe ihres Lebens. Sie ist Witwe und lebt zurückgezogen an der Küste im früheren Staat des Heiligen Stuhls. Ich besuche sie sehr oft. Sie ist eine schöne und kluge Frau. Ich wurde auf ihren Vornamen getauft.«
Davids Augen schienen in die Vergangenheit zu blicken. Dann sah er die junge Frau an. »Sie sind ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Auch Ihre Mimik, Ihre Gestik, Ihre Sprache. Es ist, als ob sie Zwillingsschwestern wären.«
»Das sagen viele, und es macht mich stolz.«
»Das kann es auch. Sie sind wie Ihre Tante eine bezaubernde Schönheit. Würden Sie mir die Gunst erweisen und mit mir tanzen? Diesen Tanz hat auch Ihre Tante mit mir getanzt.«
Maria tanzte mit ihm. Sie tanzte leicht, paßte sich dem Partner an, plauderte und sah ihn prüfend an. Er erfuhr, daß der viel ältere Ehemann der Tante, der Gesandte, vor acht Jahren gestorben sei und ihr ein Vermögen hinterlassen habe, das es ihr ermöglichte, in ihre Heimat zurückzukehren und dort ein sorgenfreies Leben zu führen. Allerdings habe sie sich ein Palais im Kirchenstaat gekauft, weil ihr die neapolitanische Regierung zutiefst suspekt war.
Sie tanzten auch den nächsten Tanz und den übernächsten. Sie fanden Gefallen aneinander. David bezauberte ihre Schönheit, ihre Grazie, ihr natürlicher Charme. Maria Charlotta war beeindruckt von der männlichen Kraft, die David ausstrahlte, von dem Gesicht, dessen Falten und Narben von Erfahrung und Abenteuern zeugten, von seiner lebhaften Intelligenz, die wieder in den Vordergrund trat, nachdem er seinen anfänglichen Erinnerungsschock überwunden hatte.
Sie trennten sich nicht mehr an diesem Abend, und das fiel auf. Myatlev und Tomski traten ihnen lachend in den Weg, entschuldigten sich bei Maria für die Unterbrechung und sagten zu David: »Nun, was haben wir gesagt, immer hat David Karlowitsch die schönste Tänzerin.«
David übersetzte für Maria Charlotta, die sich für das Kompliment durch einen angedeuteten Knicks bedankte, und erklärte dann: »Boris Nikolajewitsch, erinnern Sie sich nicht an die Frau des russischen Gesandten anno neunundachtzig in Kopenhagen? Das ist ihre Nichte.«
Tomski griff sich an den Kopf. »Und ich grübelte immer, weil mir die junge Dame so bekannt vorkam. Was für eine Ähnlichkeit.« Er erklärte es kurz Myatlev, der in Kopenhagen noch nicht zu Davids Besatzung gehört hatte, und beide dienerten tief vor Maria Charlotta und küßten ihre Hand. »Ihre Tante war eine wunderschöne Frau, aber Sie sind fast noch schöner«, bekannte Tomski.
Maria Charlotta wurde rot, als David übersetzte, beugte sich vor und küßte Tomski auf die Wange. Der war beeindruckt.
»Sie haben einen tapferen und treuen Mann für immer als Verehrer gewonnen, Maria Charlotta«, sagte David.
»Hoffentlich nicht nur einen dieser tapferen und treuen Männer«, und sie sah David vielversprechend an.
David wich ihren Augen aus. Sie hatte in seinem Inneren etwas getroffen, was er bisher verdrängt hatte. Er war ja auf dem besten Wege, Britta untreu zu werden. Was war er nur für ein Mensch? Er liebte Britta, liebte seine Kinder, aber wenn eine schöne, charmante junge Frau ihm Avancen machte, dann zählte das alles nicht. Sei doch nicht so prüde, schalt er sich im gleichen Augenblick. Es ist doch nichts geschehen. Und wenn, wer muß es erfahren? Östlich von Gibraltar ist jeder Mann ein Junggeselle. Und dann überwog wieder das Schuldgefühl alles andere.
Mit dem Instinkt der klugen Frau spürte Maria Charlotta, daß David mit Schuldgefühlen kämpfte. »Sir David, warum stellen Sie und Kapitän Tomski mir nicht die Herren vor, die mit Ihnen gekommen sind? Und dann wird es wohl auch Zeit für mich zu gehen.«
Tomski stellte ihr einige russische Offiziere vor und erwähnte immer, daß ihre Tante die Frau des russischen Gesandten in Kopenhagen war. »David Karlowitsch und ich haben sie anno
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