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Der Kannibalenclan

Der Kannibalenclan

Titel: Der Kannibalenclan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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kann.«
    Geschockt sehen sich die Beamten an. Der Staatsanwalt diktiert einem Beamten das Protokoll, und Sascha freut sich, die ganze Wohnung durchstöbern zu können – zumindest was davon noch übrig ist. Nach einer halben Stunde ist das Protokoll fertig, und man wartet gespannt auf Saschas Reaktion. Doch ohne zu zögern, setzt Sascha Spesiwtsew seinen Namen unter dieses Schreiben, das für ihn den sicheren Tod bedeutet.
    Die Beamten nehmen die Kleidungsstücke mit, denn die –
    davon geht man aus – wird er auch am nächsten Tag noch identifizieren. So fährt man ihn wieder in das Gefängnis und ist froh über den Erfolg des Tages. Und Sascha ist froh, endlich wieder im Lager zu sein – denn da wartet schon das Essen auf ihn.

    Die Vernehmung von Mutter und Sohn

    Einige Tage später fährt der Staatsanwalt erneut in die Strafanstalt und lässt Sascha und seine Mutter ins Vernehmungszimmer kommen. Zum ersten Mal nach ihrer Verhaftung sitzen Sascha und seine Mutter sich wieder gegenüber. Beide wirken sehr nervös. Die Mutter blickt fast die ganze Zeit während der Befragung zu Boden. Der Staatsanwalt muss unwillkürlich zynisch grinsen, als Ludmilla Spesiwtsew mit ihren Aussagen beginnt.
    »Herr Staatsanwalt, ich habe gar nichts getan, ich bin unschuldig!«
    Sohn: »Ach so, du hast gar nichts getan?«
    Mutter: »Hör auf, Sascha. Du weißt doch, ich habe nichts getan.«
    Sohn: »Aber du hast sie doch alle vergraben!«

    Mutter: »Ich habe diese Nadja nicht zerstückelt.«
    Sohn: »Ach, hör doch auf, Mutter …«
    Mutter: »Ich sage dir noch mal, also, ich habe sie nicht zerstückelt, ich habe keine Ahnung, wo sie hin ist.«
    Sohn: »Und was ist dann deine Version?«
    Mutter: »Ich habe dazu nichts zu sagen, ich habe keine Ahnung, wohin sie geraten ist oder wer sie gekocht hat.«

    Dann mischt sich der Staatsanwalt ein, der das Streitgespräch der beiden natürlich genau verfolgt hat. Er wendet sich an Saschas Mutter. Sascha ist sichtlich froh, dass das Streitgespräch beendet ist.
    »Frau Ludmilla Spesiwtsew, nun hören Sie mir einmal gut zu. Ihr Sohn hat gestanden, alle neunzehn Mädchen in ihrer gemeinsamen Wohnung festgehalten zu haben, sie dort über Wochen geschlagen, vergewaltigt, schließlich getötet und gegessen zu haben. Sie, die Sie in derselben Wohnung wie Ihr Sohn wohnten, wollen davon nichts bemerkt haben? Das ist ja geradezu lächerlich!«
    »Nein, ich habe nichts damit zu tun«, will sie immer wieder klarstellen, doch selbst Sascha kann sich das Lachen nicht verbeißen.
    »Ich gebe Ihnen einen guten Rat«, fährt der Staatsanwalt fort und versucht, Ludmilla dabei in die Augen zu sehen, »denn ich habe keine Lust, mir Ihre Märchen noch länger anzuhören.
    Glauben Sie mir – ich habe Besseres zu tun. Ihr Sohn hat gestanden, und nicht nur er. Da gibt, nein, da gab es noch eine weitere Zeugin, die Sie, Frau Spesiwtsew, bei ihrer letzten Vernehmung beschuldigt hat, die Mädchen in die Wohnung gelockt zu haben.«
    »Ich… niemals, das ist eine glatte Lüge! Ich habe keine Mädchen angelockt. Nie!«
    Da mischt sich Sascha wieder ein: »Mama, das ständige Leugnen hilft doch nichts. Sag doch, wie es wirklich war, du siehst doch, dass sie alles wissen. Du verschlimmerst doch alles nur noch.«
    »Ach was, du bist doch dümmer, als ich glaubte. Wer soll denn die Zeugin sein?« – Und dabei schaut sie Sascha vorwurfsvoll an. Man glaubt zu erkennen, dass sie ihrem Sohn sagen will, es könne doch gar keine Zeugin geben. Beide wissen zu diesem Zeitpunkt nicht, dass die fünfzehnjährige Olga Kaisewa bei dem Wohnungsaufbruch noch lebte. Viel zu schwer waren ihre Verletzungen, zumal sie, als Sascha Spesiwtsew die Wohnung fluchtartig verlassen musste, schon mit dem Tode gerungen hat.
    Den sonst so besonnenen Staatsanwalt hält es nicht mehr auf seinem Stuhl. Er springt auf, kramt dabei in seinen Unterlagen und hält eine Videokassette in die Höhe.
    »Wissen Sie, was das ist?«, schreit er sie an.
    »Natürlich, eine Videokassette!«, gibt sie trotzig zurück.
    »Wissen Sie auch, wer auf diesem Band die letzten Worte seines jungen Lebens spricht? Nein? Ich werde es ihnen sagen, es ist Olga, das Mädchen, das sich in Ihrer Wohnung befand, als wir die Tür aufbrachen. Ein fünfzehnjähriges Mädchen, das mit dem Tode kämpfte – und ihre letzten Worte galten Ihnen, Frau Spesiwtsew. Mit leiser Stimme sagte sie immer wieder:
    ›Die Babuschka hat uns drei in die Wohnung gelockt, und wissen Sie, wer mit dieser

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