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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Schlüsselblumen, Immergrün und anderen Wildblumen überwuchert war. Noch tropfte der Tau von den Hecken, und Corbett hörte den Kuckuck und die Tauben und den Gesang der Drosseln hoch oben in der samtenen Dunkelheit der Bäume. Ein Fuchs schnürte mit einem fetten jungen Karnickel zwischen den Zähnen über den Weg, daß Ranulf erschrocken fluchte.
    Sie machten für eine Weile halt und frühstückten; Ranulf hatte in der Schloßküche verdünnten Wein und Weißbrot erbettelt. Corbetts Diener war mißmutig. Er haßte das Land. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sich die Augen verbinden lassen, bis er Cripplegate erreicht und sich im farbenprächtigen, stinkenden Getriebe der Londoner Straßen hätte verlieren können. Corbett indessen war glücklich. Er wußte nicht, welches der größte Segen war: Er war vom König befreit, er kehrte nach London zurück, und wenn Maltote seine Aufgabe richtig erfüllt hatte, würde Maeves Zorn seine Schärfe bereits verloren haben. Gleichwohl sah er, wie unglücklich Ranulf war, und als sie aufstiegen und weiterritten, erklärte er seinem Diener, warum sie zurückkehrten. Ranulf verlor die Angst vor dem offenen Land; er lauschte mit runden Augen, bis Corbett geendet hatte, und dann stieß er einen leisen Pfiff aus.
    »Bei den Zähnen der Hölle!« flüsterte er und ahmte unbewußt den König nach. »Da metzelt also jemand die Huren von London. Ein Priester ist ermordet. Und dieser dreckige Franzose wühlt wie eine Ratte nach Unrat.« Sprachlos schüttelte Ranulf den Kopf.
    »Und vergiß Puddlicott nicht.«
    Ranulf-atte-Newgate verzog das Gesicht. »Wer könnte Puddlicott vergessen?«
    »Was meinst du damit, Ranulf?«
    »Na...« Der Diener zuckte die Achseln. »Bevor ich in Euren Dienst trat, Master... «
    »Du meinst, da warst du ein Nachtvogel und ein Dieb?«
    »Ein Dieb war ich nicht!«
    »Natürlich nicht, Ranulf, aber sagen wir, du fandest es schwierig, zwischen deinem und fremdem Eigentum zu unterscheiden.«
    Ranulf funkelte seinen Herrn an. Seine Vergangenheit war ein Gegenstand, den sie nur selten erörterten, denn wenn Corbett nicht gewesen wäre, hätte man Ranulf in Newgate aufgehängt und den Leichnam in die Kalkgruben beim Charterhouse geworfen.
    Corbett zwinkerte. »Entschuldige, Ranulf. Was wolltest du
    sagen?«
    »In den Gassen von Southwark und in den Diebsküchen in der Gegend von Whitefriars, da war Puddlicott eine Legende. Er konnte in jedes Haus einbrechen, jede Truhe ausrauben. Es hieß, er könne einen Mann rasieren, ohne ihn zu wecken.«
    »Weiß jemand, wie er aussah?«
    Ranulf schaute zu einem Falken hinauf, der träge über dem Feld kreiste. »Nein. Manche sagen, er war klein und dick, und andere haben ihn als groß und dünn beschrieben. Ein Mann hat einmal gesagt, er habe rotes Haar, und ein anderer, es sei schwarz. Er spricht fließend Latein und kann Euch davon überzeugen, daß Schwarz weiß ist, daß Ihr ein Schurke seid und ich ein ehrlicher Mann. Aber für die Morde an den Huren kann er nicht verantwortlich sein.«
    »Wie meinst du das?«
    »Als ich klein war, ist in London einmal etwas Ähnliches passiert. Da war ein Mann — meine Mutter wußte, wie er hieß, aber ich habe es vergessen — , der haßte Frauen. Er kaufte sich die Dienste von Huren, aber sein Schwanz wollte sich nur aufrichten, wenn er sie verprügelte. Na ja, die Sache wurde immer schlimmer, und schließlich fand er seine Lust nur noch, wenn er sie beobachten konnte, während er ihnen die Kehle zuschnürte.«
    »Ein Mann für das Tollhaus«, bemerkte Corbett.
    »Völlig durcheinander im Oberstübchen. Er streifte immer in einem roten Mantel durch die Straßen von Southwark. Zwanzig hat er mindestens erdrosselt, bevor seine eigene Familie ihn zur Strecke brachte.«
    »Was ist aus ihm geworden?«
    » Meine Mutter sah zu, wie er bei lebendigem Leibe unterm Galgen gekocht wurde, in der Nähe vom Stadthaus des Bischofs von Ely. Sie hat erzählt, daß er stundenlang geschrien hat. Ein solcher Mann ist unser Mörder, nicht Puddlicott.«
    Corbett schauderte es, und er wandte sich ab. De Craon war eine Sache, aber was war mit diesem Wahnsinnigen? Er dachte an Maeve, und seine bange Sorge vertiefte sich. Wenn die Jagd erst begonnen hätte, wäre sie dann sicher? Und warum, überlegte Corbett, tötete der Mann jetzt achtbare Damen? Vielleicht sogar den alten Kaplan?
    Schweigend ritten sie weiter. Am Mittag stiegen sie bei einer Aleschenke ab, und später fanden sie mit Hilfe ihrer

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