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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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königlichen Vollmachten ein sauberes Bett und ein einfaches Mahl in einem kleinen Kloster bei Andover, am Rande des großen Waldes.
    Spät am nächsten Vormittag erreichten sie London; über Red Cross gelangten sie nach Cripplegate und ins Straßengewirr der Stadt. Ranulf entspannte sich sofort und betrachtete strahlend die Köche, die vor ihren Garküchen Brot, Bier, Wein und Rinderrippen feilboten. An der Ecke der Catte Street stand eine Sängerschar, Knaben aus einer Kirche in der Nachbarschaft, die ein frommes Lied sangen. Zwischen den Strophen erzählte ein Reisender von der Kirche zu Bethlehem und von einer Säule, an die sich die Jungfrau Maria gelehnt hatte. »Und diese«, schrie der Mann, »bleibt feucht seit dem Tag, da sie dort rastete, denn kaum hat man die Säule abgewischt, schwitzt sie wieder.«
    An der Ecke der Westcheap blieb Corbett stehen, um einem feurigen Prediger zuzuhören. »Wehe dieser Stadt!« wetterte der Mann, und seine Augen glühten wie Kohlen. »Wehe den Huren, die gestorben sind! Sie haben ihr Urteil selbst über sich gebracht!«
    Der Prediger, in dessen Augen der Wahnsinn brannte, funkelte Corbett und Ranulf an. »Satan sorgt für die Seinen!« schrie er. »Erst nährt er sie mit Brosamen aus seinem eigenen Munde, als wären sie seine kleinen Lieblinge, doch dann wendet er sich gegen sie und zerreißt sie wie ein wilder Hund, schlingt sie in seinen stinkenden, schwarzen Schlund wie lauter saftige Bissen.«
    Corbett betrachtete das Skelettgesicht des Mannes. War ein Wahnsinniger wie dieser hier verantwortlich für die Morde an den Huren wie jene, deren rote Perücken er vor sich in der Menge sah?
    »Sollen wir ihn verhaften, Master?« scherzte Ranulf.
    Der Sekretär starrte den Fanatiker an. Der Kerl war schlank und geschmeidig wie eine Katze, und wenn er schrie, sprangen ihm die Augen aus dem Kopf, als wäre er selbst der Teufel. Wangen und Kiefer waren fleischlos wie bei einem Einsiedler, der von Brot und Sumpfwasser lebte.
    Plötzlich beendete der Prediger seine Schmählitanei, sprang herab und führte einen seltsamen, phantastischen Tanz auf. Corbett schüttelte den Kopf. »Ich bezweifle, daß der Kerl geradeaus gehen kann«, bemerkte er. »Geschweige denn, daß er eine kräftige Dirne niederringen und ein scharfes Messer handhaben kann.«
    Sie ritten weiter durch eine schmale Gasse und stiegen dann ab, um ihre Pferde an einer Schar zerlumpter Kinder vorbeizuführen, die um den Kadaver eines gelben Straßenköters tanzten, der von einem Karren zermalmt worden war; seine blauen Gedärme quollen aus dem schlaffen Bauch. An der Ecke hatten die Büttel einen Mann gefaßt, der unrechtmäßig Wasser aus dem großen Wasserspeicher gezapft hatte. Jetzt zwangen sie ihn, einen lecken Wassereimer auf dem Kopf zu tragen, den sie schadenfroh immer wieder füllten.
    Corbett grinste Ranulf an. »Es ist doch gut, wieder in London zu sein«, meinte er säuerlich.
    Ranulf nickte heftig und betrachtete das Farbenmeer ringsum: Kapuzen, Mäntel und Kittel in allen Schattierungen. Die braunroten und senfgelben Mäntel der städtischen Beamten, die goldene Seide hochgeborener Ladys, die Wollmäntel der Kaufleute, die zurückgeschlagen waren, um schwere Börsen und breite, juwelenbesetzte Gürtel zur Schau zu stellen. Ein paar Tempelritter kamen vorüber; das große Kreuz prangte auf den Schultern ihrer Mäntel, und ihre Wimpel und Banner knatterten im Wind. Corbett und Ranulf zogen weiter durch die Cheapside und drängten sich durch eine Horde junger Adliger, die eine Meute schlanker, sehniger Jagdhunde bewunderten, die zum Kauf feilgeboten wurden.
    Endlich bogen sie in die Bread Street ein. Sie ließen die Pferde bei der Schenke zum Roten Wams zurück und gingen über die Straße auf Corbetts Stadthaus zu, wobei sie vorsichtig über die plätschernde Gosse stiegen. Ranulf, der die schweren Satteltaschen zu tragen hatte, wünschte, sein Herr möge weitergehen, aber Corbett blieb stehen, um die frisch bemalte Haustür zu bewundern, die jetzt unter ihrem Lack schimmerte; er sah, daß der Handwerker auch schwere Stahlbolzen in dichten Reihen zur Verstärkung angebracht hatte. Im übrigen, sah Corbett grinsend, hatte Maeve die Maler bestellt, die das dreistöckige Gebäude neu gestrichen hatten; und so widersetzlich, wie nur Maeve sein konnte, hatte sie nicht etwa den Putz weiß und die Balken schwarz, sondern den Putz schwarz und das Balkenwerk weiß anstreichen lassen, und über der Tür prangte eine

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