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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Soldaten eulenhaft an, und Ranulf grinste, denn er hatte sie in der Falle. Man würfelte, Ranulf verlor und dann fing er unter Ausrufen wie »Anfängerglück!« zu gewinnen an. Er war ganz vertieft in das Spiel, als er sah, wie die Soldaten furchtsam aufblickten, und zugleich fühlte er die eiserne Hand seines Herrn auf seiner Schulter.
    »Ranulf, mein Bester«, sagte Corbett honigsüß. »Auf ein Wort.«
    Ranulf schaute wütend zu ihm auf. »Master, ich bin mitten im Spiel.«
    »Ranulf«, sagte Corbett, »das bin ich auch. Auf ein Wort — abseits von deinen Freunden.«
    Ranulf rappelte sich hoch, und Corbett führte ihn davon, ohne seine Schulter loszulassen.
    »Master, was ist denn?« Ranulf verzog das Gesicht, als Corbetts Finger sich fest in seine Schulter gruben.
    »Zunächst einmal, Ranulf, habe ich dir verboten, diese Würfel bei den Soldaten des Königs zu benutzen. Es sind Männer, die hart arbeiten, und du bist nicht hier, um ihnen jeden Penny, den sie verdienen, abzuknöpfen. Zweitens«, fuhr er fort und ließ die Schulter los, »hast du sofort nach London zurückzukehren.«
    Ranulf ließ den Ausdruck gespielter Unschuld fallen und grinste boshaft.
    »Und drittens«, fügte Corbett hinzu, »müssen wir unsere Sachen packen.«
    »Master«, flüsterte Ranulf heiser, »ich gewinne doch gerade.«
    »Das weiß ich, Ranulf. Und du wirst ihnen jeden Penny zurückgeben. Maltote?«
    Ranulf trottete wehmütig zurück in die Ecke und verdrehte die Augen, als Maltote an ihm vorbeiging. Corbett musterte den jungen Stallburschen besorgt.
    »Du trägst doch keine Waffen?« fragte er wachsam.
    Der Bursche grinste.
    »Gut!« Corbett grinste zurück und sah mit Bewunderung den unschuldigen Ausdruck in den kornblumenblauen Augen des Jungen. Nie hatte Corbett einen Soldaten gesehen, der so viel wie Maltote von Pferden verstand, sie so geschickt zu behandeln und zu führen wußte, und der dabei derart hoffnungslos im Umgang mit Waffen war. Wenn Maltote ein Messer bei sich trug, schnitt er sich damit entweder selbst oder irgendeinen anderen. Trug er einen Bogen, dann stolperte er darüber, oder er stach einem unschuldigen Nebenmann damit ins Auge, und er war gefährlicher als jeder Feind, wenn er mit Speer oder Schwert bewaffnet war.
    »Maltote, Maltote«, murmelte Corbett. »Früher einmal warst du ein unschuldiger Reitersoldat, ein guter Kavallerist, und dann hast du Ranulf kennengelernt.« Corbett verzog schmerzlich das Gesicht, als er den bewundernden Ausdruck im Blick seines Dieners sah. »Ja, ja, ich weiß schon«, knurrte er, »was Ranulf von Würfeln, Wein und Weibern nicht weiß, ist zu wissen nicht wert. Aber wir müssen jetzt nach London. Wir müssen unverzüglich aufbrechen. Hol zwei Pferde aus dem königlichen Stall, reite, so schnell du kannst, zu Lady Maeve und sag ihr, daß Ranulf und ich nachkommen.« Corbett fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Und sag ihr noch«, schloß er, »daß wir nicht nach Wales reisen, sondern noch ein Weilchen in London bleiben.«
    Der junge Bursche nickte nachdrücklich und hastete davon; er hielt nur kurz inne, um zuzuschauen, wie Ranulf mit Grabesmiene die unrechtmäßigen Gewinne zurückgab, die er mit seinen präparierten Würfeln erzielt hatte. Corbett sah ihm nach und schloß die Augen; hoffentlich würden Gott und Maltote ihm seine Feigheit verzeihen. Schließlich würde der junge Bote der erste sein, der Lady Maeves Zorn in seiner ganzen Wucht zu spüren bekäme.

ZWEI

    D ie Gestalt im Schatten wartete. In dem spärlichen Licht, das durch das schmale Fenster hereindrang, sah man nichts außer dem Blinken der Messingnadel, als die Gestalt sie langsamin eine kleine Wachspuppe stach. Die Puppe war mit Sorgfalt angefertigt worden, nur aus reinstem Bienenwachs von Kerzen, die auf Kirchenaltären oder in den silbernen und goldenen Kerzenleuchtern der Reichen standen. Für einen Gegenstand des Hasses war das wächserne Ebenbild doch äußerst liebevoll verfertigt worden. Es war nur sechs Zoll groß, aber sein Schöpfer hatte mit dem Geschick eines Bildschnitzers das runde Gesicht geformt, die langen Arme und die vorgewölbten, festen Brüste. Ein wenig orangegelb gefärbte Wolle klebte auf dem Kopf, und ein roter Krepp war um den Leib geschlungen, so daß es aussah, als trage die Gestalt einen voluminösen Rock. Blicklose Augen — zwei kleine Knöpfe — starrten die Gestalt an, die sie geschaffen hatte, derweil diese sie betrachtete und kichernd noch einmal die Haarnadel

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