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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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erweitern möchte. Er benimmt sich, als hätte er die Macht über Leben und Tod.«
    »Und daß er ihnen die Kehle durchschneidet, gehört dann für ihn zum Geschlechtsakt?«
    »Vielleicht.«
    »Aber warum die Verstümmelungen?«
    »Ah.« Pater Thomas zog die Brauen hoch. »Das könnte ein Widerspruch zu meiner Theorie sein. Vielleicht ist der Mörder jemand, der seine sexuelle Potenz verloren hat oder sie nur durch einen so furchtbaren Akt überhaupt erlangen kann.« Der Pater fuhr sich mit den Fingern durch das schüttere Haar. »Ich kenne nicht alle Einzelheiten, aber ich vermute, letztere Theorie ist eher zutreffend. Euer Mörder, Hugh, haßt Frauen und vor allem Prostituierte. Er gibt ihnen die Schuld für irgend etwas, macht sie verantwortlich und fühlt sich ermächtigt, das Urteil gegen sie zu vollstrecken.«
    »Also ist der Mörder ein Verrückter?«
    »Ja, wahrscheinlich einer, der vom Krebsgeschwür des Hasses, das in ihm wuchert, in den Wahnsinn getrieben wurde.«
    »Würde ein solcher Mensch sich denn immer wie ein Wahnsinniger benehmen?«
    »O nein, ganz im Gegenteil. Solche Mörder sind von ungeheurer Gerissenheit und benutzen jede nur denkbare List und Täuschung, um den Schleier über ihre bösen Taten zu decken.«
    »Mit anderen Worten, es könnte jeder sein?«
    Pater Thomas beugte sich noch weiter vor. »Hugh, Ihr könntet es sein, ich könnte es sein, Ranulf, der König oder der Erzbischof von Canterbury könnten es sein.« Der Pater sah die Verwirrung in Corbetts Gesicht. »O ja, es könnte durchaus ein Priester sein, sogar jemand, der ein scheinbar heiligmäßiges Leben fuhrt. Habt Ihr je von dem Schlächter von Montpellier gehört?«
    »Nein.«
    »Vor ungefähr zehn Jahren trieb in der Stadt Montpellier in Frankreich ein ganz ähnlicher Mörder sein Unwesen. Über dreißig Frauen hatte er ermordet, bevor man ihn faßte — und wißt Ihr, wer es war? Ein Geistlicher. Ein brillanter Rechtsgelehrter der Universität. Ich will Euch keine Angst einjagen, Hugh, aber der Mörder könnte derjenige sein, von dem Ihr es ganz zuletzt vermutet.«
    »Pater Thomas.« Ranulf beugte sich vor; seine Trägheit war vergessen, als er den grauenerweckenden Worten des Priesters lauschte. »Pater Thomas«, wiederholte er, »ich kann vielleicht noch verstehen, weshalb ein solcher Mann Huren ermordet. Aber warum Lady Somerville?«
    Der Pater schüttelte den Kopf. »Das kann ich dir auch nicht beantworten, Ranulf, vielleicht war sie die einzige Frau, die in jenem Augenblick greifbar war.«
    »Aber sie wurde nicht verstümmelt.«
    »Vielleicht war der Mörder wütend, weil sie den Opfern seiner Bösartigkeit half oder weil...«
    »Oder weil...?«
    »Vielleicht wußte sie, wer der Mörder wirklich war, und mußte deshalb zum Schweigen gebracht werden.«
    Corbett stellte seinen Humpen hin. »Merkwürdig, daß Ihr das sagt, Pater, denn Lady Somerville hat immer wieder einen Satz geäußert: Die Kutte macht noch keinen Mönch.«
    »Ah ja, ein heutzutage weit gebrauchter Ausspruch, der ziemlich gut zu Eurer Aufgabe paßt, Hugh. Niemand ist das, was er vielleicht zu sein scheint.« Pater Thomas stand auf und zog den Strick um den Leib fester. »Was Lady Somervilles Tod angeht, kann ich Euch nicht helfen. Aber wartet.« Er ging zur Tür, rief einen Laienbruder und gab ihm leise ein paar Anweisungen. »Ich habe nach jemandem geschickt, der Euch vielleicht behilflich sein kann. Doch jetzt sagt mir, Hugh, was haltet Ihr von meinem Ale?«
    Sie waren mitten in einer Debatte über die Braukunst, als sie durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen wurden. Ein junger Mönch mit aschblondem Haar und frischem Gesicht kam herein.
    »Ah, Bruder David.« Pater Thomas machte alle miteinander bekannt.
    Der Mönch lächelte Corbett an; die Zahnlücken in seinem Mund ließen sein sommersprossiges Gesicht noch jungenhafter aussehen. »Sir Hugh, wie kann ich Euch helfen?«
    »Bruder, am Montag, dem 11. Mai, waren zwei Frauen hier, Schwestern vom Orden der Hl. Martha: Lady Somerville und Lady Mary Neville.«
    »O ja. Sie wollten zwei Kranke besuchen, Frauen, die wir hier aufgenommen hatten.«
    »Und was geschah?«
    »Sie blieben ungefähr eine Stunde. Dann sagte Lady Somerville, sie müsse gehen. Lady Mary versuchte, sie aufzuhalten und erbot sich, sie nach Hause zu begleiten, aber die ältere, Lady Somerville, lehnte ab. Ihr werde schon nichts zustoßen, meinte sie. Dann ging sie, und das war alles.«
    »Und wann ist Lady Mary Neville

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