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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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er ihr gesagt, Corbett habe ihn geschickt. Hoffentlich würde sein Herr die Lady jetzt nicht zu eingehend befragen. Selbst in ihrem dunklen Hausgewand war Lady Mary eine Vision voller Liebreiz gewesen. Sie hatte ihm in ihrer kleinen Stube gegenübergesessen, ihm einen Becher kühlen Elsässer Wein serviert und auch gezuckertes Marzipan auf einem Silberteller angeboten. Ranulf hatte seine Rolle gespielt und ihr erzählt, er sei der Sohn eines Ritters, der in Not geraten sei. Nun habe er eine gute Stellung in der Staatskanzlei und verdiene ordentlich, und er stelle ihr seine Dienste zur Verfügung. Lady Mary hatte mit den Wimpern geflattert, und er war zur Bread Street zurückgetrabt wie Galahad nach Camelot.
    Jetzt drückte Ranulf sich das feuchte Haar in Form und besprengte sich das Wams großzügig mit Rosenwasser. Dann Polterte er die Treppe hinunter, um seinem Sprößling gute Nacht zu sagen und den protestierenden Maltote zur Tür hinaus und zur Schenke hinüberzuschieben, damit er ihre Pferde hole.
    Corbett verließ das Haus eine Stunde später, immer noch verdrossen, weil Maeve von dem Besuch ihres Onkels so sehr in Anspruch genommen wurde. Außerdem rieb er sich den Kunden Ellbogen; der kleine Ranulf hatte ihn zu einem kurzen Spiel im Küchenvorraum gelockt und mit seinem Spielzeugschwert nach ihm geworfen. »Ein trauriger Tag«, murrte Corbett, »wenn man nicht einmal in seinem eigenen Haus Frieden findet.«
    Immer noch vor sich hin fluchend, zog er seinen Mantel fester um die Schultern und ging durch die dunklen Straßen von Trinity zur Old Fish Street und in die Vintry, wo ihn die Schenke zu den drei Kranichen mit ihrer willkommenen Wärme begrüßte. Er hatte sicher schon eine Stunde dort in einer dunklen Nische neben dem großen Kamin gesessen, als Ranulf und Maltote hereinkamen und seine drei mißmutigen Gäste mitbrachten: William, der Verwalter, war halb betrunken, und die beiden Mönche wirkten verdrossen und waren rot im Gesicht, weil man sie ohne feierliche Umstände von ihrem Abendessen weggeschleift hatte. Corbett hieß sie willkommen und bestellte Krüge mit verdünntem Ale, denn so, wie William aussah mit seinem glühenden Gesicht, den glasigen Augen und der leuchtend roten Nase, würde ihn der nächste Schluck Wein in einen besinnungslosen Rausch stürzen. Der Sakristan war der einzige von den dreien, der seinen Verstand noch beieinander zu haben schien.
    »Man hat uns ohne guten Grund oder Anlaß hierherbefohlen«, stellte er fest und raffte seine dunklen Gewänder um sich zusammen.
    Corbett verzog das Gesicht. »Mönch, der König hat Euch herbefohlen. Wenn Ihr also Einwände habt, sagt es Ihm ins Gesicht.«
    »Was wollt Ihr?«
    »Ehrliche Antworten auf offene Fragen.«
    »Ich habe Eure Fragen bereits beantwortet.«
    »Was geht da vor zwischen der Westminster Abbey und dem Palast?«
    »Was meint Ihr damit?«
    Corbett zog Lady Somervilles Zeichnung aus seinem Beutel und warf sie dem Sakristan hinüber; zugleich schob er ihm die dicke Talgkerze zu, damit der Mönch besser sehen konnte. »Was haltet Ihr davon, Adam von Warfield?«
    Der Sakristan betrachtete das Blatt. »Eine plumpe Zeichnung«, erklärte er schroff.
    Corbett sah, wie er sich aufplusterte, und spürte, daß er Angst hatte. Bruder Richard beugte sich herüber und betrachtete die Zeichnung ebenfalls mit trüben Augen.
    »Ein Skandal!« murmelte er. »Wer das gezeichnet hat, beleidigt die Kirche!«
    »Lady Somerville war es«, sagte Corbett. »Ein hochrangiges Mitglied der Schwestern der Hl. Martha. Sie hat in der Gewandkammer und in der Wäscherei der Abtei gearbeitet. Was hat sie wohl entdeckt, diese wohlbeleumundete Witwe, diese fromme Edelfrau? Was hat sie gesehen, daß sie eine so grausame Parodie auf die sogenannten >Männer Gottes< angefertigt hat? Master William, vielleicht könnt Ihr da helfen?« Der Verwalter schüttelte den Kopf, und Ranulf der hinter den Gästen saß, grinste spöttisch. Er genoß es immer, wenn die sogenannten »Frommen«, die selbstsüchtigen Großen und Mächtigen, zur Rechenschaft gezogen wurden. Corbett zitierte oft den hl. Augustinus: »Quis custodiet custodes?« — Wer soll die Wächter bewachen? Ranulf wiederholte diesen Satz stets gern, und er konnte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, ihn jetzt Adam von Warfield ins Ohr zu flüstern. Der Mönch fuhr herum und fletschte die Zähne wie ein Hund.
    »Halt’s Maul, Schurke!« knurrte er.
    »Genug!« befahl Corbett. »Bruder Adam, Bruder

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