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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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sagte sie und wandte sich ab, »und wenn Schweine fliegen könnten, dann hingen die Bäume voller Schinken.«
    Corbett sah ihr nach, als sie zu den beiden Vetteln ging und leise mit der einen redete.
    »Sie ist ehrfurchtgebietend«, murmelte Ranulf.
    »Das sind die meisten Heiligen, Ranulf. Komm, laß uns gehen.«

    An diesem Abend lag Corbett neben der schlafenden Maeve in dem großen, vierpfostigen Bett und starrte zu dem dunklen Gobelinbaldachin über ihnen hinauf. Er hatte die Probleme in seinem müden Kopf um und um gewälzt, aber auch wenn er hier und da einen Verdacht hatte, gab es doch keine handfesten Schlußfolgerungen, nichts, was er wirklich hätte festhalten können. Er dachte an das, was er in St. Katherine gesehen hatte — die beiden alten Straßendirnen, Lady de Lacey mit ihrer sanften Fürsorglichkeit — , und wie er gesagt hatte, Mann und Frau sollten die besten Freunde sein. Er sah Maeve an, die still neben ihm schlummerte. Stimmte es denn? fragte er sich. Seltsam, er dachte immer wieder an Mary, seine erste Frau, und nach seiner Begegnung mit Lady Mary Neville waren diese Erinnerungen klarer geworden. Corbett schloß die Augen; er durfte diesen Weg nicht beschreiten. Die Vergangenheit ließ man besser ruhen. Er nagte an der Lippe und überlegte, was er anfangen würde, wenn diese Angelegenheit erledigt wäre. Er hatte gesehen, in welchem Schmutz, in welcher Verkommenheit die Dirnen leben mußten. Vielleicht sollte er etwas tun, statt mit hocherhobener Nase auf die andere Straßenseite zu wechseln. In Frankreich dachte er, bemühte man sich zumindest, die Situation in den Griff zu bekommen; ein Beamter, den man als König der Rätsel kannte, sorgte für eine gewisse Ordnung und bot den Nachtschwärmerinnen ein bißchen Schutz. In Florenz hatte man zu drastischeren Maßnahmen gegriffen: Die Bordelle standen unter der Aufsicht städtischer Behörden, die tatsächlich Schreiber im sogenannten »Amt der Nacht« einsetzten. Aber sicher konnte doch auch die Kirche mehr tun, als nur zu verdammen? Spitäler, Hospize? Er mußte dem König nahebringen, daß etwas geschehen mußte — aber was? Corbetts Gedanken spielten schläfrig mit den verschiedenen Möglichkeiten.
    Während ihr Herr allmählich in Schlaf versank, schlichen Ranulf und Maltote sich mit Lappen an den Füßen, um ihre Schritte zu dämpfen, die Treppe hinunter, schlossen die Seitentür auf und schlüpften hinaus auf die dunkle Straße. Ranulf befahl Maltote, sein Murren und Fluchen zu lassen. Sie huschten die Bread Street entlang zu einer kleinen Gasse, wo Ranulf einen Rosenstrauß in einer Spalte versteckt hatte. Die Rosen hatte er am vergangenen Tag im Garten eines Kaufmanns in Westcheap gestohlen. Ranulf seufzte erleichtert, als er sah, daß den Blumen nichts geschehen war, und sie wanderten weiter durch Gassen und Torbögen bis zur alten Stadtmauer, vorbei am Fleet-Gefängnis und in die Shoe Lane, wo Lady Mary Neville wohnte. Ranulf erlaubte Maltote nicht einmal, zu flüstern; er hielt Ausschau nach der Wache und hatte eine Hand auf dem Dolch, um sich gegen Straßenräuber, Beutelschneider und kräftige Bettler zu wehren, die auf der Suche nach Beute die Nacht durchstreiften.
    Vor dem dunklen Haus angekommen, blieb Ranulf stehen. Er bediente sich seiner alten Einbrechertalente und kletterte vorsichtig an der Wand hinauf, wobei er hier und da im weißen Mauerwerk und auf den Kanten der schwarzen Balken Halt fand. Zischelnd und flüsternd befahl er Maltote, auf eines der unteren Fenstersimse zu klettern und ihm die Rosen heraufzureichen, die der junge Bursche ratlos in der Hand hielt. Mit kundigem Geschick nutzte Ranulf die vielen Vorsprünge und Ritzen im Putz rings um das Fenster, hinter dem er Lady Marys Schlafkammer vermutete, und schließlich war das ganze Mauerwerk mit einer Girlande von Rosen besteckt. Ein paar würden wieder herunterfallen, aber Ranulf hatte genug mitgebracht, um seine große Liebe auf ihren stillen Verehrer aufmerksam zu machen. Er sprang wieder zu Boden, lachte leise und lief mit Maltote im Schlepptau zurück zur Bread Street.
    In einem anderen Teil der Stadt trippelte Hawisa, eine junge Kurtisane, die vor kurzem aus Worcester nach London gekommen war, bei Cripplegate die Monkwell Street hinunter. Sie hatte den Abend damit zugebracht, einem alten Kaufmann im Hinterzimmer seines Ladens zu Gefallen zu sein, während seine Frau und der Rest der Familie auf eine Wallfahrt zum hl. Thomas von Canterbury gegangen

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