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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Krankensalbung die Straße hinunter, und ein schlaftrunkener Junge trug einen brennenden Kienspan vor ihm her. Hunde und Katzen balgten sich auf einem Abfallhaufen. Zwei Angehörige der Stadtwache taumelten vorüber, so betrunken wie das lärmende Gesindel, das sie zu jagen hatten. Corbett schaute zum grauen Himmel hinauf. »Wo ist die Tote, Master Cade?«
    »Man hat sie bereits nach St. Lawrence Jewry gebracht. Wir haben sie auf einen Abfallkarren gelegt.«
    »Wer hat sie gefunden?«
    »Ein Mann von der Wache.« Cade wandte sich ab und spuckte aus. »Er hörte, wie die Hunde sich knurrend um die Leiche balgten.« Seine Lippen strafften sich, als er ein Würgen unterdrückte. »Die Köter leckten schon ihr Blut auf.«
    Corbett hauchte ein stilles Gebet. »Es hat wenig Sinn, dort hinzugehen«, meinte er. »Wurde das Mädchen in seiner Wohnung ermordet?«
    »O nein, gleich davor. Sie hatte den Schlüssel ins Schloß gesteckt, als der Mörder zuschlug.«
    »Wollen wir nach St. Lawrence Jewry gehen?«
    »Master Corbett, ich habe vorher noch etwas anderes zu tun. Würdet Ihr noch warten?« Cade klopfte hoffnungsvoll auf seinen Beutel. »Ich habe meinen Schreiber gebeten, die Akten durchzusehen. Er hat alles, was wir über Puddlicott wissen, zu einem Memorandum zusammengefaßt.«
    Corbett lächelte. »Dann wollen wir uns erst um Eure Angelegenheiten kümmern, Master Cade.«
    Der Untersheriff führte ihn zum großen Pranger am Wasserreicher, wo Soldaten in der blau-gelben Livree der Stadt einige Gauner und Nachtschwärmer zusammengetrieben hatten, um sie ihrer Strafe zuzuführen. Als Corbett dort ankam, wurde eben ein Priester, der in den Armen einer Bürgersfrau ertappt worden war, abgeführt. Ein Dudelsackspieler ging ihm voraus.
    »Er muß sechsmal nach Newgate und zurück gehen, mit blankem Arsch«, erklärte Cade. »Die Hose soll ihm um die Knöchel schlottern.«
    Die Soldaten grölten vor Lachen, als der arme Unglückliche abgeführt wurde. Cade mußte dafür sorgen, daß zwei andere Bestrafungen ihren ordnungsgemäßen Lauf nahmen. Ein Fälscher hatte zwei Seidenmäntel zu fünf Pfund gekauft; unter dem Vorwand, den einen einem Freund zeigen zu wollen, hatte der Mann einen Viertel Nobel bezahlt und als Pfand einen Beutel zurückgelassen, in den fünfzehn gleiche Münzen eingenäht waren. Der Ladenbesitzer war einverstanden gewesen, und erst, als der Kerl gegangen war, hatte er festgestellt, daß die Münzen gefälscht waren. Im zweiten Fall ging es um einen Schuster, der behauptet hatte, er könne gestohlenes Gut mit Hilfe eines Brotlaibes wiederfinden, in den seitlich zwei Messer hineingedrückt waren. Jetzt baumelten ihm die Messer um den Hals, und während er in den Stock geschlossen wurde, rieb man ihm das in Pferdeurin getränkte Brot ins Gesicht.
    Die Strafen nahmen ihren Fortgang. Ein Gotteslästerer mußte drei Pfund Wachs in eine Kirche in Southwark bringen. Ein Mann, der sich stumm gestellt hatte, um besser betteln zu können, bekam die Zungenspitze mit einem rotglühenden Eisen verbrannt. Corbett hatte die standgerichtlichen Bestrafungen bald satt und ging davon.
    Er mußte fast eine Stunde in einer nahen Schenke warten, bis Cade seine Pflicht getan hatte; dann machten sie sich alle auf den Weg nach St. Lawrence Jewry. Maltote war inzwischen wach und tuschelte eifrig mit Ranulf darüber, wie Lady Mary sich freuen würde, wenn sie aufwachte und die Rosen fände. Corbett hörte es und hoffte, daß sie recht behielten, denn sonst würde Ranulf sich bei den Übeltätern wiederfinden, die sie eben am Pranger zurückgelassen hatten. Er warf einen kurzen Blick zu Cade hinüber, der immer noch still und ziemlich nervös wirkte.
    »Ich muß Euch eine Frage stellen, Alexander«, flüsterte Corbett leise, so daß Ranulf und Maltote es nicht hören konnten.
    »Was denn?«
    »Kanntet Ihr noch andere der ermordeten Mädchen?«
    Cade schüttelte den Kopf und starrte ins Leere.
    Als sie in St. Lawrence Jewry angekommen waren, rief Cade den dicken kleinen Pfarrer heraus. Dieser maulte ob der frühen Stunde, aber er schloß ihnen das kleine Leichenhaus auf. Er sei es allmählich leid, brummte er, eine Hure nach der anderen zu beerdigen, und er hielt erst den Mund, als Cade ihn barsch daran erinnerte, daß die Stadt ihm gutes Silber für seine Dienste zahlte. Corbett warf einen kurzen Blick auf die Tote, auf den tiefen, purpurroten Schnitt durch die Kehle und die schrecklichen Verstümmelungen am Unterleib, und ging hinaus

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