Der Kapuzenmörder
es fällt mir doch schwer, zwischen meinem Eigentum und dem anderer Leute zu unterscheiden. Den gleichen Kniff probierte ich auch in Paris im Hause der Minoritenbrüder. Ich wurde verhaftet und zum Strick verurteilt. Da sagte ich meinem Kerkermeister, ich wisse einen Weg, den französischen König auf Kosten Edwards von England reich zu machen.« Puddlicott blies die Wangen auf. »Ihr wißt doch, wie es zugeht in der Welt, Corbett. Wer in die Enge getrieben ist, wird nichts unversucht lassen. Ich dachte, die Sache sei vergessen, aber am Tag, bevor ich hängen sollte, besuchten mich de Craon und der Bewahrer der königlichen Geheimnisse, William de Nogaret, in meiner Todeszelle. Ich erzählte ihnen von meinem Plan, und — horrido! — schon war ich auf freiem Fuß.«
»Ihr hättet Euer Wort brechen können«, meinte Ranulf. »Warum habt Ihr nicht Fersengeld gegeben?«
»Und wohin hätte ich fliehen sollen?« fragte Puddlicott. »Nach England? Als zerlumpter Bettler? Nein.« Er grinste und schüttelte den Kopf. »De Craon sagte, wenn ich mein Wort bräche, würde er mich zu Tode hetzen. Überdies hegte ich ja auch einen Groll gegen Edward von England. Übrigens, Corbett: De Craon haßt Euch, und eines Tages will er mit Euch abrechnen.«
»Bis jetzt habt Ihr mir noch nichts erzählt, was ich nicht schon gewußt hätte.«
»Nun, ich kehrte nach England zurück, ließ mir einen Bart wachsen, färbte mir das Haar und veranstaltete die Festlichkeiten im Palast.«
»Wieso?«
»Adam von Warfield trägt sein Hirn zwischen den Beinen. Er hat eine Schwäche für Huren, starke Getränke und gutes Essen. William vom Palast kann man mit einem guten Krug Wein kaufen, und so hatte ich sie beide. Ich erzählte ihnen von meinem Plan. Der Friedhof wurde gesperrt. Ich machte das Gestrüpp ein wenig dichter, indem ich Hanfsaat ausstreute — die wuchs schnell und überdeckte meine Tätigkeit.«
»Den Tunnel habt Ihr nachts gegraben?«
»Meistens. Aber manchmal auch tagsüber. Es war ein brillanter Plan, Corbett. Niemand mag Friedhöfe bei Nacht oder bei Tag, und unter dem Schutze Warfields und Williams kam ich so schnell voran, wie ich nur wollte.« Er zuckte die Achseln. »Den Rest kennt Ihr. Ich hatte es auf die Münzen abgesehen. Warfield nahm sich von dem Silbergeschirr, der dumme Hund! Ich transportierte die Säcke mit einem alten Müllkarren und versteckte sie. Das habt Ihr Euch schon gedacht, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Corbett. »Ranulf und ich haben den Karren dort stehen sehen, und die Straße war trotzdem um keinen Deut sauberer.«
Puddlicott grinste. »Was habe ich sonst noch falsch gemacht?«
Corbett griff nach Puddlicotts Händen und drehte die Handflächen nach oben. »Als ich Euch in de Craons Haus die Hand schüttelte, spürte ich, daß etwas nicht stimmte, aber ich begriff erst später, was es gewesen war. Ihr wart ein Edelmann, Puddlicott, oder solltet doch einer sein, aber Eure Hände waren schwielig und rauh. Das Vermächtnis einer vergeudeten Jugend und eine Folge des Grabens auf dem Friedhof der Abtei.« Corbett schenkte seinem Gefangenen Wein ein. »Und jetzt zu den Morden.«
Puddlicott lehnte sich zurück. »Zu welchen Morden?«
»Die Huren. Pater Benedict. Lady Somerville. Wir glauben, daß die Huren wegen der nächtlichen Ausschweifungen umgebracht wurden, und Lady Somerville und Pater Benedict wurden ermordet, weil sie zuviel wußten.«
Puddlicott warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Corbett, ich bin ein Dieb und ein Gauner. Wenn ich dächte, ich könnte Euch umbringen und fliehen, dann würde ich es tun. Aber ein paar arme Mädchen, einen alten Pfaffen, eine grauhaarige Lady? Ich bitte Euch, Master Corbett.« Er nahm einen Schluck Wein, und seine Miene verhärtete sich. »Für eine behagliche Zelle in Newgate erzähle ich Euch noch etwas außer der Reihe.«
Ranulf schnaubte vor Lachen. »Wenn das so weitergeht, Master, wird er bald um seine Freilassung feilschen.«
»Ich bin einverstanden«, sagte Corbett knapp. »Aber dann ist Schluß. Was habt Ihr noch?«
»In der Nacht, als Pater Benedict ermordet wurde, habe ich etwas gesehen. Ich war auf dem Abteigelände und ruhte mich aus, denn ich hatte ein paar Stunden gegraben. Da sah ich eine große dunkle Gestalt vorbeischleichen. Mein Interesse erwachte, und ich folgte ihr. Die Gestalt blieb vor Pater Benedicts Haus stehen und hockte sich vor das Schlüsselloch. Dann lief sie, nicht mehr als ein Schatten, zum offenen Fenster und warf etwas
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