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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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akzeptieren.«
    Â»Spionageabwehr ist Sache des KGB, nicht des Verteidigungsministeriums.«
    Â»Dann machen Sie das doch einmal dem Generalsekretär klar«, fuhr Gerasimow ihn an. »Oberst Watutin, ich brauche unbedingt Filitows Geständnis.«
    Gerasimow hatte gehofft, heute einen weiteren Coup zu landen, doch eine Blitzmeldung aus Amerika hatte ihn entwertet - schlimmer noch, er hatte die Information schon weitergegeben, als er einen Tag später von ihrer Wertlosigkeit erfuhr. Agentin Livia bitte um Verzeihung, lautete die Meldung, aber die kürzlich durch Leutnant Bisjarina übersandten Daten zu den Computerprogrammen seien leider überholt.
    Â»Watutin, ich muß das Geständnis bald haben. Bis wann können Sie es liefern?«
    Â»Mit den Methoden, auf die wir jetzt beschränkt sind, in maximal zwei Wochen. Wir können ihm den Schlaf rauben, aber das dauert seine Zeit, besonders bei älteren Menschen, deren Schlafbedürfnis geringer ist. Er wird zunehmend desorientiert werden und dann irgendwann aufgeben. Es ist aber damit zu rechnen, daß er sich mit aller Kraft gegen uns wehren wird –, und Filitow ist ein mutiger Mann. Aber halt auch nur ein Mensch. In zwei Wochen haben wir ihn kleingekriegt«, schloß Watutin.
    Â»Na gut.« Gerasimow legte eine Pause ein. Zeit, seinem Untergebenen Mut zu machen. »Genosse Oberst, objektiv gesehen, haben Sie trotz der Enttäuschung in der letzten Phase der Ermittlung Ihre Sache recht gut gemacht. Perfektion in allen Einzelheiten wäre zuviel verlangt, und für die
politischen Komplikationen können Sie nichts. Wenn Sie liefern, was ich von Ihnen erwarte, werden Sie entsprechend belohnt. Und nun machen Sie weiter.«
    Â»Vielen Dank, Genosse Vorsitzender.« Gerasimow wartete, bis er gegangen war, und bestellte dann seinen Wagen.
    Der Vorsitzende des KGB fuhr nicht allein. Sein Sil – eine handgefertigte Limousine, die an einen US-Straßenkreuzer der späten Fünfziger erinnerte – wurde von einem noch häßlicheren, mit Leibwächtern besetzten Wolga gefolgt. Gerasimow saß allein im Fond und sah die Häuser von Moskau vorbeifliegen; der Wagen raste über die Regierungsfahrzeugen vorbehaltene Mittelspur auf die Wälder vor der Stadt zu, in denen die Deutschen im Winter 1941 zum Stehen gebracht worden waren.
    Deutsche Kriegsgefangene – jene, die den Typhus und die kärgliche Ernährung überlebten – hatten die Datschen erbaut – in deutscher Wertarbeit, die die nomenklatura , die herrschende Klasse dieser klassenlosen Gesellschaft, noch immer zu schätzen wußte.
    Die Dienstdatscha des Akademikers Michail Petrowitsch Alexandrow war ein zweistöckiges Holzhaus mit steilem Satteldach. In der gekiesten Einfahrt, die sich zwischen Bäumen hindurchwand, parkte nur ein Wagen. Alexandrow war Witwer und über das Alter, in dem man Verlangen nach weiblicher Gesellschaft verspürt, hinaus. Gerasimow öffnete die Wagentür, überzeugte sich kurz davon, daß seine Leibwächter sich wie üblich im Wald verteilten. Die Männer waren schon dabei, dicke weiße Anoraks und schwere Stiefel aus dem Kofferraum ihres Wagens zu holen.
    Â»Nikolaj Borissowitsch!« Alexandrow war selbst an die Tür gekommen. Der Akademiker nahm Gerasimow den Mantel ab und hängte ihn an einen Haken bei der Tür.
    Â»Danke, Michail Petrowitsch.«
    Â»Tee?« Alexandrow wies auf einen Tisch im Wohnzimmer.
    Â»Es ist kalt draußen«, gestand Gerasimow zu.

    Die beiden nahmen auf alten Polstersesseln am Tisch Platz.
    Â»Nun, was gibt es Neues?« Alexandrow schenkte Tee ein.
    Gerasimow machte eine ärgerliche Geste. »Der Spion Filitow ist ein zäher alter Vogel. Es wird noch ein, zwei Wochen dauern, bis man ein Geständnis aus ihm herausgeholt hat.«
    Â»Ihren Obersten sollten Sie erschießen –«
    Der KGB-Vorsitzende schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Man muß objektiv bleiben. Oberst Watutin hat vorzügliche Arbeit geleistet. Die eigentliche Verhaftung hätte er zwar einem jüngeren Mann überlassen sollen, aber ich hatte ihm gesagt, es sei sein Fall, und er nahm das wohl etwas zu wörtlich. Der Rest seiner Arbeit an diesem Fall ist so gut wie perfekt.«
    Â»Sie sind zu großzügig, Kolja«, merkte Alexandrow an. »Ist es denn wirklich so schwer, einen Zweiundsiebzigjährigen zu

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