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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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waren Sie verkrampft; gestern, als Sie mir den Zettel zusteckten, hatten Sie feuchte Handflächen. Heute aber reißen
Sie Witze. Sie sind kein Geheimdienstprofi, das haben Sie durch Ihre Nervosität bewiesen, aber auf einmal verhalten Sie sich wie einer. Warum? Golowko behielt den Amerikaner im Auge, als alle wieder zurück in den Konferenzsaal strebten.
    Ryan, warum hast du dich gleich zweimal mit Gerasimow getroffen? Warum warst du vor und nach der ersten Begegnung nervös ... und auch vor, aber nicht nach der zweiten?
    Seltsam. Golowko lauschte dem eintönigen Leiern in seinem Kopfhörer – inzwischen war der amerikanische Chefdelegierte an der Reihe –, aber seine Gedanken waren anderswo, bei Ryans KGB-Akte. Ryan, John Patrick. Eltern: Emmet William Ryan und Catherine Ryan, geborene Burke, beide verstorben. Verheiratet, zwei Kinder. Studierte Wirtschaftswissenschaften und Geschichte. Wohlhabend. Kurze Dienstzeit bei der Marineinfanterle. Früher Börsenmakler und Geschichtsdozent. Wurde vor fünf Jahren CIA-Berater, vor vier Angestellter auf Teilzeitbasis. Kurz darauf als Analytiker übernommen. Keine Außendienstausbildung. Ryan war zweimal in Gewaltsituationen verwickelt und hatte sich beide Male gut gehalten - das lag an der Ausbildung beim Marinekorps, vermutete Golowko. Hochintelligent, sehr mutig, wenn erforderlich: ein gefährlicher Widersacher. Ryan arbeitete dem CIA-Direktor direkt zu und hatte zahlreiche Analysen erstellt. Doch für einen Geheimdienstauftrag war er nicht qualifiziert. Viel zu offen, dachte Golowko, wenn dieser Mann etwas verheimlichte, merkte man es ihm sofort an.
    Bisher hast du etwas verheimlicht, Ryan. Aber jetzt?
    Jack merkte, daß der Mann ihn anstarrte, sah seinen fragenden Blick. Der ist nicht auf den Kopf gefallen, dachte er. Wir rechneten ihn der GRU zu, in Wirklichkeit aber ist er beim KGB – oder zumindest hat es den Anschein, korrigierte sich Jack. Gibt es noch etwas, das wir über ihn nicht wissen?

    Â 
    Colonel von Eich stand auf dem Flughafen Scheremetjewo an der hinteren Passagiertür seiner Maschine. Vor ihm arbeitete ein Sergeant an der Türdichtung. Wie die meisten Flugzeugtüren öffnete sich diese erst nach innen und dann nach außen, damit die Dichtung sich aus ihrem Preßsitz lösen und zur Seite gleiten konnte, um nicht beschädigt zu werden. Schadhaften Türdichtungen waren schon mehrmals Flugzeuge zum Opfer gefallen, darunter eine DC-10 der THY, die 1974 bei Paris 346 Passagiere in den Tod riß. Unter ihnen hielt ein KGB-Soldat mit geladenem Gewehr am Flugzeug Wache.
    Â»Ich verstehe nicht, weshalb bei Ihnen die Warnleuchte brennt, Colonel«, sagte der Sergeant nach zwanzig Minuten. »Die Dichtung ist in perfektem Zustand, der Schalter fürs Licht scheint auch in Ordnung zu sein – hier stimmt alles, Sir. Ich sehe mir jetzt die Tafel im Cockpit an.«
    Verstanden? hätte Paul von Eich den KGB-Wächter am liebsten gefragt, aber das ging leider nicht.
    Seine Crew machte die Maschine schon klar für den Rückflug. Die Männer hatten nun zwei Tage Zeit für die Sehenswürdigkeiten von Moskau gehabt und wollten wieder nach Hause. Über das, was Ryan ihm gesagt hatte, durfte von Eich sie erst morgen abend informieren. Auf ihre Reaktion war er schon gespannt.
    Â 
    Die Sitzung endete wie geplant und mit einer Andeutung der Sowjets, über die Inspektionszeiten könne man morgen reden. Da werden wir uns aber beeilen müssen, dachte Ryan, denn die Delegation flog morgen abend ab und mußte greifbare Ergebnisse mit nach Hause bringen. Immerhin war bereits ein Gipfeltreffen avisiert, diesmal in Moskau. Hoffentlich gibt es dann ein Abkommen, das unterzeichnet werden kann, dachte Ryan.
    Golowko sah die Amerikaner abfahren und winkte dann seinen Wagen herbei, der ihn in die KGB-Zentrale brachte. Dort ging er geradewegs zum Büro des Vorsitzenden.
    Â»Nun, was haben unsere Diplomaten heute verschenkt?« fragte Gerasimow ohne Umschweife.

    Â»Morgen werden wir wohl unseren abgeänderten Vorschlag für Warnzeiten vor Inspektionen unterbreiten.« Golowko machte eine Pause und fuhr dann fort. »Ich habe heute mit Ryan gesprochen und eine Veränderung in seinem Verhalten festgestellt, die ich gerne melden möchte.«
    Â»Weiter«, sagte der Vorsitzende.
    Â»Genosse Vorsitzender, ich weiß nicht, was Sie mit ihm besprochen haben, aber er

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