Der Kardinal im Kreml
die Notoperation überleben würde.
»Wird noch vermiÃt, glaube ich.«
Der Rumpf der Antonow war in mehrere Stücke zerbrochen.
Die vorne sitzenden Passagiere waren beim Aufprall in Treibstoff gebadet und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt worden, aber es war den Soldaten doch gelungen, die Teile fast aller Leichen zusammenzutragen â bis auf drei. Wer tot war und wer vermiÃt, würden erst die Fachleute vom Labor feststellen müssen. Der fehlende Hauptmann war vom neunten âºGardeâ¹-Direktorat des KGB gewesen, ein Verwaltungsoffizier, der hier gewisse sensitive Aktivitäten inspiziert hatte. Der Mann hatte geheime Dokumente bei sich gehabt, war aber, wichtiger noch, genau über zahlreiche KGB-Leute und ihre Aktivitäten informiert gewesen. Die Papiere konnten zerstört worden sein â man hatte die Ãberreste mehrerer verbrannter Aktentaschen gefunden â, doch ehe sein Tod zweifelsfrei feststand, würde es in der Moskauer Zentrale ein paar sehr beunruhigte Leute geben.
»Er hinterläÃt eine Witwe. Sein Sohn starb vergangenen Monat, wie ich höre, an einer Art Krebs«, merkte der KGB-Major leise an.
»Ich hoffe doch, daà Sie gut für die Frau sorgen werden«, erwiderte der Hauptmann.
»GewiÃ, wir haben eine Abteilung, die sich um so etwas kümmert. Kann es sein, daà man ihn verschleppt hat?«
»Fest steht, daà die Banditen hier waren. Flugzeugwracks plündern sie immer aus, sie suchen nach Waffen. Und die Dokumente?« Der Hauptmann zuckte die Achseln. »Wir kämpfen gegen ungebildete Halbwilde, Genosse Major. Daà die sich für Dokumente interessieren, möchte ich bezweifeln. Mag sein, daà sie ihn anhand seiner Uniform als KGB-Offizier erkannt und weggeschleppt haben, um seine Leiche zu verstümmeln. Sie können sich nicht vorstellen, was die mit Gefangenen anstellen.«
»Barbaren«, murmelte der KGB-Mann. »SchieÃen ein unbewaffnetes Flugzeug ab.« Er schaute in die Runde. âºLoyaleâ¹ afghanische Truppen â ein übertreibendes Adjektiv, sagte er sich mürrisch â taten Leichen und Leichenteile in Gummisäcke, die mit dem Hubschrauber nach Ghazni gebracht und dann zur Identifizierung nach Moskau geflogen
werden sollten. »Was, wenn die Leiche meines Mannes weggeschleppt wurde?«
»Dann finden wir sie nie. GewiÃ, es gibt eine Chance, aber nur eine geringe. Immer, wenn wir Geier kreisen sehen, schicken wir einen Hubschrauber los, aber â« Der Hauptmann schüttelte den Kopf. »Höchstwahrscheinlich haben Sie die Leiche bereits, Genosse Major. Es wird nur noch eine Weile dauern, bis die Tatsache bestätigt ist.«
»Armer Kerl â war ein Papierkrieger. Das hier war noch nicht einmal sein Gebiet, aber er muÃte für einen erkrankten Kollegen einspringen.«
»Für welches Gebiet war er denn zuständig?«
»Für die Tadschikische Republik.«
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»Wie gehtâs, Russe?« fragte der Bogenschütze seinen Gefangenen. Was ärztliche Versorgung anging, konnten sie so gut wie nichts tun. Das nächste Team von Medizinern â Arzte und Krankenschwestern aus Frankreich â arbeitete in einer Höhle bei Hasan Khél. Die afghanischen Verwundeten waren nun dorthin unterwegs, sofern sie laufen konnten. Aber die Schwerverletzten ... tja, was war da schon zu machen? Sie waren gut mit Morphium aus der Schweiz versorgt, das man den Sterbenden injizierte, um ihre Qualen zu lindern. In manchen Fällen führte das Morphium den Tod noch rascher herbei, aber wer Anzeichen der Besserung zeigte, wurde auf eine Bahre gelegt und nach Südosten zur pakistanischen Grenze getragen. Jene, die den Hundertkilometermarsch überstanden, wurden in einer Art Krankenhaus in der Nähe des geschlossenen Flughafens Miram Schah behandelt. Nun führte der Bogenschütze die Gruppe; der gefallene Anführer war so hastig begraben worden, wie es die Glaubensregeln zulieÃen. Der Bogenschütze hatte seinen Kameraden mit Erfolg klargemacht, daà der Russe lebendig mehr wert war als tot und daà der Amerikaner ihnen für ein Mitglied der russischen politischen Polizei und seine Dokumente viel geben würde.
»Ich habe Schmerzen«, antwortete der Russe endlich,
doch so weit reichte das Mitleid des Bogenschützen nicht: Morphium gab es nur für die mudschaheddin. Nachdem er sich
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