Der Kardinal im Kreml
mehreren Monaten liegen die technischen Daten und Zeichnungen vor, aber es hat noch kein Fabrikdirektor â«
»Zeit und Mittel«, erinnerte Bondarenko.
»Mittel«, grunzte Jasow. »Immer hängt es am Geld. Wir könnten einen unverwundbaren Panzer bauen â, wenn wir die Mittel hätten. Mit genug Geld lieÃe sich der Vorsprung des Westens in der U-Boot-Technologie einholen. Für alles ist aber nicht genug Geld da.«
»Genosse Minister«, sagte Bondarenko, »ich bin seit zwanzig Jahren Berufssoldat, habe in Stäben gedient, Fronterfahrungen gemacht und immer nur für die Rote Armee gelebt. Heller Stern gehört zu einer anderen Waffengattung. Dennoch bin ich der Auffassung, daà wir notfalls Mittel für Panzer, Schiffe und Flugzeuge abzweigen sollten, damit Heller Stern fertiggestellt werden kann. Wir verfügen über genug konventionelle Waffen, um jeden denkbaren Angriff der Nato abzuwehren, aber die Zerstörung unseres Landes durch westliche Raketen können wir nicht verhindern.« Er nahm im Sitzen Haltung an. »Verzeihen Sie meine Offenheit.«
»Sie werden fürs Denken bezahlt«, merkte Filitow an.
»Genosse Minister, ich stimme mit dem jungen Mann überein.«
»Michail Semionowitsch, warum habe ich wohl das Gefühl, daà meine Obersten eine Palastrevolte planen?« Jasow lächelte, was selten vorkam, und wandte sich an den jungen Mann. »Bondarenko, in diesen vier Wänden erwarte ich, daà Sie sagen, was Sie denken. Und wenn es Ihnen gelungen ist, mich alten Kavalleristen von Ihrem Science-fiction-Projekt zu überzeugen, werde ich es wohl ernsthaft erwägen müssen. Sollen wir dem Projekt Ihrer Auffassung nach absoluten Vorrang geben?«
»Genosse Minister, wir sollten die Möglichkeit ins Auge fassen. Es fehlt noch Grundlagenforschung, und ich finde, daà die Zuweisung von Mitteln drastisch gesteigert werden sollte.« Bondarenko folgte Jasows Vorschlag nicht ganz, denn es handelte sich um eine politische Entscheidung, die einem Oberst nicht zustand. KARDINAL kam zu dem SchluÃ, daà er diesen hellen jungen Offizier unterschätzt hatte.
Â
»Puls beschleunigt sich«, sagte der Arzt fast drei Stunden später. »Patientin bei BewuÃtsein.« Ein Tonbandgerät zeichnete seine Worte auf.
Sie wuÃte nicht, wann der Schlaf endete und der Wachzustand begann. Diese Grenze ist bei den meisten Menschen unscharf, besonders, wenn ein Wecker oder die ersten Sonnenstrahlen fehlen. Sie bekam keinen Hinweis. Swetlana Wanejewas erste bewuÃte Empfindung war Verwirrung. Wo bin ich? fragte sie sich nach rund fünfzehn Minuten. Die Nachwirkungen des Barbiturats legten sich, aber nichts ersetzte die angenehme Entspannung traumlosen Schlafes. Schwebte sie?
Sie versuchte, sich zu bewegen, aber das ging nicht. Sie war völlig entspannt, jeder Quadratzentimeter ihres Körpers so gleichmäÃig gestützt, daà kein Muskel angespannt oder belastet wurde. So bequem hatte sie noch nie gelegen. Wo bin ich?
Sie konnte nichts sehen, aber irgend etwas stimmte da
nicht. Es war keine Schwärze, die sie umgab, sondern etwas Graues ... wie eine Nachtwolke, die die Lichter von Moskau reflektierte.
Sie hörte nichts. Keine Verkehrsgeräusche, kein laufendes Wasser, keine schlagenden Türen. Sie wandte den Kopf, aber um sie herum blieb alles grau wie in einer Wolke oder einem Wattebausch oder...
Sie atmete ein. Die Luft war geruch- und geschmacklos, weder feucht noch trocken, und hatte anscheinend auch keine Temperatur. Sie sprach, hörte aber unglaublicherweise nichts. Wo bin ich!
Swetlana begann ihre Umgebung genauer zu prüfen, ein ProzeÃ, der eine halbe Stunde sorgsamen Experimentierens in Anspruch nahm. Sie beherrschte ihre Gefühle, ermahnte sich, ruhig und entspannt zu bleiben. Das muÃte ein Traum sein. Nichts Unangenehmes konnte passiert sein. Die echte Angst hatte noch nicht eingesetzt, aber sie spürte sie nahen. Entschlossen wehrte sie sich dagegen. Sie blickte nach rechts und links. Gerade genug Licht, um ihr die Dunkelheit vorzuenthalten. Ihre Arme waren da, aber sie konnte sie nicht anlegen, obwohl sie es versuchte. Ihre Beine schienen gespreizt zu sein. Sie versuchte, die rechte Hand zur Faust zu ballen, brachte aber noch nicht einmal fertig, daà sich ihre Finger berührten.
Ihr Atem ging nun rascher. Mehr konnte sie nicht tun. Sie spürte die
Weitere Kostenlose Bücher