Der Kater läßt das Mausen nicht
Das Clubhaus war ihm zwar aufgefallen, weil er mit
offenen Augen durch die Welt ging, er hatte sich allerdings immer gefragt,
warum es niemals dann geöffnet war, wenn er die Zeit hatte, sich das Ganze
einmal genauer anzusehen. Er hatte auch »im ganzen die Aura des milden
Verfalls« wahrgenommen, wie sie Oliver Wendell Holmes in seinem Gedicht The
Deacon’s Masterpiece so beeindruckend formuliert hatte, und fand es
ziemlich erstaunlich, daß sich niemand die Mühe gab, das Haus ein wenig auf
Vordermann zu bringen, konnte sich jedoch an keinen Versuch erinnern, den
möglichen Grund herauszufinden.
Da Mrs. Lomax offensichtlich erwartete,
daß er sie fragte, worin die Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Club
bestanden, tat er ihr den Gefallen. »Wie wird man dort Mitglied?«
»Keine Ahnung«, erwiderte sie. »Die
meisten Clubs hier sind so wild auf neue Mitglieder, daß sie sich die Leute
praktisch mit Fleischerhaken von der Straße angeln, aber soweit ich weiß, und
da bin ich ganz sicher, hat die Balaclava Society seit 16 Jahren kein einziges
neues Mitglied aufgenommen. Sogar Harry Goulson ist dort nicht Mitglied.«
»Potzblitz!« Shandy war bisher der
Meinung gewesen, daß der beliebte hiesige Leichenbestatter so gut wie jeder
Organisation des Landkreises angehörte, sogar ein oder zwei Frauenclubs. »Und
wie steht es mit Jim Feldster?« Professor Feldster, der Seminare über die
Grundlagen der Molkereiwissenschaft hielt, war womöglich als Vereinsmeier noch
berüchtigter als Goulson.
»Den haben sie eiskalt abblitzen
lassen«, erwiderte Mrs. Lomax. »Obwohl es Leute gibt, die sagen, daß es
bestimmt wegen seiner Frau war. Nicht, daß ich etwas gegen sie sagen will,
immerhin sind Sie ja Nachbarn.«
»Keine Sorge, ich habe Sie schon
richtig verstanden.«
Gegen ihre Aufnahme in einen Club hätte
Shandy selbst jederzeit gestimmt, wenn er nur die Gelegenheit dazu gehabt
hätte. Sie hatte sich seit seiner Anstellung am Balaclava Agricultural College
als die reinste Nervensäge erwiesen. »Dann müssen die ja wahnsinnig strenge
Aufnahmebedingungen haben, nicht wahr?«
»Wahnsinnig ist genau das richtige
Wort, Professor. Zuerst muß man einen langen offiziellen Bewerbungsbrief
schicken, dazu die Geburtsurkunde — oder eine Kopie davon — und persönliche
Referenzen vom Pastor und zwei Mitgliedern seiner Kirche erbringen.«
»Was passiert, wenn man zufällig nicht
zur Kirche geht?«
»Dann können Sie das Ganze getrost
vergessen, denn dann ist die Bewerbung sowieso völlig sinnlos. Und wenn Sie
natürlich das Pech haben sollten, kein Protestant zu sein, dann können Sie Ihre
Hoffnungen auch sofort begraben, obwohl die sich natürlich hüten würden, das so
direkt zu sagen. Schließlich lädt Sie Mrs. Pommell zum Tee ein, so daß die
anderen Mitglieder Sie begutachten und Ihnen alle möglichen peinlichen Fragen
stellen können. Wenn Ihnen bis dahin die Lust immer noch nicht vergangen sein
sollte, müssen Sie sich noch die Mühe machen, einen Aufsatz zu verfassen, und
zwar zu dem Thema ›Warum ich mich für die Erhaltung unserer kulturellen
Vergangenheit einsetze‹.«
»Gütiger Himmel!«
»Und danach findet dann eine geheime
Abstimmung statt, in der entschieden wird, ob man Sie aufnimmt oder nicht. Eine
einzige Gegenstimme, und alles ist aus. Eine zweite Chance bekommt man nicht.«
»Wenn man diese Voraussetzungen
bedenkt, kann man sich nur wundern, wieso es in diesem Verein überhaupt
genügend Mitglieder zum Abstimmen gibt«, sagte Shandy. »Wer zählt denn
eigentlich zu diesem erlesenen Kreis?«
»Nun ja, Mr. und Mrs. Pommell, wie ich
bereits erwähnt habe. Er ist der Direktor der Ersten Balaclava County Kredit-,
Volks- und Zentralbank. Sie kennen ihn sicher, hier hat ja offenbar jeder sein
Konto dort.«
Die Bemerkung hätte sie sich eigentlich
sparen können, da es sich um die einzige Bank in der Stadt handelte. »Ich
glaube, ich bin auch Mrs. Pommell schon einmal begegnet«, meinte Shandy.
»Das würde mich nicht wundern. Sie ist
Präsidentin des Gartenclubs und einiges andere mehr, was sie Ihnen bestimmt auf
der Stelle mitteilen würde, wenn Sie ihr nur die kleinste Möglichkeit dazu
gäben. Und dann ist da noch Henry Hodger, der Rechtsanwalt, dann der
Kongreßabgeordnete Sill, der eine Legislaturperiode lang im Parlament von
Massachusetts vertreten war, als Alvan T. Füller noch Gouverneur war. Er soll
immer noch politisch aktiv sein, behauptet er jedenfalls. Fährt ständig nach
Boston und
Weitere Kostenlose Bücher