Der Kater läßt das Mausen nicht

manchmal gewisse Anflüge von Humor, obwohl
niemand so recht sagen konnte, ob bewußt oder unbewußt. »Das heißt natürlich,
wenn er sich überhaupt dazu aufgerappelt hat, ein Testament zu machen. Falls er
es getan haben sollte, hat er es wohl von Henry Hodger aufsetzen lassen, und
Sie können drauf wetten, daß Henry auf der Stelle damit herausrückt, wenn er
sich davon ‘ne weitere Gebühr verspricht.«
    Shandy glaubte Mrs. Lomax aufs Wort.
Allerdings war das potentielle Honorar von Henry Hodger nicht unbedingt das
Problem, das ihn momentan am meisten beschäftigte. »Sie meinen, es ist jemand
in die Wohnung eingebrochen? Woran erkennen Sie das? Ich finde, die Wohnung
sieht sehr ordentlich aus.«
    »Oh, ordentlich schon«, sagte Mrs.
Lomax, »aber ich habe hier kleine Veränderungen festgestellt, die Ihnen
bestimmt nie im Leben auffallen würden. Übrigens auch keinem anderen Menschen
mit Ausnahme von Professor Ungley, wenn er noch am Leben wäre. Und bestimmt
würde er zu mir gelaufen kommen und mir eine Standpauke halten, selbst wenn er
mich dafür um drei Uhr in der Früh aus dem Bett holen müßte.«
    »Sie meinen also, es muß passiert sein,
nachdem er bereits tot war.«
    »Nein, da bin ich mir nicht sicher,
denn ich weiß ja nicht, wann er gestorben ist. Dieser geistig minderbemittelte
Fred Ottermole hat nämlich nicht mal daran gedacht, Mrs. Pommell zu fragen,
wann die Versammlung überhaupt zu Ende war. Ich denke, es muß irgendwann gegen
elf gewesen sein, denn um die Zeit kam der Professor sonst immer nach Hause,
obwohl ich nicht verstehe, warum er bei diesen Versammlungen überhaupt so lange
geblieben ist. Wenn er zusammen mit den anderen gegangen ist, und das wird wohl
stimmen, wenn sie es sagt, immerhin könnten sonst schließlich fünf Personen
ihre Aussage widerlegen, dann sieht mir das ganz so aus, als hätte ihn irgend
jemand kurze Zeit später überfallen. Wahrscheinlich als er die Hauptstraße
verlassen hat. Es sei denn, er hat sich dort ganz allein herumgetrieben, und
das ist ziemlich unwahrscheinlich, finden Sie nicht?«
    »Sehr unwahrscheinlich, da muß ich
Ihnen recht geben«, erwiderte Shandy. »Wir gehen aber wahrscheinlich recht in
der Annahme, daß unser unbekannter Einbrecher genau wußte, daß er sich Zeit
lassen konnte, weil Ungley nicht zurückkommen würde. Sonst hätte immerhin die
Gefahr bestanden, daß Ungley ihn ertappt hätte, und Sie wären von dem Lärm
wahrscheinlich wach geworden.«
    »Ganz bestimmt. Ich habe nämlich Ohren
wie ein Luchs, unberufen, toi, toi, toi. Außerdem war ich gestern lange auf und
habe gelesen, irgendein albernes Buch aus der Stadtbibliothek« — daß es sich
dabei um einen Detektivroman gehandelt hatte, wollte sie Professor Shandy auf
keinen Fall verraten — , »und Edmund hat die ganze Zeit auf meinem Schoß
gelegen und geschlafen. Er wäre bestimmt aufgesprungen und hätte ein
Riesentheater gemacht, wie er das immer tut, wenn ein Fremder auch nur wagt,
einen Fuß in dieses Haus zu setzen. Es war ungefähr 20 Minuten vor Mitternacht,
als ich ihn für die Nacht rausgelassen habe. Jetzt erinnere ich mich übrigens,
daß mir bei der Gelegenheit aufgefallen ist, daß das Licht über der Eingangstreppe
noch brannte.«
    »Hätten Sie daraus nicht schließen
können, daß Ungley noch nicht zu Hause war?«
    »Schon, aber zu dem Zeitpunkt habe ich
mir darüber keinerlei Gedanken gemacht. Sehen Sie, ich wußte ja, daß er einen
Vortrag hielt. Man soll ja nicht schlecht über Tote reden, aber wenn Professor
Ungley einmal in Fahrt war, konnte ihn so leicht nichts mehr stoppen. Ich war
der Meinung, er sei noch im Clubhaus und kaute mit all den anderen komischen
Käuzen auf seinem Thema herum. Aber warten Sie mal, das ist ja merkwürdig!«
    »Was ist denn so merkwürdig?«
    »Als ich heute morgen nach unten kam,
war das Licht aus. Ich hätte bestimmt gemerkt, wenn es noch gebrannt hätte. Das
beweist doch, daß jemand hier gewesen sein muß, denn ich weiß genau, daß ich es
gestern abend angelassen habe.«
    »Besteht die Möglichkeit, daß Ungley — eh
— hereingekommen und wieder gegangen ist?«
    »Der? Er hätte sich doch den Weg nicht
zweimal gemacht! Das würde ich nur glauben, wenn ich es mit meinen eigenen
Augen gesehen hätte, und das hab’ ich nicht, also glaub’ ich’s nicht. Außerdem
hätte er in dem Fall auch das Licht angelassen, weil er ja damit gerechnet
hätte, zurückzukommen, und im Dunkeln hätte er seinen Weg nicht finden