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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
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Aber dann hast du kalte Füße gekriegt. Du hast beschlossen, das Kind zu kriegen und bei dem Freund zu wohnen, bis es so weit war. Vernünftiger Plan. Was ist schiefgelaufen, Lucy?«
    Ja, was war schiefgelaufen? Ich stand da und wurde nass, dann ging ich zu Fuß nach Hause. Ich machte mir Suppe heiß. Trank Wodka Gimlet. Ich legte wieder La Bohème auf, diesmal die klassische Einspielung von Sir Thomas Beecham von 1956. Ich las dabei das Libretto mit. Dann kam Mimis Soloarie.
    »Ich heiße Lucia. Man ruft mich Mimi, ich weiß nicht, warum. Ma quando vien lo sgelo . Il primo sole è mio . Aber wenn es zu tauen anfängt, ist die erste Sonne mein.«
    Ich hob die Nadel von der Platte, setzte sie wieder auf und spielte die Platte noch mal von vorn. Und noch mal. Ich hatte das alles schon gehört, doch diesmal fiel mir etwas auf. Lucia = Lucy? War das nicht weit hergeholt? Konnte Lucy Moores Tod etwas mit den Morden an Tommy Little, Andrew Youngund den anderen zu tun haben? Eine absichtliche oder auch nur eine unterbewusste Verbindung?
    Ich hörte mir immer und immer wieder die Platte an, wurde immer betrunkener. Gegen Mitternacht spielte ich Orpheus in der Unterwelt und fand auch hier Muster. Eurydike ist eine Tochter von Apollo, dem Gott des Lichts. Lucia heißt Licht. Je länger ich zuhörte, desto mehr Muster entdeckte ich, in allem. Mozart, Schubert, David Bowie.
    Menschen suchen nach Mustern. Das steckt uns in den Genen. Das ist der Grund, warum Verschwörungstheorien und Götter so beliebt sind: Stets suchen wir nach der größeren, allumfassenden Erklärung.
    Je tiefer ich eintauchte, desto klarer wurde mir alles. DC Todd steckte dahinter. Brennan auch. Es waren die Freimaurer. Der Hermetic Order of the Golden Dawn. Yeats hatte damit zu tun. All die durchgeknallten Protestanten. Ich trank so viel Wodka, dass mir schlecht wurde. Ich trank weiter. Klugerweise stöpselte ich das Telefon aus, nicht dass ich noch Laura oder meine Ma anrief. Ich stieg nach oben und betete die Porzellangöttin an. Alkoholvergiftung. Jämmerlich. Wie alt war ich, sechzehn? Ich fing an zu weinen. Schließlich ging der Strom aus, ich schloss die Augen und schlief trocken würgend ein.

17
DER ARIADNE-FADEN
    Ich wachte kurz nach dem ersten Lichtschein auf dem Badezimmerboden auf. Ich bot im Spiegel einen elenden Anblick, und das Haus sah noch elender aus.
    Ich legte die Ramones auf, machte mir einen Nescafé, trank ihn aus, stöpselte das Telefon ein und rief Laura an.
    »Gehen wir zusammen frühstücken und dann zu einer Auktion?«, fragte ich sie.
    »Ich habe nachmittags Dienst.«
    »Die Auktion ist um neun. Wir frühstücken an der Old Tech und bieten auf ein paar Schallplatten.«
    Die Old Tech. Ein Ulster Fry hätte ich nicht ertragen, deshalb bestellte ich mir nur einen Tee. Laura nahm die Pfannkuchen.
    Wir unterhielten uns und lasen Zeitung. In allen Schmierenblättern dieselbe Schlagzeile: SCHULDIG über einem Bild von Peter Sutcliffe, dem Yorkshire Ripper. Auch die besseren Zeitungen hatten sich auf den Ripper gestürzt, und der Prozess und das Urteil nahmen den Großteil der Titelseiten ein, dazu ein kleinerer Artikel zu den Hungerstreiks. Der Times zufolge sprachen hochgestellte Persönlichkeiten der Tories davon, »Kompromisse« einzugehen und »neue Ideen« zu entwickeln. Thatcher wollte von alldem nichts hören, sie war nach Ulster gekommen, um die Entschlossenheit der Truppe zu stärken: Die Lady verhandelte nicht mit Terroristen und dachte nicht daran einzuknicken.
    Nur die Lokalzeitungen, die Irish News und der Newsletter , brachten etwas über den Angriff auf das Schwulenpub in Larne. Ein Toter, zwanzig Verletzte im Krankenhaus. Der Bericht war vollkommen nüchtern geschrieben, lasst uns nur ja nicht allzu viel drüber reden.
    Der Mörder hatte eine der üblichen Gitterbomben benutzt. Hatte Todd das gesehen? Sollte ich ihn vielleicht anrufen? Nein. Sollte ich nicht.
    Ich ging zur Kassiererin und fragte, ob sie wohl ein Aspirin für mich hätte. Ja, meinte sie. Ich warf ein paar davon ein, goss mir auf der Toilette Wasser ins Gesicht und kehrte zu Laura zurück, die eine Sonderbeilage der Daily Mail zu den Hochzeitsplänen von Lady Di las. Ich zog sie nicht damit auf.
    Nach dem Frühstück gingen wir zur Auktion ins Rathaus. Der Laden war gesteckt voll. Die Nachricht hatte sich in Windeseile verbreitet, und die Aasgeier waren aus allen Richtungen eingefallen. Paul selbst war nicht erschienen; er wollte wohl nicht zuschauen,

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