Der katholische Bulle: Roman (German Edition)
hinten abgelegt«, erwähnte De Sloot.
»Irgendeine letzte Botschaft?«, fragte Crabbie.
»Nein.«
In solchen Augenblicken rettet einen nur die Routine. An der Vorgehensweise und den Dienstabläufen ist etwas, dass Distanz zwischen einem selbst und der Realität schafft. Wir waren Profis, die einen Job zu erledigen hatten. Das war ja auch der Grund, warum wir jeden Morgen unter den Wagen schauen sollten – das taten wir nicht allein wegen der Möglichkeit, dort tatsächlich eine Bombe vorzufinden, sondern weil diese Routine die Aufmerksamkeit für den Rest des Tages erhöhte.
Vorgehensweise, Dienstabläufe, Professionalität.
»Jeder bleibt, wo er ist. Matty, hol deine Kamera und fang an. Mr De Sloot, haben Sie irgendetwas verändert?«
»Nein«, antwortete De Sloot. »Ich habe den Führerschein gelesen, und dann bin ich nach Hause gegangen und habe die Polizei angerufen. Die Hunde habe ich ferngehalten.«
Wir stellten die batteriebetriebenen Scheinwerfer auf und suchten die unmittelbare Umgebung nach Fußabdrücken, sonstigen Spuren oder irgendetwas Ungewöhnlichem ab. Nichts.
Matty machte Fotos, ich sorgte dafür, dass seine Arbeitsweise formal korrekt war. Die Leiche war sauber, und es gab keinerlei Anzeichen, dass irgendjemand sonst hier gewesen war.
Ich sah Matty an. »Zufrieden mit dem Protokoll? Können wir näher heran?«
»Aye. Wir haben genug Fotos. Mindestens drei Rollen Film, nur für die Umgebung.«
»Gut. Mach weiter, keine Angst vor Verlusten«, forderte ich ihn auf.
Ich ließ Matty Zeit für seine Fotos. »Aber spar dir die Fingerabdrücke, sonst kriegen wir es wieder mit Dr. Cathcart zu tun.«
»Kennen Sie die Frau?«, fragte De Sloot.
»Lucy Moore, geborene O’Neill. Vermisst seit letzte Weihnachten«, antwortete ich.
»Bis heute«, murmelte McCrabban.
»Bis heute, ja.«
Wir standen im dunklen Unterholz. Langsam wurde es richtig kalt.
»Ich glaube, wir sind hier fertig«, meinte Matty.
»Schneidet sie ab und lasst sie in die Pathologie bringen«, erklärte ich.
»Und wer soll das machen? Kein Leichenbestatter der Welt kommt bis hier raus«, sagte McCrabban.
»Ach Scheiße, dann machen wir es eben selbst«, sagte ich.
Wir schnitten die junge Frau ab, Matty nahm eine Haarprobe, und dann trugen wir sie zum Land Rover.
Gott sei Dank saß ich nicht hinten bei der Leiche.
Wir fuhren zum Carrick Hospital und lieferten sie dort ab, aber die Krankenschwester wies uns gleich darauf hin, dass es eine Weile dauern würde, weil Dr. Cathcart schließlich doch noch nach Belfast gerufen worden sei, um bei der Autopsie der Brandopfer des Peacock Room zu helfen.
Als wir aufs Revier zurückkehrten, war es früher Abend. Brennan wartete schon an meinem Schreibtisch.
»War sie es?«, wollte er wissen.
»Ja«, antwortete ich. »Jedenfalls wenn man dem Foto aufdem Führerschein glauben darf. Die Pathologin wird es uns genau sagen, wenn sie Gelegenheit dazu hat.«
»Selbstmord?«
»Sieht so aus.«
Brennan wirkte ungeheuer traurig. »Ich kann mir schon denken, warum sie sich möglicherweise umgebracht hat.«
»Warum denn?«
»Ihr Ex hat sich am Montag dem Hungerstreik angeschlossen.«
»Er geht in Hungerstreik, sie hat Schuldgefühle, weil sie sich hat scheiden lassen, und hängt sich auf?«
»So wird es wohl gewesen sein.«
»Schon möglich«, meinte ich und rieb mir zweifelnd das Kinn.
»Die Ex eines Hungerstreikenden bringt sich um! Oh mein Gott, die Medien werden sich darauf stürzen, oder?«, fragte Brennan.
»Wir könnten nach der alten Routine verfahren: ›Auf Wunsch der Angehörigen können wir leider keine Einzelheiten bekanntgeben.‹«
»Aye, und wo wir gerade davon sprechen, schätze, wir sollten es der Familie sagen. Die arme Mutter«, meinte Brennan.
Ich wusste, worauf er hinauswollte, aber keine zehn Pferde würden mich dazu bringen, ihn zu begleiten. »Ja, ich finde auch, Sie sollten gehen, Sir. Schließlich war das Ihr Fall, und Sie wissen ja, wie beschäftigt ich bin«, sagte ich.
Wieder seufzte er. »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich mal die Unterlagen anschauen würden, ob ich irgendetwas übersehen habe«, bat er noch, als er ging.
»Kein Problem, Sir.«
Ich ging zum Aktenschrank des CID, zog die Akte zu Lucy Moores Verschwinden heraus und trug sie hinüber ins Royal Oak. Mein Magen knurrte, aber die Küche war kalt; irgendwer hatte den Bus des Kochs in die Luft gejagt, und er konnte nicht kommen. Ich bestellte mir einen Bushmills, ein Pint
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