Der katholische Bulle: Roman (German Edition)
Bursche denkt mit. Wer hat jetzt die bessere Story für seine Memoiren?«
»Erst mal wird er tippen lernen müssen«, erwiderte McCrabban.
»Okay, zurück zum Geschäft. Wir müssen den Wagen von diesem Tommy Little auftreiben. Matty, kümmer dich darum.«
»Aye.«
»Und wir müssen auf jeden Fall in sein Haus. Heute noch. Wohnte er allein? Mit einem Freund? Einer Katze? Das müssen wir herausfinden. Crabbie, ruf das betreffende Revier an und lass sie einen Uniformierten rüberschicken, um die Beweise zu sichern.«
»Wird denen nicht gefallen.«
»Du schaffst das schon.«
»Aye.«
»Also, gehen wir noch mal durch, was wir bislang haben …«
Wir lasen gemeinsam den Bericht der Gerichtsmedizin und gingen noch einmal alle Beweise durch. Wir diskutierten mögliche Motive und Theorien. Ich war der Einzige, der sich überhaupt ein Stück weit mit Serienmördern auskannte, also vermittelte ich ihnen das Basiswissen – Kindheitstrauma, Zeuge von Gewalt, Ausgrenzung –, aber das traf unglücklicherweise auf die halbe Bevölkerung von Belfast zu. Einweiterer wichtiger Punkt waren irgendwelche Haftstrafen als Jugendlicher oder Erwachsener, aber auch das deckte einen ziemlich hohen Prozentsatz der Bevölkerung ab.
»Jemand, der Schwule hasst, hat womöglich in der Kindheit schlechte Erfahrungen mit einem gemacht«, schlug Crabbie vor und warf mir heimlich einen Blick zu. Wie ich wusste, waren Protestanten grundsätzlich der Auffassung, dass alle katholischen Messdiener in ihrer Kindheit von Priestern missbraucht worden seien. Es ergab keinen Sinn, darum zu streiten, deshalb fand ich, dass Logik vielleicht der bessere Weg wäre: »Ich schätze, dass diese Art von Wut sich wohl gegen eine bestimmte Person richten würde, nicht gegen zufällige Opfer«, erklärte ich, doch dann kam mir ein Gedanke: »Wenn es sich denn um zufällige Opfer handelt.«
McCrabban nickte. »Die Hände und die Kugeln haben sie gemeinsam. Könnte es auch noch andere Verbindungen geben?«
»Guter Punkt. Matty, schau dir das an.«
Matty nickte. Sergeant McCallister steckte den Kopf durch die Tür.
»Kann ich mich dazusetzen, Jungs? Ich halte auch den Schnabel.«
»Alan, wir wären Ihnen für jeden Beitrag dankbar.«
McCallister setzte sich neben mich. Ich trank einen Schluck Kaffee und fuhr dann fort: »Ich weiß nicht, was Sie davon halten, aber ich schätze, der Schlüssel zu dieser Untersuchung ist Opfer Nummer eins. Tommy Little. Wo wurde er umgebracht, wann wurde er umgebracht, mit wem lebte er zusammen?«
Matty nahm ein Blatt Papier in die Hand. »Den Unterlagen zufolge gibt es keine Verwandten in Irland. Ein älterer Bruder in Australien. Little hat als Fahrer und, Zitat: ›Sicherheitsmann‹ für Sinn Fein gearbeitet. Ein einsamer Mensch, könnte ich mir vorstellen.«
»Ja, trotzdem müssen wir herausfinden, wo er sich herumgetrieben hat, oder? Ein Nachbar, ein Freund. Irgendjemand muss doch was wissen«, beharrte ich.
»Es wird keiner mit uns reden. Und wenn wir dorthin fahren, werden wir gelyncht. Er hat in der Falls Road gewohnt«, sagte Matty.
»Er hat recht. Die haben da eine klare Politik Bullen gegenüber: Egal, was du sagst, sag nichts«, fügte Crabbie hinzu.
Ich schüttelte den Kopf. »Einer von denen wurde von einem Verrückten ermordet. Ich schätze, die werden kooperieren.«
Alan legte mir eine Hand auf den Arm. »Entschuldigung, Sean … Die IRA findet heraus, dass einer von denen bei irgendeiner schäbigen Schwulennummer umgebracht wurde? Ich gehe davon aus, dass sie die ganze Angelegenheit unter den Teppich kehren und so tun würde, als hätte es ihn nie gegeben. Was, wenn die Geldgeber in Massachusetts herauskriegen, dass ihre schwer verdienten Dollar an einen Haufen Schwuchteln gehen? Nein, nein, nein. Wenn Sie da hingehen, werden Sie auf eine Wand des Schweigens stoßen.«
Da hatte er wohl recht. Aber wenn wir die Sache mit Tommy Little nicht verfolgten, hatten wir gar nichts. Andrew Young war in seinem Haus ermordet worden, es gab keine Zeugen, keine Spuren. Youngs Akte war weiß wie Schnee, keine Anschuldigungen wegen Missbrauchs, keine Beschwerden. Er mochte schwul gewesen sein, aber er schien sechzig Jahre lang ein weitgehend zölibatäres Leben geführt zu haben. Klar, wir verfolgten jede Spur, die wir bei Andrew Young finden konnten, aber es wäre dumm, nicht auch alles auszugraben, was wir über Little finden konnten, selbst wenn das hieß, dem Feindesland einen weiteren Besuch abzustatten.
»Wir
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