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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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mit den Spießen gaben ihre Stellung auf und verschwanden durch den Eingangsbogen im Turm. Der eine Bruder des Senphoren bleckte die Zähne zu etwas, das ein Abschiedsgrinsen sein sollte und schickte sich an, sich hinter ihnen durch das Loch zu falten, der zweite Drillingsbruder folgte ihm.
    „Warten Sie, Hunngard“, rief Auric. „Wenn Sie schon keinen Schutz brauchen, dann können Sie uns helfen. Können Sie den Menschen helfen.“
    Der Senphore zeigte keine Reaktion, verschwand stumm hinter seinem Bruder im Turminnern, so dass nur noch die martialisch aussehenden Skopai zurückblieben, die sich dem geordneten Abzug als letzte anschlossen.
    Die Schatten von Wolken krochen die Rundung des Turmgemäuers entlang, der aufgekommene Wind war wieder verebbt.  
    Ku Zwei schnüffelte unruhig umher, und Auric kniete sich neben ihn, um den Kleinen zu beruhigen.
    „Was willst du jetzt tun?“, fragte Jag neben ihm.
    Auric rückte kniend herum, besah sich den Turm und den Eingang. Jedem der sich unbefugt durch den Eingang drücken wollte, drohten Spieße in die Rippen. „Wenn er sich im Norden auskennt, können wir ihn – und seine Brüder – umso besser gebrauchen.“   Auf Bodenniveau gab es keinerlei weitere Zugänge, die Öffnungen höher im Turm waren Fensterlöcher gerade breit genug für die Schultern eines schmalen Mannes. Der an den Schatten des Turmes lehnende Stall machte nicht den Eindruck, als hätte er eine Verbindung zu den Innenräumen. Alles hier war auf Wehrhaftigkeit ausgerichtet. „Es sieht so aus, als wäre Überredung der einzige –“
    Ein Schrei erscholl, gedämpft durch schwere Steinmauern, aus dem Innern.
    Auric und Jagnar blickten sich an.
    Weitere wüste Schreie, einer gellend. Klirren und Poltern, ein wüster Aufruhr.
    Auric und Jag zogen gleichzeitig ihre Schwerter stürmten auf die Turmöffnung zu. „Die Hälfte folgt uns, der Rest bleibt draußen“, rief er über die Schulter der Truppe zu, dann zwängte er sich in die Höhle des Turms.  
    Er fand sich in leerer Dunkelheit. Der Raum war düster, nahm die gesamte Basis des Turmes ein, aber nichts bewegte sich darin. Auf Bodenniveau war niemand. Eine steile Treppe führte durch ein Loch in der Holzdecke hinauf. Von dort kam heftiger Kampflärm, dann ein weiterer markerschütternder Schrei. Dann gellendes Aufbrüllen.
    Auric wies den um seine Füße wuselnden Ku Zwei knapp an, sich zu setzen, stürzte die Treppe hoch, das Schwert ans wacklige Geländer, damit er sich nicht selbst verletzte, Jag war hinter ihm.
    Oben hockten zwei vierschrötige Riesen um eine dritte, mächtige Gestalt am Boden. Der Senphore war tot, das sah Auric mit einem Blick. Einer seiner Brüder hatte eine klaffende Wunde im Arm. Einer der Spießträger lag daneben verkrümmt in einer Blutlache. All das im Dunkel. Der grelle-weiße Lichtschaft, der durch das hohe Fensterquadrat einfiel, fasste nur unnütz ein Ensemble von trivialer Bedeutungslosigkeit in seinen Rahmen, verstreute Strohhalme, ein gefallener Löffel, ein Schuh und Brotbrocken. Wolken aufgewirbelten Staubs durchflirrten trübe in kupfernen Schwaden den Lichtstreif.
    „Es ist geflohen, es muss noch draußen sein“, schrie einer der Skopai ihm entgegen.
    Auf dem Absatz wirbelte er herum, wäre fast in Jag hineingelaufen. Hier blieb nichts mehr zu tun. Er sah Jag zur höher in den Turm führenden Treppe stürmen. Guter Gedanke. „Wieder raus! Der Angreifer entkommt!“, rief er den Soldaten zu, die im Ausschnitt der Treppenklappe erschienen, stürzte mehr als dass er kletterte die Treppe hinunter. Es gab ein Gedrängel am Eingang, er drückte sich zwischen vor ihm zurückwimmelnden Soldaten durch, war wieder draußen, wieder im blendenden, weiten Raum aus Frühlingslicht.
    Die zurückgebliebenen Soldaten starrten ihn in Reihe aufgestellt verständnislos an.
    „Ist jemand aus dem Turm gekommen?“
    Schulterzucken.
    „Durch die Fenster? Auf dem Dach?“
    Blicke umher, sonst keine Reaktion. Nur Ku Zwei bellte, was das Zeug hielt.
    Das war unmöglich, dann war der Angreifer noch hier.
    Er stolperte rückwärts vom Turm weg, blickte seine Höhe empor. Nichts, nur nackte Steinfront.
    Wo war der Angreifer?
    Jags Kopf erschien über dem Dachrand.
    „Irgendwas da oben?“
    Jag blickte sich um, drehte sich im die eigene Achse. „Nichts, gar nichts. Nur ein toter Skopasonstwas im oberen Stockwerk.“
    „Aber er muss doch …“
    Ein Schatten glitt über die Gemäuerrundung, der nicht von den Wolken kam.

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