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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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    Einer aus Jags Truppe stapfte hinter Auric vorbei und brummte, „Scheiße, können die nicht mal bald aufhören mit Flennen.“
    Auric drehte sich auf dem Absatz, fasste den, der gesprochen hatte, ins Auge.
    „Soldat,“ – der Angesprochene erbleichte unter Aurics Blick und seine Schultern sackten zusammen –, „ich hau dir gleich eine rein.“ Der Kerl verzog sich rasch in den Hintergrund.
    Auric hatte oft Menschen trauern sehen müssen, und er dachte, sein Mitleid sei ein zernarbter, abgestumpft pumpender Klumpen geworden.  
    Drei Brüder, Drillinge, von Geburt an zusammen. Es musste sein, als hätte man einen Teil seiner selbst verloren, einen Arm abgehackt bekommen, der eigenständig gedacht und gefühlt hatte. Plötzlich war die Welt nur noch zwei Drittel wert. Die dritte Flamme von deren Feuer man Teil war, war aus der Welt gelöscht. Ein schwarzer Stern fiel herab und löschte die Sonne aus. Das Morgen war verboten, der Himmel schwarz versteinert worden.
    Der Mörder hatte sie abgehängt. So unglaublich das war. Er war einfach verschwunden. Irgendwo in den Wäldern. Irgendwo zwischen Ihn-noch-vom-Pferde-klar-Sehen, undurchdringlichem Heckenwerk und Dornendickicht und der Wideraufnahme der Hatz zu Fuß. Im Labyrinth aus Stämmen und Blättern wie vom Erdboden verschluckt.
    Jag blickte ihn an. „Was war das?“
    Er schüttelte nur zu Boden blickend den Kopf.  
    „Keine Ahnung. Ich habe keine Ahnung.“
    Er schaute ihn, an den trauernden Brüdern vorbei, durch staubdurchwebte Düsternis an.
    „Es sah aus wie ein Mensch. Es war wohl auch ein Mensch. Aber kein Mensch kann so schnell sein, kann sich so bewegen.“
    „Und du hast noch nicht die Berichte davon gehört, was hier drinnen passiert sein soll.“
    Er wollte aus dem Raum, in dem zu viele Menschen waren, fortgehen, gab Jag ein entsprechendes Zeichen. Gerade als er sich umdrehen wollte, sah einer der Brüder zu ihm auf. Der Blick aus verquollenen, rotunterlaufenen Augen verschränkte sich in kettenhartem Griff mit dem von Auric.
    „Ich brauche eine größere Axt“, sagte er und sah Auric stier an.  
    Als Auric ging, blieb in seinem Mund der kalte Staub von bitterem Eisen.

    Als Auric in den Schatten des Turmes trat, um nach Spuren zu suchen, trat Berngar zu ihm. Die ganze Zeit schon, auch auf dem Weg hierher, hatte er Augenkontakt mit Auric gesucht.
    „Hallo Orik. Hast du dir einen Hund zugelegt?“
    Warum nahmen manche Leute an, einen Namen, den man längst nicht mehr führt, zu benutzen, wäre ein Zeichen besonderer Vertrautheit?
    Auric blickte kurz aus der Hocke zu ihm auf.
    „Jetzt ist nicht der richtige Moment. Sergeant.“
    „Ich dachte mir, jetzt spielt Eile keine Rolle mehr. Die Toten sind kalt, die Sache gelaufen.“
    „Was willst du von mir?“
    „Ich dachte wir treffen uns mal, altes Haus. Außer Dienst, meine ich. Reden, trinken einen. Auf die guten, alten Zeiten.“
    Berngar, er musste Berngar gewesen sein, der Jag von den Vorgängen vor seiner Flucht aus dem Norden erzählt hatte.
    „Was war daran gut? Wir haben Leute abgemurkst. Und die meisten von uns sind am Ende dabei draufgegangen.“
    „He, lass gut sein, Orik …“
    „Sollten Sie nicht bei ihren Leuten sein? Ich hoffe, Sie haben nicht ihren Posten verlassen, Sergeant.“
    Das war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Und er wusste nicht, ob es einen gab.

Risse

    Lhuarcan war ihr Wortführer.
    Er kam zusammen mit Cedrach, Dangrail und Bruc und einigen anderen zu ihm.
    „Wir anderen haben miteinander gesprochen, weil wir es bedenklich fanden, wie rasch und bereitwillig du den Adamainra in die Zusammenhänge unserer kleinen Gemeinschaft mit einbezogen hast.“
    Darachel war verwundert. Bei jener Unterredung mit Auric hatten sie doch alle um sie herum versammelt gestanden, und von niemanden von ihnen hatte es Widerspruch gegeben. Im Gegenteil, ihr Gebärdendiskurs hatte ihm stumme Zustimmung signalisiert. Woher dieser Sinneswandel? Er blickte Lhuarcan gerade in die Augen und lächelte.
    „Du meinst, dass ich ihn in unsere Geheimnisse eingeweiht habe.“ Er hatte den Eindruck, dass nicht wenige ihres Neuen Rings davor zurückscheuten, gewissen Wahrheiten ins Auge zu sehen, dass sie sich noch immer allzu gern in einer altvertrauten Sicherheit wiegten. Manchmal war es allerdings hilfreich, bestimmte Dinge direkt auszusprechen.
    „In das, was wir miteinander tun, und das, was uns zusammenbringt.“ Lhuarcan wand sich. „Er ist ein Adamainra und wird niemals Teil

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