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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Dies ist die Halle der Versammlung, dies ist der Ort von dem zuletzt Angverian herrschte und von dem wir ihn vertrieben haben. Dies ist das Herz des Moniassums und das Zentrum dessen, was Idirium darstellt. Hier sollen nicht länger Könige und Adlige reden, noch Despoten, noch welche die solchen gleichen, indem sie ihren Stand über den anderer setzen. Hier sollen fortan nur noch idirische Bürger reden, und sie sollen sein wie Bruder zu Bruder und reden wie Bruder zu Bruder, und niemand soll mehr da sein, der es ihnen wehrt.“
    Die Versammlung der Abgeordneten blickte ihn an, erneut – mit starrem Blick, erneut – doch diesmal lag eine andere Art von Verwunderung darin.
    „Epokrav der Ältere, Historien, Buch 4, Kapitel 36, Absatz 379.“
    Es war Präfekt Makuvans Stimme, die jetzt in die Stille hinein tönte. Und es klang nicht ohne einen Hauch von Süffisanz, obwohl es nicht den Ton hatte.

    Die eigentliche Ernennung war kurz und knapp, mit Würde, doch ohne falschen Prunk, wie es einer solchen militärischen Angelegenheit anstand.
    Makuvan stieg herauf zum Podest des Konsuls, nahm Aufstellung an seiner Seite, Auric wurde zu ihnen beiden heraufgerufen. Makuvan nahm ihm als Präfekt des Heeres seinen erneuten Treueschwur zum idirischen Staat und dessen Idealen ab, langatmig, verschachtelt, mit endlosen gravitätischen und peniblen Wiederholungen; wie ein Katarakt, dessen Wasser wieder und wieder über gestaffelte Felsstufen hinabstürzen und dabei gewaltig aufschäumen. Alles, was Auric darauf antworten musste, war, wie in einem Kontrapunkt der vorgehenden Weitschweifigkeit, lächerlich knapp und karg. Am Ende fühlte sich Auric ein wenig, als sei er gerade zwangsverheiratet worden.
    „General Auric Torarea Morante, treten Sie vor!“  
    Heerespräfekt Makuvan gab ihm daraufhin in offiziell steifer Formulierung die Anweisungen zur Truppenverschiebung in den äußersten Südwesten von Mittelnaugarien, in die idirische Provinz Norgond, und seinen ersten Auftrag in seinem neuen, soeben erhalten Rang: dort einen Feldzug gegen die räuberischen Suevarenstämme durchzuführen, die in letzter Zeit immer wieder über die Nordgrenzen plündernd in das Land eingefallen waren, somit die Gewähr der Sicherheit für die dort ansässigen Bürger Idiriums und die Integrität der Reichsgrenzen Idiriums wiederherzustellen.
    Und damit war es vorbei.
    Auric wurde mit diesem Befehl aus dem Forum entlassen und ging, wie es das Protokoll von ihm verlangte, festen Schrittes auf dessen Ausgang zu, so als würde von ihm erwartet, er mache sich ohne Aufenthalt geradewegs zu Fuß und ohne Verzug durch so etwas Kleinliches wie Vorbereitungen auf den Weg nach Norgond, er ginge nur voran, sein Heer werde ihm schon folgen. Im Vorbeigehen sah er, wie die Blicke zahlreicher Abgeordneter aus den konservativen Reihen ihn grimmig streiften, jene, die sich auch für eine Stationierung von Teilen der Dritten im westlichen Vanarand ausgesprochen hatten, damit sie bei seinem hoffentlich kläglichen Versagen rettend eingreifen könnten.
    Da stand er dann in der weiten, leeren Halle auf spiegelndem Marmor – hinter ihm die Türen zu den Räumen des Parlamentssaales, den er soeben verlassen hatte, vor ihm Säulenreihen, die wie ein bleich versteinerter, kahl verdorrter Wald den Weg zum weitläufigen Vestibül und den Eingangstreppen hin wiesen – allein, abgesehen von den starren und stummen Wachen der Kentarkianer-Garde, und er kam sich verloren und leer vor.
    Das war es jetzt? Eine Menge Zänkerei und ein paar abgeleierte, formelle Phrasen? Das war deine große Stunde?
    Er hörte Türenklappern. Eine Anzahl von Abgeordneten kam aus dem Parlamentssaal, unter ihnen Heerespräfekt Makuvan, der ihn erblickte und geradewegs auf ihn zusteuerte.
    „Na, das hätten wir hinter uns“, sagte er und legte Auric kurz im Vorbeistreifen die Hand auf die Schulter. „Das war ein schlagender Beweis, das Sie die richtige Wahl sind, Morante.“  
    Die richtige Wahl wofür?  
    „War ein großartiger Zug von Ihnen, die idealistische Karte auszuspielen. Genau das hätten Sie bei einem Barbaren nicht erwartet; das hat sie geschlagen. Sehr clever.“  
    Die idealistische Karte?
    Makuvan und ein paar andere gleichgesinnte Abgeordnete, welche die restlichen Themen, die noch auf der Tagesordnung des Parlaments standen, nicht mehr betrafen oder interessierten, begleiteten ihn die weiten Treppen des Parlamentsgebäudes hinab nach draußen.
    Nun stand er in einer Traube

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