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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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entgangen war.
    Das Rahmengestell, an dem er sich festhielt, hing an Seilen. An einer Rolle.
    Doch seltsamerweise glitt sie nicht das Seil entlang weiter, obwohl seine Bahn abschüssig war.  
    Inmitten eines wirbelnden Kaleidoskops von zersplitterten Eindrücken, nach ihm stochernder Klingengarben, wütend grimmassierender Gesichtern, eigenen Ausweichmanövern, suchte er einen genaueren Blick auf die Rollenkonstruktion, die das Gestell am Seil hielt, zu werfen. Da! Da war ein Feststellhebel, der das Seil gegen die Rolle festklemmte.  
    Er kletterte, stemmte sich weiter hoch, stach mit dem Schwert, um seine wahren Absichten zu verbergen, noch wilder, noch ungestümer als bisher zu. Klirren, Schreie, Scharren und Gehake von Klingen, zerrissenes Gebrüll. Er visierte sein Ziel an und stieß zu. Eine von oben geführte Klinge durchbohrte den Uniformstoff seines Ärmels, streifte darunter aber nur seine Haut. Seine eigene Schwertspitze dagegen traf besser, direkt unten am Ansatz des Sperrhebels, glitt Widerstand findend seine Länge entlang. Ein Klacken.  
    Ein Ruck ging durch das Rahmengestell. Die Augen des Söldnervolks über ihm wurden groß. Sie sahen was geschah und schrieen aufgeregt in heiserem, grollenden Zungenschlag aufeinander ein. Er schwang sich um das ihnen abgewandt liegende Ende des Gestells, in die Bewegungsrichtung hinein. Das Gestell, trudelte, ruckte, gewann durch sein zusätzliches Gewicht an Fahrt. Er sauste regelrecht unter heftigem Schlingern das Kabel entlang. Ein lauer, staubdurchwebter Luftzug fuhr ihm ins Gesicht und durch das knappgeschorene Haar die Kopfhaut entlang. Unten vom Bretterboden, oben vom Laufgang her brüllten seine Angreifer hinter ihm her.
    Er wandte den Blick von ihnen ab, schaute voran. Wohin die Fahrt ging.
    Wohin transportierte man vorgehärtetes Diaphanum? (Er sah sich auf eine Reihe großer, weiter Bottiche zusausen, darüber eine ganze Reihe ähnlicher Gestelle, wie das, an dem er gerade hing.) Auf einem Rahmengestell … an einem Seilzug … zu den Härtungsbottichen.
    Direkt in die Härtungslauge!  
    Härtungslauge! In dem Zeug würde er verrecken.
    Die Rollen und Ketten klirrten, die Seile spannten sich mit trockenem Schnalzen – wie ein Geschoss sauste er an dem Gestell in Richtung der Bottiche.
    Die Schreie seiner Angreifer hinter sich, kalkulierte er seine halsbrecherisch, schlingernde Schussfahrt. Über den Bottichen, dort war das Seil zu Ende. Mitten über den Bottichen. Selbst wenn er sich beim Aufprall halten konnte … Die Bottiche waren zu groß, als dass er mit einem Sprung, mit hin und her schwingen …
    Runter! Einfach runter!
    Besser menschliche Gegner als eine Lauge, die ihm Haut, Knorpel, Nase, Lungen, wo immer sie eindrang, erbarmungslos und rasend schnell wegfraß. Ein grausiger Tod – er hatte die Geschichten gehört.
    Kaum Zeit, Geschwindigkeit, Flugbahn, mögliche Hindernisse abzuschätzen. Die Bottiche sausten ihm rasend schnell entgegen. Er sah schon die trüb reflektierende Brühe in ihrem Innern. Im Schlingern seiner wilden Fahrt stieß er bereits an andere wartende Metallrahmen, die klirrten, rasselten.
    Er sprang. Statt eines Stoßgebets packte er kurz und fest den ihm um den Hals baumelnden Valkaersring, der ihm im Flug zufällig in die Finger geriet. Krachte scheppernd in eine Reihe von leeren Metallgestellen hinein, sah Metallhaken, vorspringende Stangen ihm entgegen rasen, riss die Arme schützend vor Kopf und Augen, prallte ab. Fiel mit dumpfem Aufprall auf rohe Dielenbretter.
    Er stemmte sich hoch. Wahrscheinlich nichts gebrochen. Um ihn hing aufgewirbelter Staub wie Mehl in der Luft. Da standen sie.
    Drei Männer mit kurzen, geraden Zwillingsschwertern: seine ersten drei Angreifer, da waren sie wieder. Sie standen still wie Säulen, die Schwerter gesenkt, kurze graue Gewänder von strengem Schnitt fielen glatt um ihre Gestalten. Sie verharrten still für einen Moment, wie Erscheinungen in der staubdurchflirrten Luft.
    Dann hoben sie ihre Schwerter in synchroner Geschwindigkeit, doch in unterschiedlichen, aufeinander abgestimmten Bahnen. In der dem Vorgang innewohnenden fließenden Eleganz erschien die bewegliche Konfiguration ihrer Klingen wie ein in die Luft geschriebenes, komplex ineinander greifendes Ornament.
    Und in diesem Moment wusste er, was sie waren.
    Quâ-tsunja. Offensichtlich keine Meister, denn sonst wäre er schon tot.  
    Er hatte von dieser Kampflehre erzählen gehört, und von dem Orden an den Küsten der

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