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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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schufen.
    „Den Paten unserer Webschaften, Bogenfall des Lichts , hast du bereits kennengelernt“, sagte Darachel. „Er ist unter den Silaé das, was man in den weltlichen Begriffen unserer Rassen wohl als einen großen Forscher bezeichnen würde.“
    „Aszendierte, aus der physischen Welt aufgestiegen?“, hatte er Darachel gefragt. „Was heißt das? Werdet ihr dadurch zu so etwas wie Göttern?“
    „Nein“, hatte der Ninra geantwortet, „so schnell wird man nicht   zu einem Gott“, und hatte dabei milde gelächelt. „Aufgestiegene werden zu Kleinen Geistern oder Webenden Geistern der Nahen Hierarchien.“
    Und Auric hatte an die Großen Geister und Wachtmahre der Kinphauren denken müssen. Es gab da draußen in den Geisterreichen, so schien es ihm immer mehr, eine wimmelnde, unheimliche Welt. Er sprach Darachel darauf an.
    „Die Menschen sprechen von Elfen, Engeln, Dämonen, Göttern und Drachen“, entgegnete ihm Darachel. „Das sind nur vereinfachende Konzepte der Menschen, ihr begrenzter Blick auf etwas, das wesentlich komplexer und uneindeutiger, abgeschatteter ist. Es gibt mehr Wesen und vielfältigere Wesen als deine Sippe sich vorstellen kann. Es gibt die Lebenden Worte und die Großen Gedanken, die zwischen den Schleiern herumstreifen und mindestens so sehr Wesen sind wie du und ich.“
    Vieles andere noch hatte Darachel ihm erzählt, von Zwischenschichten und Schattenschichten und Mittlerschichten, den verbindenden und übergreifenden Bereichen von materieller Welt und Geisterland, von dem was ihre kleine Gemeinschaft erforschte und übte und was sie mittlerweile in Ermangelung einer besseren Bezeichnung Magie nannten. Hier horchte Auric auf. Von Magie konnte er ihnen etwas erzählen. Darachel hörte ihm dabei aufmerksam zu.
    Dann waren sie eine Weile schweigend nebeneinander gegangen. Jeder von ihnen hatte für sich über das Gesagten nachgedacht. Sie kamen auf ihrem Weg zurück an eine Kluft, an der die Haupmasse von Himmelriff ihnen gegenüber lag. Glatt und senkrecht stiegen die Mauern jenseits der jähen Leere des Sturzes vor ihnen an, Turmpfeiler teilten den Himmel dahinter in Streifen von frostigem Blau.
    Der Schnee war geschmolzen, doch die Luft war immer noch kalt, und über den Abgrund schlug ihnen ein beißender Wind entgegen. Die Gipfel der Drachenrücken hinter ihnen trugen weiße Kappen von Schnee, die sich tief die Hänge herabzogen. Was mochte jetzt jenseits der Barriere dieser Bergkette vor sich gehen?
    Ein Weile blieben sie, jeder seinen Gedanken nachhängend, in diesen Anblick versunken.
    „Was sind das für Spannungen, die es zwischen eurer Gemeinschaft und einigen der Enthravane gibt“, fragte er schließlich den Schulter an Schulter neben ihm stehenden Ninra. „Was gibt es da für eine Kontroverse?“
    Darachel blickte auf, sah ihn an, schaute wieder leeren Blickes in den Abgrund zurück.
    „Man wirft uns vor“, sagte er, „man wirft besonders mir vor, dass ich mich nicht genügend an den Aktivitäten, die mit unserer Aszension verbunden sind, beteilige. Dass ich den Dingen dieser Welt zu viel Interesse entgegenbringe. Statt mich ganz der Verwandlung und dem Fortgang in die geistige Welt zu widmen.“
    Auric sah zu Darachel hinüber, sah, wie sein Blick sich in der Leere des tiefen Sturzes zu ihren Füßen verlor.
    „Dass ich diese Welt gar nicht verlassen will.“
    Interesse an den Dingen dieser Welt? Wenn Auric an die vielen neugierigen Fragen der Gemeinschaft, die sich um Darachel, Bruc und die anderen gebildet hatte, dachte, an das, was er sie lehrte, wie begierig sie das alles in sich aufnahmen, dann war dieser Vorwurf wahrscheinlich nicht so ganz aus der Luft gegriffen.  
    „Und?“, fragte er Darachel. „Willst du diese Welt verlassen?“
    Der Ninra schwieg. Er schwieg eine lange Zeit.

    Darachel blickte in die Tiefe zwischen dem Felsensturz der Landbruchklippe und der Hauptmasse von Himmelsriff. Sein Blick verlor sich in der Tiefe, und Auric, der schweigend, wartend neben ihm stand, war vergessen. Stattdessen traten Bilder und Worte eines Gespräches, das er mit Bruc, Cedrach und Siganche geführt hatte, in seinen Geist.
    „Wir sind eine eigene Gemeinschaft, ein Zirkel, natürlich sind wir das. Eine Gemeinschaft, die sich vom Rest unserer Gemeinschaft absetzt. Es zu bestreiten, hieße, die Wahrheit zu verleugnen.“
    Die Umgebung versank, er hörte seine eigene Stimme, die der anderen in seiner Erinnerung.
    „Schließlich nennen wir uns untereinander

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