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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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hätte er ihre Mimik gelesen.

    Ja, sie fanden hinaus. Irgendwie fanden sie wieder aus dem unterirdischen Labyrinth der Katakomben heraus.  
    Teils, weil der letzte Teil des Weges sich in ihre Erinnerung eingebrannt hatte und im Prinzip recht simpel war, teils, weil ab einem bestimmten Punkt die eingeritzten Wegmarken sie auf ihrem eigenen Weg zurück führten. Sie fanden auf dem Rückweg die traurig verkohlten Überreste ihrer Mitstreiter, die später zu bergen sein würden, doch auch jetzt entdeckten sie keine Spur von denen, deren Verfolgung sie ursprünglich in die Tiefen der Katakomben gelockt hatte.
    Wieder im oberirdischen Teil der Jenemandischen Kapelle angelangt, trafen sie auf den Rest der Einsatzgruppe der Kutte. Wer von den Attentätern nicht hatte fliehen können, war von ihnen entweder im Kampf getötet oder gefangen genommen worden.
    Kelams Befürchtungen bestätigte sich. Niemand der Gefangenen schien nach einer ersten Befragung über die Hintergründe des Anschlags Bescheid zu wissen. Die Quâ-tsunja waren ihre Anführer und Köpfe bei der Ausführung der Aktionen gewesen, so sagten sie, und hatten auch als einzige Kontakt mit den Auftraggebern gehabt. Es handelte sich um die gleiche Bande von Söldnern, die auch schon Auric in der Diaphanum-Manufaktur einen Hinterhalt gelegt hatte.  
    Zumindest etwas, was eindeutig schien und wenig Rätsel aufgab.

Ausblicke

    Es war das erste Mal, dass Auric Himmelsriff so nah von außen sah.
    Das einzige Mal zuvor, dass er die Feste der Ninraé von außen gesehen hatte, war das von fern gewesen, weit weg, auf einer schroffen Klippe, die das Land durchschnitt, leicht im Dunst verschwimmend. Damals, als er, geplagt von der aufgebrochenen Wunde, die ihm sein Vater beigebracht hatte, durch das Irrlichtland gewandert war.
    Ein Schiff mit Masten, das aus einem Felsriff ragt, in die Klippen der Erde gebaut. So hatte es ein Geist, der an der Schwelle des Todes zu ihm gekommen war, genannt.
    Von nahem war der Anblick der Türme und Bastionen schlichtweg überwältigend. Er warf ihn um, nahm ihm den Atem, erschütterte ihn mit seiner Wucht.
    Kaum, dass er an der Seite von Darachel aus dem Tor heraus auf die Brücke über den ersten Abgrund trat, blickte er sich um, legte den Kopf in den Nacken, schaute nach allen Seiten, und der Anblick erschlug ihn förmlich. Unter ihm gähnende Leere, ringsumher überall schroffe, glatte Klippen, welche die Zeichen bewusster Gestaltung trugen, steil fallende Wände, Erker, Türme. Stalagmiten und Wasserfälle aus Felsgestein.
    Solche Massen von Stein. Solche Durchgestaltung. Solche Wucht der Formen.  
    Solche Anmut.
    Er überquerte mit Darachel auf der Brücke den Abgrund, und jetzt erkannte er größere architektonische Zusammenhänge. Bei Thyrin, ein gewaltiges Riff aus Stein. Wahrhaftig, Himmelsriff, der Name war keine Anmaßung. Abgrund und dagegen Fels und Türme, die den Himmel eroberten.
    Auf ihrem Weg zum Plateau musste er sich immer wieder umblicken. Obwohl die Bilder die er sah, mit den Eröffnungen konkurrieren mussten, die Darachels Rede vor ihm ausbreitete, schwanden sein Staunen und seine Ehrfurcht vor der Großen Feste der Elfen dabei nicht.
    Vielleicht hatte ihn der Ninra auf diesen Ausflug mit hinausgenommen, weil ihm das Sprechen über diese Dinge gegenüber einem Menschenmann innerhalb der Mauern von Nincavaer ungehörig vorkam, als das Brechen eines Geheimnisses; vielleicht befürchtete er aber auch, dass, wenn er diese Dinge im Innern der Feste aussprach, davon etwas sich in den Gemäuern festsetzen und zu jemandem gelangen konnte, der davon nichts wissen sollte.
    Und Darachel sprach zu ihm von wirklich ungeheuerlichen Dingen, von denen sich zwar einige schon vorher in ihren Gesprächen angedeutet hatten, die aber so klar ausgesprochen, eine ganz andere Wirkung auf ihn hatten.
    Dass die Ninraé eine uralte Rasse waren, die dabei waren, diese materielle Welt zu verlassen. Dass es unter den Ninraé Enthravane gab, die in dieser Entwicklung schon weiter voran geschritten waren. Dass es die Verwandelten gab, die sogar noch weiter aufgestiegen waren, so weit, dass sie nicht mehr in der physischen Welt wohnen konnten und deren geistige Erscheinungen schon nichts mehr von menschlichen Maßstäben hatte. Dass es Patenwesen gab, die den Ninraé in dieser Aszension vorausgegangen waren, und ihnen bei ihrer Verwandlung halfen. Dass sie alle zusammen in einem Geisterreich eine neue Heimstatt für die Rasse der Ninraé

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