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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Blutdruck.
    »Sogar Gefängnisse haben einen Besucherraum«, fuhr ich sie an. »Gibt es hier nicht irgendeinen Bereich, wo ich wenigstens durch eine Glasscheibe mit ihr sprechen kann?
    Oder kann sie nicht wie Sie einen Anzug anziehen und hier hereinkommen?«
    Natürlich bedurfte es für all das mal wieder der Genehmigung des Colonels, der entschied, es sei die einfachste Lösung, wenn ich mich mit einer HEPA-Filtermaske vorm Gesicht in die Besucherkabine setzte. Diese befand sich in der Forschungsabteilung, in der mit neuen Impfstoffen experimentiert wurde. Die Schwester führte mich durch einen Aufenthaltsraum der Sicherheitsstufe 3, in dem freiwillige Probanden Tischtennis und Billard spielten oder Zeitschriften lasen und fernsahen.
    Dann öffnete sie die Holztür zur Kabine B, und auf der anderen Seite der Glasscheibe in einem nicht kontaminierten Teil des Gebäudes saß Janet. Gleichzeitig nahmen wir beide den Hörer der Gegensprechanlage ab.
    »Ich kann das alles gar nicht glauben«, war das erste, was sie sagte. »Geht es Ihnen gut?«
    Die Schwester stand immer noch hinter mir in der Kabine, die etwa so groß war wie eine Telefonzelle. Ich drehte mich um und bat sie zu gehen. Sie rührte sich nicht von der Stelle.
    »Hören Sie«, sagte ich - mir platzte langsam der Kragen -, »das ist ein Privatgespräch.«
    Ihre Augen funkelten zornig, doch sie ging und schloß hinter sich die Tür.
    »Ich weiß nicht, wie es mir geht«, sagte ich in den Hörer. »Aber ich fühle mich nicht allzu schlecht.«
    »Wie lange dauert denn so was?« Angst stand in ihren Augen.
    »Im Schnitt zehn Tage, höchstens vierzehn.« »Na, das ist doch gut, oder?«
    »Ich weiß nicht.« Ich war deprimiert. »Kommt drauf an, womit wir es hier zu tun haben. Aber wenn ich in ein paar Tagen noch gesund bin, lassen sie mich wohl gehen, nehme ich an.«
    Janet sah in ihrem dunkelblauen Kostüm sehr erwachsen und hübsch aus. Die Pistole unter ihrer Jacke fiel kaum auf.
    Ich wußte, daß sie nicht allein gekommen wäre, wenn nicht irgend etwas im argen lag.
    »Wo ist Lucy?« fragte ich.
    »Na ja, wir sind beide mit der Squad 19 hier in Maryland, in der Nähe von Baltimore.«
    »Geht es ihr gut?«
    »Ja«, sagte Janet. »Wir versuchen immer noch auf AOLbeziehungsweise UNIX-Ebene die Mails zurückzuverfolgen, die Sie bekommen haben.«
    »Und?«
    Sie zögerte. »Ich glaube, der schnellste Weg, ihn zu schnappen, ist online.«
    Ich runzelte verblüfft die Stirn. »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz ...«
    »Ist dieses Ding eigentlich unbequem?« Sie starrte auf meine Maske.
    »Ja.«
    Schlimmer fand ich, wie ich damit aussah. Dieser scheußliche Filter bedeckte mein halbes Gesicht wie ein Maulkorb und stieß beim Reden ständig an den Hörer.
    »Online könnt ihr ihn doch nur schnappen, wenn er mir weitere Nachrichten schickt?«
    Sie öffnete eine Aktenmappe. »Soll ich sie Ihnen vorlesen?«
    Ich nickte, und mir schnürte sich der Magen zusammen.
    »Mikroskopisch kleine Würmer, sich vervielfältigende Fermente und Miasma«, las sie vor.
    »Wie bitte?« sagte ich.
    »Das ist alles. Heute morgen per E-Mail abgeschickt. Die nächste kam heute nachmittag. Sie leben, aber alle anderen werden sterben. Und dann, etwa eine Stunde später: Menschen, die anderen etwas wegnehmen und sie ausbeuten, sind Makroparasiten.
    Sie töten ihre Wirte. Alles in Kleinbuchstaben und mit Leerzeichen anstelle von Kommas.« Sie sah mich durch die Glasscheibe hindurch an.
    »Klassische Medizinphilosophie«, sagte ich. »Geht zurück auf Hippokrates und andere Heilkundige der westlichen Welt und ihre Theorien über die Ursachen von Krankheiten. Die Atmosphäre. Sich reproduzierende giftige Partikel, die bei der Zersetzung organischer Materie entstehen. Mikroskopisch kleine Würmer und so weiter. Und dann gibt es ein Werk des Historikers McNeill über die Interaktion zwischen Mikro- und Makroparasiten und wie deren Studium zum besseren Verständnis der Evolution der Gesellschaft beitragen kann.«
    »Dann hat deadoc eine medizinische Ausbildung«, sagte Janet.
    »Außerdem klingt das Ganze wie eine Anspielung auf diese seltsame Krankheit.«
    »Davon konnte er nichts wissen«, sagte ich, doch gleichzeitig keimte in mir eine neue, schreckliche Befürchtung auf. »Wie sollte er?«
    »Es stand etwas darüber in der Zeitung«, sagte sie.
    Wut packte mich. »Wer hat denn diesmal nicht dichtgehalten? Sagen Sie bloß nicht, Ring weiß Bescheid.«
    »In der Zeitung stand nur, daß Sie einen

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