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Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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sie nicht sagen. Sie nickte einmal, doch sie fühlte sich befangen, da sie nach wie vor vollkommen orientierungslos war. Sie hatte das Gefühl, als treibe sie auf dunstverhangenen Wassern, ganze Abschnitte des rettenden Ufers waren von Nebelbänken verdeckt, andere wiederum ließen sich unerwartet klar betrachten. »Ja«, sagte sie dann, als sie zumindest dieses eine sicher zu wissen glaubte. »Ich heiße Haven.«
    Der Mann nickte kurz und gab sich mit dieser Antwort offensichtlich zufrieden. »Bevor wir Cornwall verließen, habe ich in dem Dorf Erkundigungen über Euch eingezogen. Die Leute dort sagten mir, wer Ihr seid und dass Ihr Euch auf Kräuter versteht. Sie sagten auch, Ihr habet Lady Greycliff oft mit Heilkräutern ausgeholfen.«
    Vor ihrem geistigen Auge blitzte ein Bild auf: das Gesicht einer Frau, hübsch, aber von Schmerzen verzerrt; bleich hob es sich von dem kastanienbraunen Haar ab. Sie saß auf der Kante eines großen Bettes, hielt sich die Hände an die Schläfen und vermochte kaum zu sprechen, da ihr Kopf so stark schmerzte. Haven erinnerte sich, dass sie der Frau einen Beutel mit Kräutern gereicht und ihr erklärt hatte, wie diese Kräuter aufgegossen werden mussten, um die häufig auftretenden Beschwerden zu behandeln. Da endlich fiel ihr auch wieder der Name der Dame ein.
    »Elspeth«, wisperte sie.
    »Ganz recht.« Der Mann fing erneut ihren Blick ein und wartete offenbar auf weitere Erklärungen. »Also wart Ihr mit Elspeth bekannt.«
    Haven nickte, eine kurze, aber schmerzvolle Bewegung, denn ihr Kopf war wie eine Zentnerlast auf ihren schmalen Schultern. »Ich kannte sie, ja. Sie war … freundlich zu mir.«
    »Wisst Ihr, was Elspeth und ihrer Familie widerfahren ist? Kanntet Ihr auch ihren Gemahl Rand? Wart Ihr in jener Nacht dort … «
    »Kenrick«, unterbrach ihn seine Schwester, als er Haven mit weiteren Fragen bedrängen wollte. »Ich bitte dich, halt dich noch ein wenig mit deinen Fragen zurück. Siehst du denn nicht, dass Haven vollkommen erschöpft ist? Es ist das erste Mal, dass sie bei klarem Verstand ist, seitdem du sie vor vier Tagen hergebracht hast.«
    »Und seit vier Tagen warte ich nun schon auf Antworten.«
    »Ich glaube nicht, dass ein Tag mehr einen Unterschied machen wird.«
    »Dir ist doch hoffentlich bewusst, um was es hier geht, Ariana?«
    »Ja, gewiss, das weißt du doch. Aber deine Freunde werden nicht wieder lebendig, wenn du diese Frau mit Fragen bedrängst. Und es wird dir auch keine neuen Erkenntnisse über … « Plötzlich unterbrach sie sich, als müsse sie sich auf die Zunge beißen, um nicht zu viel preiszugeben. Sie warf einen Blick auf Haven. »Lasst Euch bitte nicht von meinem Bruder beunruhigen. Hat der Schmerz in der Schulter inzwischen ein wenig nachgelassen?«
    »Ja«, murmelte Haven, doch sie musste immerzu an die Zeitspanne denken, die wie ein weißer Fleck in ihrer Erinnerung war: Tage, in denen sie den Fremden ausgeliefert gewesen war. Vier Tage? Der lange Zeitraum beunruhigte sie. Nichts hatte sie bewusst wahrgenommen, alles schien verschwommen und unentwirrbar, gar nichts hatte sie behalten. Steile Falten zeichneten sich zwischen ihren Brauen ab. Alles, was sie hörte und sah, verwirrte sie – kaum etwas konnte sie einordnen. »Und Ihr … habt mich während der ganzen Zeit gepflegt?«
    »Ich habe getan, was in meiner Macht stand, aber ich fürchte, dass ich noch viel in der Kunst des Heilens lernen muss.«
    »Ihr habt mich gerettet.«
    Lady Ariana schenkte ihr ein warmes Lächeln, als sie Havens Hand drückte. »Nicht ich. Der Dank gebührt Kenrick. Wenn jemand Euch gerettet hat, dann war er es.«
    Nicht möglich, dachte Haven und blickte ungläubig in seine starre Miene. Die eisblauen Augen musterten sie genau, sahen sie abschätzend an, dessen war sie sich sicher. Kenrick war ein Abbild strenger Selbstbeherrschung, das konnte Haven an den grüblerischen Falten auf seiner hohen Stirn und den scharfen Linien um seinen festen Mund erkennen. Alles und jeden schien er beurteilen zu wollen.
    Die Vorstellung fiel ihr schwer, dass dieser Mann, der nun so stoisch dastand und sie mit stummen Blicken maß, sie vor dem sicheren Tod bewahrt haben sollte. Haven konnte in diesen ansprechenden Zügen keine Gnade ausmachen, keine Nachsicht in dem undurchschaubaren Wesen dieses Ritters. Alles, was sie sah, war kühle Berechnung.
    »Man hat auf Euch eingestochen«, stellte er mit grimmiger Miene fest. »Der Wunde nach zu urteilen geschah es vor mehr als

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