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Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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dem seltsamen Raum umzusehen, in dem sie lag. »Ihr seid noch zu geschwächt vom Fieber und der Wunde … «
    »Geschwächt vielleicht, aber zum Glück ist sie bei Bewusstsein. Das genügt mir schon.«
    Eine tiefe männliche Stimme drängte sich vom anderen Ende des Gemachs herübertönend in das Gespräch. Dort auf der Schwelle stand ein Mann, ihren Blicken jedoch noch entzogen. Allerdings verweilte er nur kurz an der Tür und betrat den Raum dann mit langen Schritten. Dumpf hallten Stiefelabsätze in der Stille nach. Langsam schob er sich am Ende der Bettstatt in ihr Blickfeld, breitschultrig, mit goldenem Haar, die blauen Augen argwöhnisch verengt. Er kam ihr nicht unbekannt vor, und sein durchdringender Blick schien sie an einen ganz bestimmten Ort zu erinnern, der ihr im Augenblick jedoch entfallen war.
    »Kenrick«, sprach die Dame, als sie das Tuch erneut in die Wasserschale tauchte. »Sei vorsichtig, Bruder, und bitte sprich leiser. Dies ist eine Krankenstube und kein Burghof.«
    Er gab einen unwirschen Laut von sich und schaute ernst und nachdenklich drein, beinahe skeptisch. »Du solltest mich rufen, sobald sie erwacht, Ana.«
    »Aye, und das hätte ich auch getan«, erwiderte die blonde Frau gleichmütig und ließ sich von der Ehrfurcht gebietenden Gegenwart ihres Bruders offensichtlich nicht einschüchtern. »Aber sie ist eben erst zu sich gekommen. Wir sollten sie jetzt nicht mit Fragen bestürmen. Was sie braucht, ist vor allem Ruhe.«
    Sein Blick senkte sich tief in ihre Augen. »Ich brauche aber Antworten.«
    Er trat an das Fußende des Himmelbetts und blieb zwischen den beiden gedrechselten Pfosten stehen. Die Arme vor der Brust verschränkt, beherrschte er so beinahe die gesamte Breite der Bettstatt. Sein Hochmut und der nur dürftig zurückgehaltene Zorn schienen das gesamte Gemach zu erfüllen.
    Er starrte sie an, musterte sie eindringlich und bestätigte sie dadurch nur in ihrer Befürchtung, dass die Gefahr, die sie in ihren Fieberträumen durchlebt hatte, jetzt umso wirklicher war – nun, da sie wach war und sich der Gefahr stellen musste.
    Sich ihm stellen musste.
    Der Drang zu fliehen war ungebrochen und wurde umso schlimmer, je länger sie sich den durchdringenden blauen Augen dieses argwöhnischen Mannes ausgesetzt sah.
    Entmutigt und wachsam richtete sie die Aufmerksamkeit nach innen. Für sie war das eine Art Ritual, eine beinahe selbstverständliche Maßnahme, um ihre Sinne zu schärfen und neue Kraft zu schöpfen, die tief in ihr schlummern musste. Im Stillen wandte sie sich flehend an diese Kraft, suchte verzweifelt nach einem Anhaltspunkt, der ihr sagte, wer sie war und wo sie sich befand … Sie brauchte irgendetwas, das ihr helfen konnte, Licht auf dieses seltsame Erwachen zu werfen.
    Zu ihrem Schrecken fand sie kaum etwas, um ihren wirren Geist zu beruhigen.
    All die Dinge, die auf sie einwirkten, schienen unerreichbar vor ihren Augen zu tanzen – selbst ihr Erinnerungsvermögen schwebte dunkel und verschwommen am Rande ihres Bewusstseins. Sie war sich nur einer einzigen Sache sicher: Was auch immer ihr die Frau einzureden versuchte, sie durfte sich auf keinen Fall in Sicherheit wiegen. In ihrem geschwächten Zustand war sie verletzlich und wehrlos, eine Erkenntnis, die ihre Unruhe noch steigerte.
    Verzweifelt begehrte sie gegen ihren schlaffen Körper auf, versuchte ihre Gliedmaßen zu bewegen, doch es war alles umsonst. Die Bettdecke drückte sie nieder, als sei die pelzbesetzte warme Wolle, die sie einhüllte, zusätzlich mit Gewichten beschwert.
    Ihr Nacken war steif, und ein stechender Schmerz durchzuckte sie, als sie den Kopf anzuheben versuchte. Ihre Schulter schmerzte bei der Anstrengung, es war ein quälendes Pochen, das sie vorsichtig werden ließ. Erstaunen erfasste sie.
    »Ich bin verletzt.«
    »Ja«, sagte die junge Frau an ihrer Seite, »aber Eure Wangen sehen heute schon etwas frischer aus. Das Fieber hat nachgelassen, Haven. Ihr seid auf dem Weg der Besserung.«
    »Haven?«
    »Das ist doch Euer Name, oder nicht?« Es hätte wie eine höfliche Frage klingen können, aber aus dem Munde des Mannes bekamen die Worte einen anklagenden Unterton. »Ihr seid doch die Frau, die Haven genannt wird?«
    »Haven«, wiederholte sie und lauschte dem Klang des Namens, der ihr mit einem Mal vertrauter vorkam als alles andere in dem Zimmer. Sie starrte den Mann an, bereit, ihm weiter zuzuhören. Wie sie den Fremden in ihrer gegenwärtigen Lage allerdings einordnen sollte, konnte

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