Der Kelim der Prinzessin
vorgespielter Ruhe - dieser Kriegshetze einen Riegel vorzuschieben. »Das Königliche Paar!«, rief er, allerdings nun sichtbar erregt, und es war auch kein sehr sachliches Argument. »Die Installation von R05 und Yeza als Friedenskönige macht diesen Sinn!« Der alte Haudegen war von seiner Sicht der Dinge überzeugt. »Wir werden in Syrien viel, genug zu tun haben, um ihre Friedensherrschaft im Sinne der pax Mongolica zu festigen - «
Sein eigener General war es, der ihm in die Ferse biss. »Als Feigheit wird es uns ausgelegt werden«, schnaubte Sundchak, »als Schwäche!«
»Wir werden jeden Angreifer eines Besseren belehren!«, blaffte der Alte zurück.
Hulagu wischte alle Diskussionen beiseite. »Es bleibt dabei: Damaskus und Inthronisierung des Königlichen Paares! Herr Yves wird für dessen Vereinigung sorgen, er erhält von Euch, Kitbogha, dazu alle nötigen Vollmachten und Mittel!«
»Ich bitte Euch, Herr Yves«, ließ sich jetzt auch die Dokuz-Khatun mit ihrer weinerlichen Stimme vernehmen.
»Sorgt dafür, dass die Kinder endlich zur Vernunft kommen!«
Yeza wollte empört aufspringen, fühlte aber die starke Hand des Bretonen auf ihrer Schulter, die sie niederdrückte in ihren Sitz.
Der Armenier hatte die Szene beobachtet. »Schade«, wandte er sich grinsend an den Il-Khan, »dass ich keinen Sohn habe! Da wäre das Problem schon erledigt.«
»Wäre der wie Ihr«, diesmal hielt Yeza nicht an sich, »hätte ich ihm längst die Kehle durchgeschnitten!«
Alle lachten, und die Versammlung löste sich auf.
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Aus der Chronik des William von Koebr uk
Als der Abend über Damaskus hereinbrach, begab ich mich durch die festliche Menge zur Tribüne, unweit des Thronpodests, wo es mir durch Vermittlung des Baouab gelang, der völlig überfordert und erschöpft jetzt auch noch den Zeremonienmeister gab, einen guten Platz zu ergattern. Der Trencavel und seine Freunde - zu denen ich offensichtlich nicht mehr zählte, jedenfalls hatte mich keiner aufgefordert, ihn zu begleiten - hatten sich hinaus aus der Stadt begeben. Wir warteten alle auf den Einbruch der Dunkelheit. Nach dem Ruf des Muezzins zum salat al maghreb, dem Abendgebet, und nachdem sich alle freudig gen Mekka verneigt hatten, fiel die Dämmerung rasch, und die Spannung wuchs. Dann hörte man vereinzelte Hochrufe von der Decumana
aufbrausen, die ersten Feuerwerkskörper zischten voreilig in den samtblauen Abendhimmel. Der Jubel schwoll an, brandete wild auf, als vorweg die Armenier, dann die Ritter aus Antioch im scharfen Trab zwischen den Gittern in den Festplatz einbogen. Ihnen folgte - umgeben von seinen vier Okzitaniern, denn Berenice, wie stets als Ritter verkleidet, gehörte dazu - schließlich der Held des Tages, »König Roc Trencavel«!
»El Malik! El Malik!«, schrie das Volk hinter den Sperrgittern.
Doch genau dann, erst nur undeutlich erkennbar im nun prasselnd einsetzenden Feuerwerk, ertönten laute Entsetzensschreie, die wie eine Springflut auf den Großen Platz schwappten: Der Elefant tobte trompetend und sich schüttelnd, mit fauchenden Raketen bestückt hinter den Vorausziehenden her. Selbst an seinem Schwanz hatte man dem Tier eine brennende Fackel befestigt. Die Okzitanier sprangen von ihren Pferden und schwangen sich über die Holzbrüstung, um sich vor den wütend schwingenden Stoßzähnen zu retten. Roc stürzte aus seinem Sattel, blieb im Steigbügel hängen, sein Pferd konnte nicht durchgehen, weil die Gäule der Okzitanier ihm den Weg versperrten, kein Mensch konnte den am Boden liegenden Trencavel jetzt noch vor den wie riesige Baumstrünke vorwärts stampfenden Füßen des ver-320
ängstigten Tieres retten, da warf sich Berenice dem tobenden Koloss entgegen. Sein Rüssel packte sie, hob ihren schlanken Leib empor, der Helm fiel ihr vom Haupt, das wallende Haar für einen kurzen Augenblick freigebend, bevor er sie zu Boden schmetterte. Nur das Knattern der Raketen ersparte unseren Ohren das grässliche Knacken der Rüstung unter dem Fuß des Elefanten. Der auftosende Schrei des Entsetzens überdeckte die Ohnmacht derer, die es aus nächster Nähe mit ansehen mussten. Ich hatte mich abgewendet...
DIE MONGOLEN LAGERTEN immer noch bei Baalbek. Spione in das nunmehr feststehende Ziel Damaskus
zu entsenden, um sich ein Bild von der Lage in der Stadt und von der Stimmung der Bevölkerung zu machen, hielt die Heeresführung für nicht erforderlich. Hulagu befahl dem General Sundchak, das Heer im von ihm vorgegebenen
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