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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Flucht geschlagenen Roc Trencavel. Dem war der Schrecken offensichtlich derart in die Glieder gefahren, dass er sich bis zur Stunde nicht wieder nach Damaskus traute, obgleich jetzt die Mongolen zu seinem Schutz eingezogen waren und seine Königin auf ihn wartete. Oder vielleicht nicht einmal das? Gerüchten aus der Küche des Palastes zufolge, wollte sich die Prinzessin am morgigen Tage allein krönen lassen - wie viel lieber müsste es der jungen Frau und ihren Beschützern sein, wenn an ihrer Seite ein wahrer König Thron und Bett bestieg, einer, der dem Weibe ihre Grenzen wies und der den Mongolen ein zuverlässiger Bündnispartner zu sein versprach? So träumte sich Ali, lange wachliegend, in den kurzen Schlaf, der ihm bereits im ersten Morgengrauen die ersehnte Herrschaft bringen sollte. Die Idee, auch nur einen Gedanken an die Vorstellungen und Wünsche Yezas zu verwenden, kam dem zukünftigen Malik nicht, er sah sich schon als den neuen Sultan von Damaskus.
    Es war schon tief in der Nacht, als Khazar aufgeregt Einlass zum Flügel des Palastes begehrte, den die Prinzessin umgeben von ihrer Leibwache bezogen hatte. William eilte ihm schlaftrunken entge-347
    gen, aber Khazar bestand darauf, Yeza persönlich die Nachricht zu überbringen. William plusterte sich auf, verlangte wenigstens zu wissen, von wem die Botschaft käme, und brachte heraus, dass es »Lorenz von Orta«
    sei. William, weniger aus Argwohn, als um seine inquisitorische Schärfe zu beweisen, ließ sich den Mann beschreiben. Tatsächlich schilderte Khazar das Gewand des alten Franziskaners so genau, dass es für ihn keinen Zweifel gab, dass der Vertraute der Grande Maitresse diesmal Khazar als Boten erwählt hatte. Inzwischen war Yeza erwacht und auch Dungai zur Stelle. Vor Erregung fast stotternd, entledigte sich Khazar seines Auftrags, den der alte Mönch, der Khazar in größter Eile erschienen sei, vertraulich, aber dringend ans Herz gelegt habe: Die >Große Meisterin< - so habe Lorenz von Orta sich ausgedrückt, die in einem Kloster weile, aber Yeza nicht zu sprechen wünsche, »weil dem Roc Trencavel ein Unglück zugestoßen sei! Die Prinzessin solle sich sofort allein die Krone aufsetzen!«
    Yeza war ob dieser konfusen Nachricht völlig verstört. Sie verlangte sofort von Khazar, er solle sie auf der Stelle zum Kloster zur Grande Maitresse bringen, ob der das nun passte oder nicht! Dungai erklärte, nur er sei berechtigt - wenn überhaupt -, ihr das Verlassen des Palastes zu gestatten. Er würde jetzt Kitbogha wecken. Yeza verlegte sich auf flehentliches, dann tränenreiches Betteln, denn der Hauptmann wisse genau, dass sein Vorgesetzter es verbieten würde. Dungai ließ sich von den Tränen der Angst um den Liebsten erbarmen und beorderte nur eine wenige Mann starke Eskorte unter seiner persönlichen Führung. Ihm lag daran, alles Aufsehen zu vermeiden, außerdem würde man ja vor Tagesanbruch zurück sein, sodass der kleine Ausflug unbemerkt bleiben konnte. Dem ewig blauen Himmelszelt sei Dank, hatten der Oberkommandierende und Yves der Bretone am Abend dem Kumiz so reichlich zugesprochen, dass beide betrunken am Tisch des Kronsaales fest
    eingeschlafen waren und durchaus die Aussicht bestand, dass ihr Rausch weit in den Morgen andauern würde.
    So zog ein Trupp von grad' zwölf ausgesuchten Kämpfern, die Yeza und Dungai umringten, hinaus in die Nacht.
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    ALS ES ZU DAMASKUS IMMER HELLER WURDE und der Trupp um Yeza immer noch nicht
    zurückgekehrt war, beriet sich der besorgte Khazar mit William, und der rüttelte schließlich den Bretonen wach.
    Hellwach wurde Yves schlagartig, als er von der nächtlichen Eigenmächtigkeit des verantwortlichen Hauptmanns vernahm. Er knöpfte sich auf der Stelle den verdatterten Khazar vor und ließ sich nochmals den
    »Lorenz von Orta< beschreiben.
    »Silberweißes Haar?«
    Khazar zuckte die Schultern. »Die Kapuze reichte bis in die Stirn«, verteidigte er sich maulig.
    »Hinkte dieser Mönch?!«, stellte der Bretone sofort die Fangfrage.
    »Oh ja!«, bestätigte Khazar. »Ich sah es genau, als er sich eilends entfernte!« Yves wusste genug, er gürtete sein Schwert und verließ ohne jede Begleitung den Palast. Den Oberkommandierenden zu wecken, überließ er William und dem nun völlig bestürzten Khazar.
    Yves hatte das Kloster noch nicht erreicht, da sah er schon die Leichen der allesamt hingemetzelten Mongolen.
    Die Angreifer mussten im Dunkeln ein Netz über sie geworfen haben, denn dessen

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