Der Kelim der Prinzessin
Hinker jetzt als >Hochverrat< an der ägyptischen Sache vor. Der Schuft versuchte doch glatt, mich zu erpressen!« Der Rote Falke, wenn selbst auch kein Mameluk, so doch Sohn des vormaligen Großwesirs von Kairo, geriet keineswegs in Erregung, eher erzürnte ihn die Unverschämtheit. »Er verlangte von mir, zum Beweis meiner patriotischen Gesinnung, Yeza zu ermorden!«
Das war es also! Ich war erschüttert, Baitschu hell entsetzt. Der Emir wischte unsere sofort aufgestiegene Besorgnis mit leichter Handbewegung beiseite, wie verschütteten shai.
»Ich reagierte zu heftig, als ich ihn zum Teufel jagen, das heißt zur Hölle schicken wollte, der defekte Griff meiner Waffe versagte mir den Dienst. Naiman entkam - auf die Zitadelle!«
Ich schwieg betroffen, aber Baitschu raffte sich auf und überwand seine Hemmungen vor dem Fremden, der ihn ob seiner selbstsicheren, gelassenen Art außerordentlich beeindruckte. »Wenn der Kerl in Euch kein williges Instrument gefunden hat«, formulierte er altklug, »wird er es anderswo noch einmal versuchen.«
»Richtig!«, lächelte der Rote Falke ihm aufmunternd zu.
»Wir müssen sofort meinen Herrn Vater von der drohenden Gefahr benachrichtigen!«
Der Emir nickte ihm sein Einverständnis und trank seinen Tee aus.
Der Rote Falke legte keinen Wert darauf, im Palast zu erscheinen, und überließ uns die Übermittlung der bösen Nachricht. Im Kronsaal hatten sich der Feldherr Kitbogha, Yves der Bretone und der Baouab versammelt. Sie saßen um Yeza herum und redeten auf sie ein, dass sie sich für den nächsten Tag nicht nur zur Verfügung halten sollte, sondern auch für alles Volk sichtbar willig und würdig den Ritus der Inthronisierung des Königlichen Paares zu vollzie-343
hen habe, in einer Form, die das Fehlen des Trencavel vergessen lasse. Yeza machte schließlich eine freundliche Miene zum zweifelhaften Spiel und versteifte sich lediglich darauf, dass die Zeremonie keinesfalls auf dem Kelim stattfinden könne, den die Mongolen für besonders geeignet hielten. Während man noch darüber stritt, ob und welcher hohe Vertreter der christlichen Geistlichkeit dem Akt dieser Krönung ohne Krone eine besondere Weihe verleihen könnte, kreiste in Yezas Hirn nur ein Gedanke, wie sie sich dem Spektakel zu entziehen vermöchte, ohne ihre Freunde gänzlich zu verprellen. Da rief Baitschu, der bislang mit mir an der Tür stehen geblieben war, mit lauter Stimme seinem Vater zu:
»Die Mamelucken planen, die Prinzessin zuvor zu ermorden!« Kitbogha sah seinen Sprössling missbilligend an ob dieser Störung, so setzte ich hinzu:
»Ihre gedungenen Meuchelmörder weilen schon in der Stadt!«
Das löste die Versammlung schlagartig auf. Yeza wurde sofort von einem eisernen Kürass umringt! Die garde du corps unterstand dem Hauptmann Dungai. Mir gelang es nicht mehr, noch einmal zu ihr vorzudringen.
DIE ZITADELLE VON DAMASKUS füllte das nordwestliche Mauereck aus, sie lag auf einem natürlichen
Felsklotz und beherrschte zumindest auf den ersten Blick das Areal von der Großen Moschee bis zum Palast.
Hingeduckt zu ihren Füßen befand sich das Kloster der Zisterzienser. Aufgrund ihrer Lage wäre die Festung leicht zu isolieren, jedenfalls versicherte der Baouab dem besorgten Kitbogha, dass von ihr keine Gefahr ausginge, dafür sei die Garnison allemal zu schwach! Außerdem sei ihr Kommandant ein vernünftiger Mann, dem man nur eine gewisse Zeit lassen müsse, sich zu bedenken, in wessen Händen die Macht in der Stadt nun tatsächlich läge. Dem Oberkommandierenden war diese Lösung nur zu recht, denn ihm lag daran, die Bevölkerung freundlich zu stimmen, anstatt sie durch Anwendung von Gewalt gegen die Mongolen
aufzubringen, insbesondere im Vorfeld der anstehenden Inthronisierung. So befahl
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er seinem General Sundchak, der die Zitadelle sogleich erstürmen wollte, seine Truppen dort abzuziehen und sich auf Sicherung des Südteils der Stadt zu beschränken. Angriffe aus dem befriedeten Norden seien sowieso kaum zu erwarten.
Auf der Zitadelle hatte sich Ali verschanzt. Er konnte sich zum einen auf das Gelichter um Naiman stützen, das dort ebenfalls Zuflucht gefunden hatte, zum anderen auf die Freundschaft des Kommandanten. So schwach war die Besatzung der weiträumigen Festungsanlage übrigens nicht, aus dem Heer des Sultans und auch aus der Bürgerschaft hatten es viele vorgezogen, hier oben im Schutz dicker Mauern und gut bestückter Bastionen abzuwarten, wie sich die Dinge
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