Der Kelim der Prinzessin
schwöre Euch, wir wussten von nichts!«
Naiman ließ wieder sein meckerndes Gelächter ertönen. »Das erzählt doch bitte dem General Sundchak, der Euch in Bälde die Mauern dieser Stadt einreißen wird! Nach Recht und Blut ist der feine Herr Julian immer noch Titular von Sidon!«
Der Komtur schwieg betroffen, dieser windige Spion hatte wohl Recht. »Was könnte -?«
Naiman winkte ihn zu sich heran. »Ihr beherbergt doch in Euren Mauern jene Prinzessin?«
Ich hatte Yezas Namen - trotz des gezischten Flüsterns - deutlich genug gehört, auch wenn der Herr Marc de Montbard jetzt stammelte: »Der Preis ist mir zu hoch.«
Auf Zehenspitzen verließ ich die Bibliothek durch die Hintertür und rannte zu den Gemächern der Prinzessin.
Yves der Bretone hielt mich auf. »Die Prinzessin ist in Sicherheit!«, beschwichtigte er mich, der ich völlig außer Atem war.
»Qabat al-bahr?«
Der Bretone schwieg, das war auch eine Antwort. Ich ging zurück und traf Naiman alleine an. Wenn ich ein Assassine gewesen wäre oder überhaupt einen Dolch besitzen würde, hätte ich die Gelegenheit wahrgenommen und ihn getötet. Naiman musste es meinem Gesichtsausdruck wohl angesehen haben, denn er kicherte gleich los.
»Euch, William von Roebruk, für einen Giftmord zu dingen, wäre doch eine gute Idee!?«
408
»Mit größtem Vergnügen, Naiman, wenn Ihr das Opfer wäret!«
Das machte ihm Spaß, und er zahlte es mir mit gleicher Münze zurück. »Oder damit es Euch ergeht wie Eurem lieben Freund, dem von Euch so hoch verehrten > Roten Falken« Er ließ mich etwas zappeln wie einen aufgespießten Käfer. »Dem habe ich eine Grube gegraben, in die er diesmal fahren wird!« Er lachte böse.
»Seinen Kopf wird er verlieren, oder sein Hals wird etwas länger«, quälte er mich, »das hängt nur davon ab, in wessen Hände er innerhalb der Mamelucken-Hierarchie geraten wird!«
»Bislang«, begehrte ich auf, »hatte er noch immer des Sultans Ohr!«
»Bislang«, schlug Naiman zurück, »wusste der erhabene Qutuz auch nicht, dass der falsche >Prinz Konstanz von Selinunt< gegen die Interessen Ägyptens intrigiert, die christlichen Barone des so genannten Königreiches von Jerusalem gegen die Mamelucken aufhetzt und für die Mongolen wirbt! Ihr wart ja selbst in Akkon zugegen, William von Roebruk - «
Ich war empört über den feigen Denunzianten. »Ich werde als Zeuge gegen Eure Verleumdungen auftreten!«, rief ich und war auch bereit dazu.
»Zu spät, nichtsnutziger Bruder des Einfältigen von Assisi! Bis Ihr am Nil eintrefft, fressen Euren Freund schon die Würmer!«
»Der Rote Falke wird über Eure Niedertracht triumphieren!« Ich wollte mich von dieser schielenden Ratte nicht ins Bockshorn jagen lassen. »Außerdem hat er mächtige Freunde unter den Mamelucken - wie zum Beispiel den Emir Baibars, den berühmten >Bogenschützen< - übrigens auch ein alter Verehrer der Prinzessin Yeza!«
Naiman war des Lachens wohl müde. »Genau dem hat der erhabene Sultan den militärischen Oberbefehl anvertraut«, musste er mir zugeben.
»Seht Ihr, missgünstige Schlange Naiman!«, erstattete ich ihm seine Beleidigung zurück, »wie Eure teuflischen Pläne zunichte werden - «
Das eine Auge Naimans lächelte. »Damit die Verehrung des Königlichen Paares beim Emir Rukn ed-Din Baibars Bunduktari nicht
409
überhand nimmt, hat der kluge Sultan Qutuz den Sohn desselben Bogenschützen, den kleinen Mahmoud, als Geisel an seinen Hof genommen.« Ich sah seine gespaltene Zunge heftig züngeln. »Sonst könnte dem -
zugegebenermaßen - höchst gefährlichen Bogenschützen noch einfallen, Ro? und Yeza als Vizekönige in Syrien einzusetzen!« Das Schlangenauge sah mich durchdringend an. »Nicht jeder geniale Feldherr, und das ist Baibars zweifelsohne, muss auch ein begnadeter Politiker sein!« Sein Blick bekam etwas Stechendes, Kaltes, das mich ins Herz traf, mir schauderte. »So war auch Euer Roter Falke ein vom Glück oft begünstigter Abenteurer, meinetwegen auch ein Held - aber kein Geist, der dem meinen schlussendlich gewachsen!«
Ich fühlte mich elend in meiner Ohnmacht gegen so viel teuflische Bosheit. Naiman verließ, sein Bein nachziehend, den Raum als Sieger.
Kurz darauf erschien der Komtur der Templer in unserem Quartier auf der Festung im Meer und verlangte Yves den Bretonen unter vier Augen zu sprechen, meine Anwesenheit zählte nicht.
»Bitte kümmert Ihr Euch, Herr Yves«, sprach Marc de Montbard sorgenvoll, »dass die Prinzessin
Weitere Kostenlose Bücher