Der Kelim der Prinzessin
abzufinden. Die Prinzessin war nicht länger die beliebig verschiebbare Dame im Spiel der mongolischen Eroberer, wenngleich ihr bewusst sein musste, dass auch hinter dem Orden der Templer jene geheimnisvolle Macht stand, die es sich in den Kopf gesetzt hatte, Yeza mit Roc zum Königlichen Paar zu vereinen und zu herrscherlichen Würden zu verhelfen. Schon sah ich die unsichtbare Hand der Grande Maitresse bei allem im Spiel, was mit Yeza geschah, - es würde mich auch nicht wundern, wenn sich Yves der Bretone als Mitglied der mysteriösen Bruderschaft herausstellen sollte. Zumindest erschien er mir wie ein treuer Kettenhund, so wie er vor den Gemächern der Prinzessin wachte.
Der Großmeister des Tempels war kaum abgereist, zurück nach Akkon, da lief im Hafenbecken ein
Schnellsegler des Ordens ein. Das Schiff komme aus Ägypten hörte ich, was meine Neugier schürte, wenngleich es ein offenes Geheimnis war, dass die Templer mit Kairo - allen sonstigen Konfrontationen zum Trotz - stets eine enge Verbindung aufrecht hielten. So entging es meiner Aufmerksamkeit nicht, welcher Passagier - ohne jegliche Verkleidung - mit größter Selbstverständlichkeit an Land ging: der hinkende Naiman! Ich lief so schnell ich konnte zurück zur Zitadelle, um es Herrn Yves zu hinterbringen. Doch dann deuchte mich die bloße Nachricht von der Ankunft des Geheimagenten des Sultans zu dürftig, und ich begab mich rasch in die Bibliothek hinter dem Arbeitszimmer des Komturs. Durch das hölzerne Gitterwerk der Abtrennung zwischen den beiden Räumen konnte ich alles hören und vieles auch sehen, insbesondere wen der Herr Marc de Mont-bard
- meist unbekümmert um meine Anwesenheit - dort emp-
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fing. Und Naiman platzte sogleich nach der formlosen Begrüßung durch den Templer mit der ersten Neuigkeit heraus.
»Der Gesandte, den der mongolische General zum Sultan geschickt hatte, bekam diesen gar nicht zu Gesicht!«
Schlürfenden Schritts zog Naiman es vor, den angebotenen Hocker zu übersehen und erst mal seine eigene Schilderung des Ereignisses genussvoll auszukosten. »Der Ouazir al-Khazna, der Oberhofkämmerer, ließ sich das Anliegen des Tölpels vortragen, dann winkte er die Wachen wieder herbei, die ihn gebracht hatten, und ließ ihn >auf kürzestem Wege< aus dem Palast entfernen: Sie stürzten den Gesandten von den Zinnen der Palastmauer, hinunter auf das steinige Pflaster der Altstadt von Kairo, wo die Bevölkerung den Zerschmetterten dann endgültig zu Tode schleifte!«
Der Komtur hatte sich die Geschichte ungerührt angehört. »Auf einen mehr oder weniger kommt es bei den Kugelköpfen nicht an«, bemerkte er wegwerfend, sehr zur Enttäuschung des Agenten, »was mich viel mehr interessiert, ist die Botschaft, die er überbringen sollte.«
Naiman ließ sich, sein verkrüppeltes Bein geschickt nachziehend, auf den Hocker fallen. »Nicht nur die Überlassung von ganz Syrien verlangte der Unverschämte, sondern dazu noch die Unterwerfung des Sultans unter die Oberhoheit der Mongolen!« Naiman unterstrich mit einem Kichern, das sich wie das Meckern eines Ziegenbocks anhörte, die Torheit eines solchen Verlangens. »Stellt Euch vor, unser erhabener Sultan Qutuz sich auf den Bauch werfend -«
»Kommt drauf an, vor wem«, der Templer trieb sein Spiel mit seinem Besucher. »Kotau vor dem Großkhan, vor dem Il-Khan?«, zog er anscheinend ernsthaft in Betracht.
»Vor diesem Königlichen Paar!«, explodierte Naiman wütend vor Empörung, was den Komtur freute, denn jetzt war er sicher, dass die Mamelucken seine Meinung teilten, und er änderte den Ton.
»Dieser dämliche Einfall der Mongolen«, er senkte jetzt auch seine Stimme, denn damit verstieß er gegen die offizielle Haltung seines Ordens - und die Wände hatten Ohren, nämlich die eines aufrechten Minoriten, »wird uns noch in größte Schwierigkeiten bringen!«
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Die plötzliche Vertraulichkeit des Marc de Montbard verleitete den Agenten, einen Schritt weiterzugehen. »Sie könnte aber auch dazu führen«, lockte er jetzt offen, »dass die ägyptische Flotte Euch hier zu Hilfe kommt, gegen die Rache der Mongolen für Baalbek?«
»Das waren nicht wir!« Dem Komtur war plötzlich nicht mehr zum Scherzen zumute. »Baalbek war einzig und allein das Werk dieses unverantwortlichen und bis über die Ohren verschuldeten Herrn Julian!«
»Und damit er seine Schulden beim Tempel begleichen kann, habt Ihr ihn veranlasst, die Drecksarbeit, das Massaker von Baalbek - «
»Ich
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