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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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verunsichert grinste er sie an -, »so lasst es mich, El-Kamil, den Fürsten von Mayyafaraqin, wissen! Was in meiner Hand steht, soll Euch erfüllt werden, edle Dame!«, sprach er gestelzt, er war kein ebenbürtiger Gegner, wahrscheinlich sogar ziemlich dumm. »Auch diesen feinen Kelim, diese prächtige Blumenwiese, auf der ich Euch als seine schönste Rose fand und brach, nehmen wir mit auf meine Burg, damit er uns fürderhin ...«
    Yeza unterbrach ihn mit brüsker Gebärde. Das »Nein!« war ihr herausgerutscht, sie wollte ihm weder ihren Schrecken noch ihren Unwillen zeigen. »Ich schlage vor«, probte Yeza immer noch lächelnd ihre Stärke, »dass wir diese Unterlage unseres ersten, doch sicher nicht letzten Beilagers«, flocht sie scherzend ein, immer auf der Hut, den schlichten Mann nicht zu überfordern mit der ihm ungewohnten Selbstständigkeit einer jungen Frau,
    »diesen Teppich auf der Stelle Alilat, der Schutzherrin der Liebe, weihen, ihn also hier als freudige Opfergabe liegen lassen.« Yeza zwang das Strahlen der Sterne, den Tautropfen auf dem Blatt der sich öffnenden Rosenknospe in ihre graugrünen Augen. »Hingegen verlange ich, dass Ihr, mein Herr und Gebieter, den Besiegten, meinen bisherigen Gefährten, nicht tötet, sondern beladen mit seiner Schande von dannen ziehen lasst!«
    Der Emir schaute überrascht, was wieder dieses törichte Grinsen hervorbrachte. »Ihr habt Recht, Prinzessin, ein Fortleben ohne Ehre ist schlimmer als der schnelle Tod!« Er gab seinen Leuten ein Zeichen. Sie banden Roc los und jagten ihn davon mit Steinwürfen wie einen streunenden, räudigen Hund. Beifall heischend richtete der Emir seinen Blick auf Yeza, die mit starrer Miene das Entkommen von Roc verfolgte. Er glaubte Befriedigung in ihren Zügen zu lesen, das veranlasste den Schwarzbärtigen von weiteren Opfern abzusehen und gemachte Beute nicht unnötig zu verschenken.
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    »Ich kenne Eure Alilat nicht, aber es deucht mich jammerschade, dies wertvolle Stück«, er zeigte auf den Kelim,
    »Wind und Wetter, den Vögeln und wilden Tieren zu überlassen.« Da Yeza nicht reagierte - sie hatte ihr vordringliches Ziel erreicht -, befahl er seinen Leuten, den Teppich einzurollen und den Kamelen aufzuladen.
    Die Soldaten verfügten nicht über die Routine, mit Lastkamelen umzugehen, so dauerte es eine Weile, bis die neue Karawane sich in Marsch setzte, um die Burg Mard' Hazab zu erreichen.
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    »ZUM LETZTEN NAGEL«
    DIE ALTSTADT VON JERUSALEM war nicht so zerstört, dass sich kein Leben mehr in den Ruinen zeigte, nur verspürten die dort immer noch ausharrenden Bewohner keinerlei Anreiz, mehr als ein Dach überm Kopf wieder herzurichten, denn solange die einst so beeindruckenden Stadtmauern in Trümmern lagen, mehr Breschen als Tore aufwiesen, waren sie jederzeit neuen Überfällen preisgegeben. Ein wild Zusammengewürfeltes
    Bevölkerungsgemisch. Meist aramäische, aber auch koptische Christen, alteingesessene Juden und zögernd zugezogene Muslime hatten sich in ihren - jetzt noch schwerer zugänglichen - Quartieren verschanzt, die geborstenen Pfosten verlassener Häuser und das verkohlte Balkenwerk ihrer Dächer dazu benutzt, die engen Straßen in ein unüberschaubares Labyrinth zu verwandeln, dessen Zugänge nur Eingeweihten vertraut waren.
    Anhänger der christlichen Kirchen, vorwiegend orthodoxe Griechen, aber auch viele Armenier - die Lateiner Roms waren in der Minderzahl - bildeten nach wie vor die größte Gemeinde, doch waren sie untereinander heftiger Verstritten, als sie mit den Vertretern der anderen Glaubensrichtungen in Fehde lagen. So kam es, dass William von Roebruk, wenn er einmal die Woche seine Turmklause auf dem Montjoie verließ, um seine Freunde in der >Stadt< zu besuchen, seine Schritte ins jüdische Viertel lenkte. In der Taverne »Zum letzten Nagel« hatte Josh >der Zimmermann< das Regiment übernommen, die Weinbestände stammten allerdings aus den Kellern des Patriarchen. Der war vor dem letzten großen Angriff nach Akkon geflohen, ein eingestürztes Gewölbe hatte den Weg zu den kostbaren Fässern verschüttet. Der Zimmermann und sein Freund und Stammgast David der Templer hatten von der benachbarten Taverne aus in
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    mühseliger Wühlarbeit einen Tunnel gegraben. Weitere Kosten für die teuren Jahrgänge, allesamt aus der Bourgogne per Schiff herbeigeschafft, entstanden den Freunden nicht. Der dritte im Bunde war Jalal al-Sufi, ein quirliger Derwisch, der seine Gefährten auch bei unpassender

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