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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Bedingungen unweigerlich würde fortsetzen müssen! Man hatte mir mein Schreibzeug und genügend Pergament gelassen, dazu ein Pult und ein hell leuchtendes Öllicht in die Zelle gestellt.
    Mit Schrecken hörte ich plötzlich Stimmen vor meiner Zelle, der Schlüssel drehte sich rasselnd im Schloss. Ich verfluchte meine alberne Todesangst und dann die nächtliche Störung! Herein trat Lorenz von Orta, mein feingliedriger, weißhaariger Aufseher und Mentor zugleich. Er schien recht ungehalten, sodass ich es mir verkniff, mich über die erfahrene Behandlung zu beschweren.
    »Kaum hattest du, Bruder William, eigenmächtig den Montjoie
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    verlassen«, eröffnete er mir vorwurfsvoll, »wurde das Wallfahrtskirchlein mit seinem Glockenturm von Unbekannten überfallen. Sie suchten - nach allem Anschein - sich in den Besitz deiner, unserer Chronik zu setzen.« Lorenz sprach unaufgeregt, fast kühl, was mich - als Betroffenen - verstimmte, zumal er unnötigerweise anfügte: »Denn deine Person kann ja wohl kaum einen Anlass für ihre Bemühungen darstellen.«
    »Haben sie -?«, unterbrach ich ihn ungeduldig, doch er ließ mich auflaufen.
    »Sie folterten den Sakristan, damit er ihnen das Versteck verriete. Da er es nicht preisgab, brachten sie ihn um!«
    Ich fühlte mich wie vor den Kopf geschlagen, auch irgendwie schuldig, schon aufgrund meines Verrats an der treuen Seele. »Wer?!«, stammelte ich. »Wer waren diese Schweine?!«
    Lorenz musterte mich kalt. »Hätten sie im Turm geschnüffelt, wäre ihnen der Stein sofort ins Auge gesprungen, so tölpelhaft war das Versteck angelegt. Gott sei Dank kamen wir noch rechtzeitig, und sie ergriffen die Flucht!«
    Das Leben des armen Odoaker zählte nicht, nur die Chronik, das Dokument ihrer Machtinteressen!
    Wahrscheinlich würden sie auch über die Leichen von Rog und Yeza gehen, wenn es ihnen >angebracht< erschien - über meine ganz gewiss! »Habt Ihr die Kerle noch gesehen?«, fragte ich indessen, meine Wut feige abwürgend.
    Lorenz schüttelte unwirsch den Kopf. »Es können Muslime gewesen sein, doch das würde mich wundern, es sei denn Agenten des Sultans von Kairo«, er schaute mich wieder an, als sei ich der Schlüssel all des Ungemachs.
    »Ich befürchte, die gehässige - oder auch nur neugierige - Attacke kommt aus den Reihen unserer christlichen Glaubensbrüder.«
    »Wie das?!«, entfuhr es mir, ziemlich unbedarft, wenn nicht blöd!
    »Der Stuhl Petri kann wohl kaum Interesse daran haben«, erklärte mir Lorenz nachsichtig, »dass diese Ketzerkinder ausgerechnet hier im Heiligen Land, im heißgeliebten, blutig zuckenden, zuckersüßen Herzen der römisch-katholischen Christenheit auf den Thron kommen, einen Thron, unter dem dann das Feuer der 78
    Hölle lodert - oder schlimmer noch: das des mystischen Gral!« So sehr der weißhaarige Alte diesmal aus sich herausgegangen war, er konnte nicht verbergen, dass er die Motive der Angreifer auch nicht kannte. Peinlich war dem Herrn von Orta dieser Mangel kaum, eher empfand er mich als Zeugen unpassend, wie er sogleich bewies.
    »Morgen Früh, William, wirst du an einen sicheren Ort gebracht werden«, eröffnete er mir abschließend, »wo man dich Unwürdigen« - das verkniff er sich nicht - »zu sehen wünscht!«
    »Wohin?«, erdreistete ich mich zu fragen. Wahrscheinlich wollte man mir an höchster Stelle die Leviten lesen.
    »Das geht dich nichts an!«, erhielt ich prompt den verdienten Verweis. »Richte lieber deine Wissbegierde auf das, was wir - und damit auch die Nachwelt - von dir zu erfahren wünschen! Bona nox!« In der Tür drehte er sich noch einmal zu mir um, fast mitleidig fügte er hinzu: »Deinen frommen Franziskanerwunsch pax et bonum ersetze bitte zukünftig durch st vis pacem, para bellum!, also die Erkenntnis, dass sich Frieden nur durch ständige Bereitschaft zum Krieg erringen lässt - wenn überhaupt!«
    Ich hatte die Nacht schlecht geschlafen. Nachdem der Secretarius venerabilis mich allein gelassen hatte, drang das Rauschen des nahen Meeres nun deutlich an mein Ohr. Es beunruhigte mich anfangs, weil ich mir ausmalte, dass man mich auf eine einsame Insel verfrachten könnte, damit ich meiner mir auferlegten Chronistenpflicht endlich in völliger Abgeschiedenheit nachkommen möge. Was erwartete man eigentlich von mir? Dass Roc und Yeza zu monarchischen Würden ausersehen waren, das hatten die Geheimen hinter meinem Quälgeist Lorenz, ihrem Secretarius venerabilis. laut genug und vernehmlich für jedes

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