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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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interessierte Ohr in die Welt hinausposaunt.
    Gab es etwas, das diese Erhöhung meiner Lieblinge hindern konnte, ihnen die zugesagte Krone vom Kopf stoßen konnte? Etwas, das nur ich wusste - oder von dem man zumindest annahm, dass ausgerechnet der füllige Bruder des heiligen Franz mit breitem Arsch auf diesem brisanten Geheimnis saß. Vielleicht ohne es zu ahnen? Wie schon oft in meinem umtriebigen Leben war es mir, als sei ich zum Schutz meiner
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    kleinen Könige aufgerufen. Statt es als Anlass zu beunruhigender Bedrohung durch Unbekannte zu nehmen, bereitete mir der Gedanke behäbige Zufriedenheit. Ich hatte mir die Aufmerksamkeit, die man mir zuteil werden ließ, weiß Gott verdient! Ich sah das schüttere Haupt des dicken William mit einer Mischung aus güldenem Lorbeer und Glorienschein bekränzt. Diese schöne Vision lullte mich endgültig ein ...
    Am nächsten Morgen wurde ich in aller Herrgottsfrüh und höchst unsanft aus dem Schlaf gerissen. Ich hatte zwar nicht mit einer persönlichen Verabschiedung durch Lorenz von Orta gerechnet, aber auch nicht mit einer herrisch krächzenden Stimme, die anscheinend nicht nur meine Person mit Missachtung strafte, sondern auch meinen Mentor. Der Adressat, an den sich die harsche Rüge richtete, war offenkundig schwerhörig, wahrscheinlich der Kastellan der Burg.
    »Was glaubt denn der Herr Secretarius«, bellte das befehlsgewohnte Organ - zu sehen bekam ich seinen Besitzer dank meiner Augenbinde nicht -, »dass für den Transport eines unbotmäßigen Minoriten kostbare Angehörige unseres Ordens aufgeboten werden?!« Ich wurde grob in meine fensterlose Sänfte gestopft und vernahm den Rest nur noch gedämpft und damit weitgehend unverständlich - »... abliefern und einsperren! ... So wichtig kann die Sache nicht sein, dass Templer ...« Doch dann schnarrte die Stimme so dicht an meinem Ohr, dass ich das Gefühl hatte, der Unsichtbare, der anscheinend das Kommando hier an sich gerissen hatte, legte Wert darauf, mich seine Einstellung durchaus wissen zu lassen. »... der Orden soll sich nicht länger mit diesem ... Königlichen Pärchen befassen ... geschweige denn auch nur einen Ritter von Rang und Adel ... für die Eskorte eines ...
    geschwätzigen Chronisten abstellen ... der uns doch nur zum Besten hält!« Die Art, wie er über mich und meine Funktion sprach, zeugte nicht gerade von hoher Wertschätzung. »Dieser säumige Minorit ist ohne weiteres Zutun des Ordens am vorgesehenen Ziel abzuliefern und festzusetzen, bis der Secretarius venerabilis die Güte hat, vor Ort zu erscheinen und über die zukünftige Verwendung dieses ...

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    zu verfügen!« Die Stimme entfernte sich, »... gefälligst in eigener Verantwortung ...«
    Es dauerte dann noch eine geraume Weile, ich vernahm Pferdegetrappel, und meine Kiste wurde mehrfach herumgeschoben, aufgehoben und wieder abgesetzt, wobei aufsässige oder zumindest missgelaunte Stimmen zu hören waren, bis sich die offenbar ausgetauschte Mannschaft mit mir auf den Weg machte. Zu welchem Ziel?
    Ich ergab mich meinem Schicksal. Ich sehnte mich nicht einmal nach dem Montjoie zurück. Wer weiß, was mir dort geblüht hätte, wenn ich in die Hände derer gefallen wäre, die meinen guten Odoaker um meinetwillen so kaltblütig umgebracht hatten? Also um Himmels willen keine Reue! Ich fühlte die unsichtbare Hand meiner Lieben: Sie schützten mich, ihren treuen William!

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    »PAX MONGOLICA« -EINE STRAFEXPEDITION
    KHAZAR NÄHERTE SICH DEM LAGER des Mongolenheeres, das inzwischen - unter Umgehung von Homs -
    weiter gen Süden in Richtung Damaskus vorgerückt war. Der Erste, den er in den Sanddünen traf, war sein jüngerer Vetter Baitschu, der Sohn Kitboghas. Ihm berichtete Khazar brühwarm, dass Yves der Bretone ihn geschickt habe, weil das vermisste Königliche Paar gefunden sei, morgen Früh müsse er mit einem wichtigen Brief wieder zurück zu der ausgesandten Strafexpedition unter General Sundchak.
    »Diesmal komm ich mit!«, erklärte der Knabe wild entschlossen, doch Khazar dämpfte seinen Eifer.
    »Dein Vater wird es dir nicht erlauben.« Khazar wollte seinem ermatteten Pferd die Sporen geben, aber Baitschu fiel ihm in die Zügel.
    »Versprich mir, dass du mich mitnimmst, wenn ich das Problem mit meinem Herrn Vater gelöst habe?!«
    »An mir soll 's nicht liegen, das weißt du, Baitschu.« Khazar drängte, er war nicht eine halbe Nacht und einen ganzen Tag geritten, um sich jetzt nicht schnellstens seines Auftrages zu

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