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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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ich mich klam-185
    mern konnte, aber die anderen hatte der Rote Falke mit seinem Elan überrollt, dass sie sich auf die Suche nach dem Königlichen Paar zu begeben hätten, wie weiland die Hirten oder besser die Drei Könige aus dem Morgenland nach dem Jesus-Kind! Doch denen wies wenigstens ein Stern den Weg, wir wussten grad' mal die ungefähre Himmelsrichtung, und das bedeutet weniger als nichts, wenn es in die Wüste geht, die sich im Norden und vor allem im Osten von Damaskus endlos erstreckt - eigentlich auch im Süden! Irgendwo in diesem Meer, steiniger Sand, wohin man schaut, mochten sich Roc und Yeza befinden, und ausgerechnet uns unerfahrenen Wüstenreisenden sollte es beschieden sein, sie zu finden!?
    Grad' da fiel unser Blick auf Madulain, die mit dem jungen Ali an den Ständen der Silberschmiede entlangstrich, offensichtlich bemüht, ihn zur Annahme eines Schmuckstücks zu bewegen. Ich glaube, unter uns dreien, die wir die Szene beobachteten, war keiner, der nicht davon überzeugt war, dass die schöne Frau, die etwas von einer Raubkatze hatte, weniger im Gesicht als in ihren Gebärden, den Sultanssohn gelegentlich als Liebhaber duldete oder ihn auch zu Minnediensten heranzog. Ali schien unsicher in seiner Rolle, Madulain war ihm überlegen, und er versuchte sich gegen sie zu behaupten, indem er sich verweigerte und den starken Mann herauskehrte. Wir genossen amüsiert als heimliche Zuschauer das Schauspiel, wie sie ihm einen Armreif nach dem anderen aufdrängte, mal spielerisch mit leichter Hand, wie es ihre Art war, dann wieder ihn zärtlich umgarnend. Nicht, dass er kein Geschenk von ihr wollte, aber er war nicht bereit, es zu zeigen. Ali litt unter der Bravour, mit der Madulain das Spiel beherrschte, ich glaube, er wäre vor Scham im Boden versunken, wenn er gewusst hätte, dass wir Zeugen seiner >Niederlage< wurden, als sie ihm endlich den Ring überstreifte, den sie von Anfang an für ihn ausgewählt hatte. David und ich grienten uns belustigt zu, vielleicht mit etwas uneingestandenem Neid, nicht die Stelle des hübschen Burschen einnehmen zu können. Einzig der trockene Joshua rettete sich auf eine moralische Position, indem er uns empört fragte, ob wir diesem ehebrecherischen Treiben etwa zustimmen würden. Da haben wir ihn ausgelacht!
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    Zurück auf der Zitadelle, musste ich in meinem Quartier feststellen, dass jemand meine Sachen durchwühlt hatte.
    Meine wohlbehüteten Pergamente befanden sich zwar noch in meiner Pilgertasche, es fehlte auch keines, wie ich nach sofortiger Kontrolle feststellte, aber sie waren in Unordnung, als habe sie jemand durchgeblättert und dann hastig wieder an ihren Platz gestopft. Nun hatte ich mir seit dem letzten Anschlag auf die Chronik und ihren Verfasser angewöhnt, beschriebene Blätter am Leib zu tragen, so lange es irgend ging oder bis sich die Gelegenheit ergab, sie sicher irgendwo zu verstecken, wie ein Hund seinen Knochen verscharrt. Ich notierte mir lediglich in Geheimschrift, wo diese Schatzkästlein verborgen lagen, damit die Chronik nicht erst wieder in hundert Jahren ans Tageslicht geraten sollte. So habe ich auch auf der Zitadelle von Damaskus ein geeignetes Versteck ausgemacht, in dem ich alles, was ich seit dem Aufbruch aus dem Krak de Mauclerc zu Pergament gebracht, deponieren werde. Damit ist es Sache meiner Auftraggeber, die Chronik Stück für Stück einzusammeln und zusammenzufügen zum Großen Werk. Ich halte dieses Vorgehen für sehr verantwortungsvoll und bin stolz auf mich. Morgen Früh werden wir Damaskus verlassen.
    DER FRIEDEN, DIE SCHÖNHEIT des Ortes und die Harmonie der menschlichen Begegnungen ließen Yeza
    gelegentlich - und das auch nur insgeheim - daran zweifeln, ob ihr Leben in Palmyra nichts war als ein Traum.
    Eigentlich fehlte ihr zu ihrem Glück nur noch, dass Roc Trencavel es an ihrer Seite erleben könnte. Von innerer Unruhe getrieben, ritt sie dann bei Sonnenuntergang noch mal alleine auf ihrem Kamel aus, streifte ziellos durch die Oase und besah sich, von niemandem gestört, die merkwürdigen Grabtürme, die verteilt in der hügeligen Landschaft standen. Sie erinnerten Yeza mehr an Fluchtburgen denn an hochaufragende Familiengrüfte, im Innern liebevoll ausgestattete Mausoleen. Die Türme hatten für sie nichts Unheimliches, sie strahlten eine Ruhe der Selbstverständlichkeit aus, man lebte mit seinen Toten. Zugleich gemahnten sie an die
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    Vergänglichkeit der eigenen Existenz, doch das empfand Yeza fast jedes

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