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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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vorbei und an der Großen Moschee Al-Omayyad hin zur Zitadelle, die in der äußersten Nordwestecke der Befestigungen sich auf einem schroffen Fels erhob. Mit letzter Kraft und vielen heiligen Schwüren, mich auf solche unsäglichen Strapazen nie wieder einzulassen, schleppte ich mich den steilen Torweg hoch und ließ mich stumm und vorwurfsvoll leidend in das Stroh der Pferdeställe fallen, wo wir unsere Tiere abstellten.
    Der Rote Falke war mit dem Kommandanten der Zitadelle befreundet, weswegen er sein Weib und deren Begleiter hierher bestellt hatte, damit sie sich wieder mit ihm vereinten. Diese gute Beziehung bewirkte auch, dass ich auf eine Bahre umgebettet und in den Hamam getragen wurde. Es waren allerdings keine zartfingrigen Huris, die sich dort meiner annahmen, sondern ein bulliger >Bademeister<, der nun auch meine übrigen Gliedmaßen durch
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    Schläge und kalte Güsse derart rabiat bearbeitete, dass ich keinem Teil meines Körpers mehr einen speziellen Schmerz zuzuschreiben wusste. Haris al hamam! So kann man auch geheilt werden!
    Meine Freunde besuchten mich im Ruheraum, wo ich, in weiche Tücher gehüllt, meiner >Genesung< entgegenschwebte. Der Spott, den sie für mich erübrigten, war grausam, einzig Madulain hatte ein tröstendes Wort für mich übrig, weswegen der junge Ali, der mit gequälter Miene ihren Samariterdienst an mir mit ansehen musste - sie strich mir lediglich die Schweißtropfen aus der Stirn -, mir sogleich einen scheelen Blick zuwarf.
    Josh der Zimmermann und David der Templer schienen nur an der Wiederherstellung meines Sitzvermögens interessiert, damit ich ihnen so bald wie möglich als Mitspieler zur Verfügung stand: Das Wesen-Spiel! Das hatte ich fast vergessen!
    DER BAZAR VON DAMASKUS war ein dunkles Labyrinth, in das nur gelegentlich an den Kreuzungspunkten der unzähligen Gassen von oben ein Sonnenstrahl einfiel. Hier trat das Gewimmel offen zutage, fast so, als hätte ein Wanderer seinen Stab in einen Ameisenhaufen gestoßen. Doch ansonsten zogen sich die Röhren und Kolonnaden, Grotten und Gewölbe eher im schummrigen Licht durch diesen Bauch der großen Stadt, und das quirlige Treiben in ihnen blieb dem Fremden meist geheimnisvoll verschlossen. Der Kenner allerdings wusste genau, wo die unsichtbaren Trennlinien der einzelnen Handwerkerquartiere verliefen und welche Regeln zu beachten waren.
    Der baouab, der oberste Haushofmeister des Sultanspalastes, ein agiler Mann, dessen höfliches Entgegenkommen über den durchaus ausgeprägten Sinn für den Erhalt seiner Macht hinwegtäuschen sollte, begleitete zwei soeben eingetroffene besondere Gäste zielstrebig zum größten und bedeutendsten Handelshof für Waffen aller Art. Es waren die gewaltigen Hallen einer Karawanserei, in denen verladen wurde, was unzählige Schmiede, Sattler und Kürschner, kunstfertige Hersteller von Kürassen, Helmen und Schilden, Brustpanzern und Beinschienen, Armbrüsten und Bol-180
    zen, sonstigen Rüstungsteilen, Sätteln und Zaumzeug aus ihren Werkstätten anlieferten. Den beiden Herren, die mit dem Hofbeamten recht vertraulich umgingen, war nicht anzusehen, woher sie kamen und für wen sie tätig waren. Marc de Montbard, Komtur der Templergarnison von Sidon, ließ sich begleiten von einem alten Bekannten, Naiman, dem umtriebigen Geheimagenten des Mameluckensultans von Kairo. Der Kauf von
    Damaszener Klingen war Vertrauenssache, vor allem, wenn es sich nicht um geschmeidig biegsame
    Krummsäbel handeln sollte, sondern um Langschwerter, an deren Festigkeit und Härte höhere Ansprüche zu stellen waren. Außerdem verlangte der Templer jenes Harzgemisch zu kaufen, mit dem man die am besten federnden Bogen zusammenfügen konnte - und dieser Klebstoff war ein eifrig gehütetes Geheimnis der Bogenmacher! Doch das Gespräch der so unterschiedlichen Männer drehte sich um ganz andere Dinge.
    »Wie lange will Herr An-Nasir«, wandte sich der Komtur an den Baouab, »seinen Sohn El-Aziz von den Mongolen noch als Fußmatte treten lassen?« Der Templer griff den Hofbeamten aufmunternd plump am Arm.
    »Eine sinnlose Demütigung, wenn sich der Sultan doch nicht unterwerfen will«, ereiferte er sich, doch der Baouab ging nicht darauf ein, was sollte er auch sagen, weswegen Marc de Montbard noch einmal ins gleiche Hörn stieß. »Noch ist es Zeit für ihn, sich mit Kairo ins Benehmen zu setzen -«
    Das lockte den Majordomus des Palastes aus seiner Reserve. »El-Aziz«, erklärte er stolz, »hat sich der Schmach

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