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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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mondbeschienenen Rasenfläche auf.
    Sandys Zuhause.
    Ich werde es so sehr vermissen. Und Agnes auch.
    Fast wäre sie abgebogen.
    Nur noch einmal umsehen. Vielleicht wäre das die letzte Gelegenheit, Agnes noch einen Kuss zu geben. Möglicherweise sehe ich sie nie wieder. Und wenn ich doch mal zurückkomme, ist sie vielleicht schon tot…
    »Der Kasten sieht nachts ja echt unheimlich aus«, sagte Lib.
    Finde ich nicht. Es ist mein Zuhause.
    Sie funkelte Lib böse an, bemerkte aber, dass sich diese bereits dem Horrorhaus zugewandt hatte, und musste unwillkürlich lächeln. »Da solltest du mal nachts reingehen«, sagte sie.
    »Nein, schönen Dank auch. Hast du da Erics Vater kennen gelernt?«
    »Ja, er war öfter dort.« Sie warf noch einen letzten Blick auf Agnes’ Haus und spürte, wie Tränen in ihre Augen schossen.
    Jetzt haust du einfach ab, ohne dich zu verabschieden oder danke zu sagen oder ÜBERHAUPT IRGENDETWAS. Sie ist der einzige Mensch auf der ganzen weiten Welt, der mich liebt.
    Bis auf Eric natürlich.
    Da meldete sich eine böse, quälende Stimme in ihrem Kopf: Und was ist mit Mom?
    Nichts! Scheiß auf sie! Sie hasst mich! Ich hoffe, sie ist tot.
    Nein, tust du nicht, flüsterte die Stimme. Du vermisst sie ganz schrecklich.
    Quatsch!
    Sandy wurde abrupt aus ihren Gedanken gerissen, als einige Kreuzungen vor ihr ein Auto auf die Hauptstraße bog. Sie kniff die Augen zusammen, um erkennen zu können, ob sich ein Blaulicht auf dem Dach befand.
    Wenn ja, dann …
    »Halt dich fest«, sagte sie, stieg in die Eisen und bog scharf rechts ab. Lib wurde gegen sie gedrückt. Im Rückspiegel sah sie, wie der Wohnwagen hin und her schlingerte.
    Ein Knurren ertönte aus Erics Körbchen.
    »Keine Angst, Schatz«, sagte Sandy mit lauter Stimme und versuchte, selbstsicher und ruhig zu klingen.
    Sie raste zum Ende der Straße, bog dort links ab, hielt neben dem Randstein und schaltete Motor und Scheinwerfer aus.
    »Wenn er kommt«, sagte sie. »Müssen wir uns ducken.«
    Sie warteten.
    Sandys Zunge klebte an ihrem Gaumen.
    Lib lachte leise und heiser.
    »Was ist daran so lustig?«
    »Na, wir zwei. Der Polizist würde doch denken, dass wir geradewegs aus einem Horrorfilm kommen. Zwei Mädels auf Achse mit einer blutigen Leiche im Wohnwagen und einem Monsterbaby auf dem Rücksitz.«
    »Eric ist kein Monster.«
    »Erzähl das mal den Cops.«
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte Sandy. »Jedenfalls jetzt noch nicht.«
    Sie ließ den Motor wieder an.
    »Glaubst du, die Luft ist rein?«
    »Ja. Wenn es wirklich die Polizei gewesen wäre, hätten sie uns inzwischen eingeholt.«
    Sie schaltete den Scheinwerfer ein und fuhr los.
    Sie wünschte, sie könnte über die Hauptstraße fahren. Wenn sie Malcasa Point wirklich für immer verlassen musste, hätte sie gerne noch ein letztes Mal die vertrauten Geschäfte gesehen.
    Aber sicher ist sicher, dachte sie.
    Außerdem, wieso sollte ich nicht zurückkehren dürfen?
    Weil es gefährlich ist, sagte sie sich. Besonders nach heute Nacht.
    Aber ich könnte, wenn ich wollte.
    Sie bog links ab und fuhr wieder auf die Hauptstraße. Niemand war zu sehen, kein Geschäft geöffnet.
    Die einsame Ampel blinkte gelb.
    »Worauf wartest du?«, fragte Lib.
    Sandy zuckte mit den Schultern. »Auf gar nichts.« Dann fuhr sie los und ließ das Städtchen hinter sich.
    Als sie am Welcome Inn vorbeifuhren, musste sie gegen ihren Willen einen Blick darauf werfen.
    Beim Anblick des Hotels stiegen alte Erinnerungen in ihr auf.
    Mom…
    Und Jud, dieser Scheißkerl. Obwohl er am Anfang so nett gewesen war…
    Und Larry. Der arme, immer lustige Larry.
    Sie spürte eine große Leere in sich. Wut.
    Sie hatten sie alle verraten.
    Bis auf Larry natürlich. Aber nur, weil er keine Gelegenheit mehr dazu gehabt hatte.
    Am Anfang war es richtig aufregend gewesen. Klar, sie hatte auch ein bisschen Angst gehabt, als sie mit Mom so früh am Morgen losgefahren war. Den ganzen Tag die Küste entlang, bis sie im Nebel diesen Unfall gebaut hatten und Axel Kutch sie gerettet hatte.
    Dann die erste Nacht im Welcome Inn, und am nächsten Tag waren sie zum ersten Mal im Horrorhaus gewesen.
    Die guten alten Zeiten.
    Unglaublich, dass das alles erst drei Jahre her war.
    Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Sie war noch ein Kind gewesen. Hatte Mom noch geliebt und …
    Ihre Kehle schnürte sich zusammen.
    Scheiß drauf, dachte sie.
    »Alles klar?«, fragte Lib.
    »Ja. Es ist nur … na ja … ich werde die Stadt hier

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