Der Keller
sie Witterung auf.«
Owen warf einen Blick zurück zur Speichertür, aber es standen zu viele Leute im Weg, als dass er die Angestellte hätte sehen können.
Was, wenn sie nicht mehr da ist?
Nicht so schlimm, dachte er. Vergiss sie einfach und genieß die Führung.
Unmöglich.
»Sie konnte Lillys Kinder förmlich riechen«, sagte Maggie, »und folgte der Fährte bis zu ihrem Zimmer, genau hier. Treten Sie ein.«
Owen stellte sich vor, wie Maggie eine Gruppe Besucher in den Raum führte und wartete, bis sich alle um sie versammelt hatten, bevor sie fortfuhr.
Hinter der Absperrung standen zwei Messingbetten. Die Laken waren zur Seite geworfen und verknittert. Der helle Stoff leuchtete im Sonnenlicht, das durch die Fenster schien, wodurch die Blutflecken noch deutlicher zur Geltung kamen.
Die Kinder lagen zwischen den Betten. Ihre Schlafanzüge waren
ihnen praktisch vollständig vom Leib gerissen worden. Einige Fetzen bedeckten notdürftig ihre Hinterteile.
»Hier schliefen die Kinder, obwohl ich annehme, dass sie bereits wach waren, als die Bestie eindrang. Schließlich ist dies ein nicht gerade großes, aber ziemlich hellhöriges Haus, ganz besonders nachts. Sie hörten wahrscheinlich, wie die Bestie das Mobiliar zerstörte, gegen die Tür zum Schlafzimmer ihrer Mutter hämmerte und vor Wut brüllte. Wahrscheinlich waren sie vor Schreck wie erstarrt. Sie konnten sich nur unter ihren Decken verkriechen, hoffen, dass alles nur ein Albtraum war und schell wieder vorüberging. Doch es war kein Traum. Die Bestie kam, um sie zu holen.
Earl war zehn Jahre alt und sein Bruder Sam erst acht. Sehen Sie das Blut? Die Bestie muss in den Betten über sie hergefallen sein und sie auf den Boden gezerrt haben. Genau dort wurden ihre Leichen gefunden.«
Maggie verstummte, und Owen erwartete, dass Janice wieder übernehmen würde. Doch nach ein paar Sekunden sprach Maggie in langsamem, ruhigem Ton weiter. »Stellen Sie sich vor, welch entsetzliche Angst die beiden Kleinen gehabt haben müssen. Vor ihnen stand eine Kreatur aus ihren schlimmsten Albträumen. Vielleicht dachten sie, dass sie im letzten Augenblick gerettet werden würden. Doch niemand rettete sie. Stattdessen fiel die Bestie über sie her.
Sie brachte sie nicht sofort um, das hätte ihnen viel Leid erspart. Was genau hier geschehen ist, wissen wir nicht mit Sicherheit. Die Anwohner berichteten jedoch von Kinderschreien, die einfach nicht verstummen wollten. Niemand wusste, woher sie kamen. Erst im Nachhinein kam die schreckliche Wahrheit ans Licht: Es waren Lillys Jungs, die vor Schmerz und Entsetzten schrien, als die Bestie sie misshandelte.
Es heißt, dass auch Lilly die Schreie hörte, als sie die Straße hinunterlief, und daraufhin den Verstand verlor.«
Erneut folgte eine kurze Pause. »Mit dem Tod der beiden Kinder endete die Mordserie«, fuhr Janice fort. »Die Bestie verschwand
spurlos, und der arme Gus Goucher wurde für ihre Taten verantwortlich gemacht. Niemand wusste, dass die Bestie überhaupt existierte. Bis auf Lilly, die jedoch nur irre vor sich hin plapperte.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob sie ihren Wahnsinn nur vortäuschte^
Wenn Ihre Neugier geweckt ist, würde ich vorschlagen, dass Sie meine Bücher lesen oder die Mitternachtsführung besuchen. Sie werden überrascht und schockiert über das sein, was Sie dort erfahren werden.«
Sie machte eine kurze Pause. »Nach dieser grauenhaften Nacht im Jahre 1903 stand das Haus für die nächsten achtundzwanzig Jahre leer. 1931 erwarb es Joseph Kutch, der mit seiner Frau Maggie und ihren drei Kindern einzog. Sie wohnten gerade erst zwei Wochen hier, als die Bestie erneut zuschlug.
Sie erreichen Station fünf, wenn Sie sich nach rechts wenden, sobald Sie den Raum verlassen haben, und die Galerie bis zur Treppe zurückgehen. Dort wird Ihnen Maggie erzählen, wie die Bestie über ihre eigene Familie herfiel.«
Owen betätigte die Stopptaste.
Monica sah ihn abwartend an. »Fertig?«, fragte sie.
Er nickte.
»Willst du’s dir nicht noch mal anhören? Vielleicht hast du ja ein, zwei Worte nicht mitgekriegt.«
»Gehen wir weiter«, sagte er und durchquerte den Raum. In Gedanken war er schon bei der großen, hübschen Blondine.
Dieses Mal würde er sie sich ein bisschen genauer ansehen.
An der Tür trat er zur Seite und machte eine einladende Geste. »Ladys first«, sagte er.
Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu, als wüsste sie genau, warum er sie unbedingt vorlassen wollte, blieb
Weitere Kostenlose Bücher