Der Keller
stehen und grinste höhnisch. »Alter vor Schönheit. Du zuerst.«
Er zuckte mit den Schultern. »Auch gut. Ich dachte, ich halte dir den Rücken frei.«
»Meinem Rücken geht’s bestens.«
»Du weißt doch, die Bestie schleicht sich immer von hinten an.«
»Klar.«
Er ging an Monica vorbei auf die Galerie.
Langsam, damit sie nicht merkte, wie eilig er es hatte.
Langsam, damit er genug Zeit hatte, die Blondine in Augenschein zu nehmen.
Schon jetzt war sein Mund trocken, und er spürte, wie sein Herz schneller schlug und das Blut in sein Gesicht schoss.
Er erblickte die Speichertür vor sich.
Aber die Blondine war nirgends zu sehen. Auf der Galerie drängten sich einfach zu viele Leute.
Wo ist sie nur? Sie ist doch viel größer als die meisten anderen.
Falsch, dachte er, als er eine junge Frau in Uniform bemerkte, die vor der Speichertür stand. Sie ist weder besonders groß noch so hübsch wie ich gedacht habe.
Wie zum Teufel konnte ich nur…?
Für einen Augenblick war er verwirrt, dann begriff er, dass es nicht dieselbe Blondine war, die er zuvor gesehen hatte.
Erleichterung überkam ihn.
Gemischt mit Enttäuschung.
Wo ist sie hin ? Vielleicht macht sie eine Pause. Ist zum Mittagessen gegangen.
Was, wenn ich sie nie wiedersehe?
Die Uniformierte sprach mit einer kleinen Schar Leute, die sich vor der geöffneten Speichertür versammelt hatten.
»Der Dachboden ist nicht Teil der regulären Führung.«
Er blieb stehen, um zuzuhören.
»Es ist nicht sicher da oben. Der Dachboden ist nur samstags im Rahmen der Mitternachtsführung zugänglich. Dabei sind die Besuchergruppen jedoch wesentlich kleiner. Manche der Bodenplatten sind lose, und dort oben steht sehr viel Gerümpel herum, hinter dem die Bestie lauern könnte.« Sie grinste.
Laut dem Schild auf ihrer Brust hieß sie Lynn.
»Wir wollen ja nicht, dass uns jemand verloren geht.«
Owen wollte sie nach ihrer Kollegin fragen, traute sich aber nicht.
Monica würde ausflippen.
»Warten wir einfach noch eine Weile ab«, flüsterte Monica. »Vielleicht verwandelt sie sich ja wieder in deine Traumfrau.«
»Sehr witzig«, sagte Owen und ging weiter.
Wo ist sie nur?
Er blieb bei Station fünf stehen, und Monica schaltete ihren Kassettenrekorder ein.
Was, wenn sie Feierabend hat? Was, wenn ich sie nie wiedersehe?
Das darf nicht passieren, dachte er.
»Wir wohnten seit genau sechzehn Tagen in diesem Haus«, sagte Maggie, »als die Bestie erneut zuschlug.«
Kapitel elf
Sandy - August 1980
Sandy trug Eric die wackeligen Stufen hinunter. Er lag in seinem Reisekörbchen - einer Wiege aus Weidengeflecht mit einem Deckel und zwei Griffen. Sie hatte Angst auszurutschen und ging äußerst vorsichtig. Als sie unten angekommen war, seufzte sie erleichtert und stellte den Korb ab.
Lib half ihr, die Treppe in den Wohnwagen zu schieben, dann schloss Sandy die Tür. Als sie sich umdrehte, hob ihre neue Freundin gerade den Korb auf.
»Soll er da drin bleiben?«, fragte Lib.
»Besser wär’s. Für den Fall, dass wir angehalten werden.«
»Der arme kleine Scheißer.«
»Das macht ihm nichts aus. Der Korb ist schön bequem, und er hat seine Lieblingspuppen an Bord.«
»Kriegt er da überhaupt Luft?«
»Klar. Ihm passiert schon nichts. Wir stellen ihn einfach auf den Rücksitz.«
Wie sich herausstellte, passte der Korb nur knapp auf die Rück-bank. Das Weidengeflecht knackte trocken, als Sandy ihn hineinschob. Wenigstens konnte Eric so nicht hin und her geschleudert werden.
»Ist wohl besser, wenn ich fahre«, sagte Sandy.
»Wieso?«
»Du bist voll wie eine Haubitze.«
»Ach was, das macht nichts.«
»Du hast die ganze Flasche ausgetrunken.«
»Nicht die ganze. Sie war nicht ganz voll.«
»Egal. Du bist jedenfalls nicht in der Verfassung, um zu fahren, selbst wenn du nicht besoffen wärst. Schließlich hat er dich
windelweich geprügelt und du hast die Hälfte deiner Zähne verloren.«
»Die Hälfte nicht gerade. Aber schon ein paar.«
»Steig ein. Du kannst ja später übernehmen.«
»Mal sehen.«
Sandy zuckte mit den Schultern.
»Bist du schon mal mit einem Wohnwagen hintendran gefahren?«
»Nein«, sagte Sandy und ließ den Motor an.
»Hier.« Lib streckte die Hand aus und schob den Schalthebel von Parken auf Fahren. »Und fahr ja langsam.«
Sandy schaltete den Scheinwerfer ein und trat vorsichtig aufs Gaspedal. Langsam setzte sich das Auto in Bewegung. Sie spürte das Gewicht des Wohnwagens und hörte klappernde Geräusche, als
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