Der Keller
schwerelos zu sein und wie eine kühle Flüssigkeit um ihren Körper zu gleiten.
Obwohl sie Blaze niemals im Voraus wissen ließ, wann genau sie ihn besuchen kommen würde, hielt er jedes Mal ein fantastisches neues Outfit für sie bereit, das sie sofort bereitwillig anprobierte, auch wenn sie sein Atelier im ersten Stock nicht verließen.
Die Kleider waren ohne Ausnahme wunderschön, eng und gewährten tiefe Einblicke. Manche waren schon fast unanständig.
So wie dieses, das nicht nur nahezu durchsichtig, sondern auch vollständig den Launen des Windes ausgeliefert war.
Als sie die Kühlbox aufhob, kam zufällig gerade ein Windstoß.
»Oh, wie nett«, sagte Blaze.
»Alter Lustmolch.«
»Alt? Ich bitte dich.«
Sie vermutete, dass die Kühlbox das übliche Picknick in Form von Käse, italienischer Salami, Weintrauben und zwei Flaschen Champagner enthielt.
»Blaze, wie alt bist du eigentlich?«, fragte sie ihn grinsend.
»Neunundzwanzig.«
»Wow. Das ist beeindruckend. Du siehst keinen Tag älter als fünfzig aus.«
Er hob eine Augenbraue. »Achtundfünfzig, wenn du es unbedingt wissen willst.«
»Wirklich? Du hast dich gut gehalten.«
»Oh, ich weiß, ich weiß.« Er steckte sich grinsend eine graue Haarlocke hinters Ohr. »Ich war zeit meines Lebens ein gutaussehender Mann. Jetzt ist es zu spät, um damit aufzuhören.«
»Bereit?«, fragte Sandy.
»Immer voran, du Küken.«
Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. »Vorsicht, mein Freund.«
Er legte den Kopf schief und sah sie wie ein gescholtenes, reumütiges Kind an. »Vergib mir, meine Liebe.«
Ein Fußpfad führte um einen flachen, grasbedeckten Hügel zum Strand, der Sandy an die Küste vor Malcasa Point erinnerte.
Wie oft war sie den Pfad zu jenem Strand hinuntergegangen? Hundert Mal?
Sie erinnerte sich an das erste Mal. Da hatten Mom, Jud und Larry sie begleitet.
Hör auf damit, ermahnte sie sich.
Sie war auf Larrys Rücken gesprungen, und dann hatte er sich plötzlich kreischend im Sand gewälzt.
Der arme Larry.
Hör auf! Denk nicht an ihn.
Blaze erinnerte sie an Larry.
Gut. Denk an Blaze. Fantastischer Einfall.
Während sie dem sandigen Pfad folgten, dachte sie daran, wie sie ihn vor zwölf Jahren kennen gelernt hatte. Es schien eine Ewigkeit her zu sein.
An dem Morgen, nachdem sie die beiden umgebracht hatte, holte Sandy Eric aus seiner Wiege und zog los, um die Gegend zu erkunden.
Etwa hundert Meter den Weg hinauf entdeckte sie Harry Matthews’ Blockhütte, vor der ein großer, blauer Lieferwagen parkte.
Sie hatte Eric vorsichtig abgelegt, die Pistole gezogen und die Hütte umrundet.
Niemand war zu sehen.
Sie ging hinein und sah sich um.
Harry hatte offensichtlich allein dort gelebt.
Schnell holte sie Eric. »Sieht so aus, als hätten wir ein neues Zuhause, Schatz.«
Und sie blieben.
Sandy überlegte sich eine Geschichte für den Fall, dass jemand vorbeikommen würde.
Sie würde behaupten, dass sie Harrys Nichte aus Santa Monica war - schließlich hatte sie bis zu ihrem zwölften Lebensjahr in Santa Monica gelebt und kannte sich dort aus.
Wenn die Geschichte zu dünn war und es Ärger geben sollte -oder wenn jemand zufällig Eric sah - dann würde sie den Störenfried einfach erschießen.
Ohne Bills Waffe in der Tasche ging sie nirgendwohin.
Tag um Tag verging, doch niemand kam vorbei.
Die Hütte war das ideale Versteck, eine Zufluchtsstätte für sie und Eric.
Hier konnte er in Ruhe aufwachsen …
Doch Sandy wusste, dass sich ein Problem anbahnte.
Im Kühlschrank, den Schränken und der Speisekammer befand sich Essen für etwa zwei Wochen, und dieser Vorrat schmolz rasch dahin.
Bald würde sie die Wälder verlassen müssen, um einzukaufen. Bei diesem Gedanken befiel sie ein mulmiges Gefühl.
Zum Glück hatte sie Geld.
Aus Libs, Harrys, Slades und ihrer eigenen Geldbörse hatte sie insgesamt vierhundert Dollar zusammenkratzen können. Außerdem hatte sie in der Hütte mehrere Kreditkarten und Harrys Scheckbuch gefunden. Sein Kontostand betrug fast neuntausend Dollar.
Die Kreditkarten hatten ihr natürlich nicht weitergeholfen, die Schecks dagegen schon. Damit konnte sie alle Rechnungen bezahlen, die ihr geschickt wurden: Grundsteuer, Stromrechnung (zum Glück verfügte die Hütte über einen Stromanschluss) und was sonst noch anstand. Harrys Unterschrift war kinderleicht zu fälschen. Doch leider gab es keine Möglichkeit, die Schecks in Bargeld umzutauschen.
Und ewig würde das Geld auch nicht reichen.
Und
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