Der Keller
vorbeizugehen. Außerdem wollte sie ihm nicht zu nahe kommen. Er war zwar attraktiv genug, um einen Filmstar abgeben zu können, doch auf sie wirkte er etwas unheimlich. Sein muskelbepackter Körper glänzte vor Sonnenöl, und er hatte die knappste, engste weiße Badehose an, die sie je an einem Mann gesehen hatte.
Vielleicht sollte sie lieber hinter dem Maler vorbeigehen. Der sah jedenfalls relativ normal aus, ziemlich zart gebaut, aber voller Energie. Sein weißes Hemd und der Panamahut wirkten ziemlich elegant.
Oder sollte sie umkehren und endlich zum Supermarkt fahren?
»Ist er nicht fabelhaft?«, fragte sie der Maler, während sie noch überlegte, und warf ihr ein freundliches Lächeln zu.
»Klar«, sagte sie. »Wenn Sie das sagen.«
»Ha!«
Das Modell grinste ihr zu, spannte den Bizeps an und ließ ihn auf und ab hüpfen.
»Oh nein«, sagte der Maler. »Jetzt gibt er an.«
»Ich bin ja schwer beeindruckt«, sagte Sandy.
»Verpiss dich, du kleine Schlampe«, sagte das Modell.
»Tyrone!«, zischte der Künstler. Er wirkte aufrichtig entsetzt. »Wie kannst du nur?«
Tyrone schnaubte verächtlich.
»Ich dulde es nicht, dass du so mit fremden Leuten sprichst. Ganz besonders nicht mit so hübschen jungen Frauen. Noch dazu während deiner Arbeitszeit! Das erlaube ich nicht!«
»Das erlaubst du nicht?«, fragte Tyrone.
»Niemals.«
»Dann leck mich doch, du alte Schwuchtel.«
»Wie charmant. Du bist entlassen.«
»Ich kriege noch hundert Dollar.«
»Wir hatten fünfzig vereinbart.«
»Es sind hundert, du Arschloch.« Tyrone ließ das Surfbrett fallen und ging auf ihn zu.
»Nun ja, ich denke hundert sind zwar viel …« Der Künstler suchte in den Taschen seiner weißen Hose nach seinem Geldbeutel.
»Hundert Mäuse«, sagte Tyrone und schnippte mit den Fingern.
»Sie wollen ihm das Geld doch nicht etwa geben?«
Der Maler sah sie resigniert an. »Oh doch, ich fürchte, das muss ich.«
»Das dürfen Sie nicht tun!«
»Ich bange um meine Gesundheit.«
»Sie sollten ihm nicht mal fünfzig in den Rachen werfen«, fügte Sandy hinzu. »Sie mussten ihn feuern, und dabei haben Sie das Bild noch nicht einmal fertig gemalt, oder?«
»Nein. Ich habe gerade erst angefangen.«
»Na sehen Sie.«
Tyrone wandte sich ihr zu. »Jetzt hör mal, du kleine Schlampe. Ich hab es dir gerade schon gesagt. Jetzt verpiss dich, oder willst du Ärger?«
»Sie wollen den armen Mann ja ausrauben!«, rief Sandy erbost.
»Das ist schon in Ordnung, meine Liebe. Ich werde ihm das Geld geben, und …«
»Aber nur fünfzig.«
»Okay, das reicht.« Tyrone kam zu ihr herüber, beugte sich vor und streckte die Arme aus. »Du hast’s ja nicht anders gewollt.«
Er blieb wie angewurzelt stehen, als Sandy die Pistole aus der Tasche zog und mitten auf seine Brust richtete. »Versuchs doch, du Penner«, sagte sie mit ruhiger Stimme. »Dann blas ich dir das Hirn aus dem Schädel.«
Tyrone starrte sie an.
Der Maler lächelte zufrieden und klatschte in die Hände. »Bravo, meine Dame! Bravo!«
Tyrone nahm die fünfzig Dollar entgegen, klemmte sich das Surfbrett unter den Arm und trottete mürrisch davon.
»Sie stecken voller Überraschungen«, sagte der Maler.
Sandy steckte die Pistole weg und streckte ihm die Hand hin. »Ich heiße Ashley.«
»Ich bin Blaze.«
»Könnten Sie unter Umständen ein neues Modell gebrauchen, Blaze?«
»Nun, ziemlich dringend sogar.«
»Für fünfzig Dollar dürfen Sie mich malen.«
»Das Vergnügen wäre ganz meinerseits.«
»Da gibt’s nur ein Problem … was machen Sie mit den Bildern, wenn sie fertig sind?«
»Ich verkaufe sie, um meine Brötchen damit zu verdienen.«
»Das heißt, dass … nun ja … dass sie auch andere Leute zu Gesicht bekommen?«
»Stellt das ein Problem für Sie dar?«
»Eigentlich schon.«
»In Anbetracht Ihres jugendlichen Alters werde ich natürlich auf jede Form von Aktmalerei verzichten.«
Sie errötete. »Daran liegt es nicht.« »Woran denn?«
»Ich will nicht, dass mich fremde Leute anstarren.«
Er lächelte höflich. »Sie erklären sich bereit, das Motiv eines Bildes zu sein, andererseits wollen Sie nicht, dass die Leute Sie ansehen? Nun, das birgt tatsächlich gewisse Schwierigkeiten.«
»Vielleicht müsste das Bild ja nicht unbedingt mich darstellen?«
»Und wen sollte es dann darstellen?«
»Na ja, eine gewisse Ähnlichkeit mit mir darf es schon haben.«
»Das hoffe ich doch sehr. Sonst ergäbe es ja keinen Sinn, dass Sie mir Modell
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