Der Keller
näher sie dem Meer kamen. Er zerzauste Danas Haar und wirbelte Sandkörner gegen ihre Beine. Das T-Shirt wurde abwechselnd an ihren Körper gedrückt und wie ein Ballon aufgeblasen. Einmal riss eine heftige Böe es weit nach oben, als wollte sie Warren ihren BH zeigen.
»Sollen wir erst an den Strand gehen?«, fragte Warren. »Oder direkt zu mir?«
»Direkt zu dir.«
»Gute Idee. Ist ziemlich windig heute.«
»Ist mir auch schon aufgefallen.«
Warren zog einen Stapel Briefumschläge und Kataloge aus einem altmodischen Briefkasten. Dann deutete er auf eine schmale, unbefestigte Seitenstraße, die in ein schattiges Wäldchen führte. »Da lang«, sagte er.
Die Bäume hielten den Wind ab, und Dana konnte die Wärme der Sonne spüren. Piniennadeln knackten unter ihren Schuhsohlen, und der Duft der Nadelhölzer erinnerte sie an Weihnachten.
»Nett hier«, sagte sie.
»Nicht gerade L.A., was?«
»Ich frage mich, weshalb ich überhaupt noch dort wohne.«
»Und weshalb?«
»Keine Ahnung. Ich bin in L.A. aufgewachsen. Meine Eltern leben dort. Ich habe oft daran gedacht, woanders hinzuziehen, aber ich würde die Stadt so schrecklich vermissen. Besonders die Erdbeben, Unruhen, Feuersbrünste, Überschwemmungen und die romantischen nächtlichen Schießereien.«
Warren lachte.
»Aber ganz im Ernst. Die Restaurants und Kinos würden mir schon fehlen. Und der Strand.«
»Du bist Rettungsschwimmerin, stimmt’s?«
»War ich zumindest.«
»Wie in Bay Watch?«
»Ja, genau. Ich und Mitch. Ehrlich gesagt habe ich in erster Linie an Schwimmbecken aufgepasst.«
»Und dazu hattest du diesen Sommer keine Lust?«
»Ich wollte schon immer mal hierherkommen. Und Lynn hatte ich auch seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«
»Sie hat einen Swimmingpool. Da kannst du zumindest sie retten.« »Stimmt. Manchmal könnte sie schon jemanden gebrauchen, der auf sie aufpasst.«
Könnte sie tatsächlich, fiel Dana plötzlich ein. Vielleicht geht sie wirklich schwimmen - egal, ob ich dabei bin, egal, wer vor dem Haus lauern könnte.
Hoffentlich passiert ihr nichts!
»Du musst sie im Auge behalten«, sagte Warren. »Manchmal… riskiert sie einfach zu viel.«
»Ja, ich weiß. Mehr Herz als Verstand.«
»Wir sind da.« Er deutete auf eine Blockhütte zur Linken. Eine Veranda zog sich über die ganze Vorderseite und ein hoher Steinkamin ragte aus dem Dach. Die Abendsonne tauchte die Hütte und den Vorgarten in goldenes Licht. Der Garten selbst schien Teil des Waldes zu sein. Der Boden war mit Piniennadeln, Zapfen, Steinen, Ästen und Baumschösslingen übersät.
»Sieht wie ein Ferienhaus aus«, sagte Dana.
»Nur, wenn man ganz billig Urlaub machen will.«
»Ist doch nett hier«, sagte Dana und folgte Warren auf die Veranda.
»Mir gefällt s. Aber warte, bis du meine Nachbarn kennen lernst. Dort drüben«, er deutete nach rechts, »wohnen die sieben Zwerge. Und da …«, er deutete auf eine ziemlich schäbig aussehende Hütte zu seiner Linken, »lebt mein alter Freund Ed. Ed Gein.«
»Oh, wie reizend. Du musst mich ihm unbedingt vorstellen.«
»Ach, ich weiß nicht. Er ist ein Eigenbrötler.«
»Mich würde er bestimmt mögen.«
»Er hätte dich zum Fressen gern.«
»In Weinsoße, mit etwas Senf?«
Warren sah sie überrascht und amüsiert an. »Du bist ja richtig makaber.«
»Du hast mit diesem Kannibalen angefangen.« .
»Er wohnt nicht wirklich da.«
»Freut mich zu hören.«
Warren zog einen Schlüsselbund heraus und öffnete die Tür für Dana. Bevor sie die Hütte betrat, blieb sie stehen. »Ich hoffe, ich stehe nicht auf deinem Speisezettel.«
»Bei mir bist du sicher.«
»Also gut. Weshalb schließt du eigentlich ab? Hier kommt doch sowieso niemand vorbei.«
»Mit Ed Gein und den drei kleinen Schweinchen als Nachbarn kann man nicht vorsichtig genug sein.«
»Den sieben Zwergen meinst du wohl.«
»Ach ja, richtig. Komm rein.«
Dana betrat das Wohnzimmer. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich ein großes Panoramafenster, durch das Sonnenlicht in den Raum fiel. Sie ging an einem Sofa vorbei darauf zu.
Hinter dem Haus waren nur wenige Bäume, durch die Dana den Strand sehen konnte. Ein ziemlich dürrer Mann joggte am Wasser entlang.
Warren stellte sich neben sie.
»Tolle Aussicht«, sagte sie.
»Sieh dir mal den Nebel an.«
Weit draußen befand sich eine dicke, im Sonnenlicht weiß leuchtende Nebelbank.
»Wird der zu uns rüberziehen?«, fragte Dana.
»Schwer zu sagen. Manchmal hängt er die ganze
Weitere Kostenlose Bücher