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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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fotografieren.«
    »Also gut. Du hast gewonnen. Nimm das große Bett.«
    »Vielen Dank.«

Kapitel fünfunddreißig
    Bei Warren

    »Wieso bist du nicht in Uniform?«, fragte Warren, als er Dana vor der Ticketbude traf.
    »Ich hatte einen kleinen Unfall.«
    »Hab ich schon gehört.« Er lächelte, und für einen Augenblick dachte sie, er würde ihre Hand nehmen. »Die Frau hatte es offenbar verdient.«
    »Das habe ich eigentlich nicht mit Absicht gemacht. Gott, ist mir das peinlich. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Und dann hatte der Souvenirshop keine T-Shirts mehr in meiner Größe. Schrecklich.« Sie sah an sich herab. Das riesige, viel zu weite T-Shirt rutschte ihr beinahe über die Schultern und bedeckte ihre Shorts fast vollständig, wenn der Wind es nicht gerade anhob. »Ich weiß, dass ich ziemlich groß bin, aber dieses Ding würde sogar Jabba the Hütt passen.«
    »Sieht doch gut aus«, sagte Warren.
    »Danke.«
    »Fertig?«
    »Klar.«
    Sie warteten die vorbeifahrenden Autos ab und überquerten die Hauptstraße. Vor dem hohen Maschendrahtzaun, der das Anwesen der Kutchs umgab, blieben sie stehen.
    Dana starrte das Haus an.
    »Warst du schon mal da drin?«, fragte sie.
    »Im Haus selbst noch nicht. Aber auf dem Grundstück. Ich hab mich reingeschlichen und gehofft, einen Blick reinwerfen zu können.«
    »Aber es hat doch gar keine Fenster.«
    »Ich hab an die Tür geklopft.« »Du hast angeklopft?«
    »Klar. Ich wollte mich Agnes vorstellen. Ich hab ihr sogar einen Blumenstrauß mitgebracht.«
    »Wie nett von dir.«
    »Ich dachte immer, alle Frauen wären ganz wild auf Blumen. Und Agnes hat zwar nicht alle Tassen im Schrank, aber sie ist trotzdem eine Frau. Also wollte ich sie auf diesem Weg für mich gewinnen. Ich hoffte, dass sie mir vielleicht das Haus zeigen würde. Aber sie hat nicht mal die Tür geöffnet. Das tut sie nie.«
    »Sie soll ja so eine Art Einsiedlerin sein.«
    »Stimmt genau. Sie hat sich da drinnen regelrecht verbarrikadiert. Das Tor im Zaun öffnet sie mit einer Fernbedienung. Was sie zum Leben braucht, bestellt sie per Telefon und lässt es sich liefern. Siehst du die Absperrung um die Veranda herum? Da stellen sie die Sachen ab, und sie holt sie sich später.«
    Sie schlenderten den sandigen Fußweg zwischen Hauptstraße und Maschendrahtzaun entlang. »Aber sie kann doch nicht ihr ganzes Leben in diesem Haus verbringen?«
    »Anscheinend doch.«
    »Und wovon bezahlt sie ihre Rechnungen?«
    »Das erledigt Janice für sie. Sie übernimmt alle Ausgaben.«
    »Trifft Janice sie ab und zu?«
    Warren schüttelte den Kopf. »Nicht in den letzten vier oder fünf Jahren. So lange hat sie niemand mehr zu Gesicht bekommen.«
    »Das ist richtig unheimlich.«
    »Kein Wunder, dass Agnes eine Schraube locker hat. Wenn man bedenkt, was sie alles durchmachen musste.«
    »Da hast du wohl Recht«, sagte Dana.
    »Es ist erstaunlich, dass sie das Ganze überhaupt überlebt hat«, sagte Warren. »Hier entlang.«
    Sie gingen eine schmale Anhöhe hinauf. Der Asphalt war gesprungen und mit Rissen bedeckt, aus denen Gras und Löwenzahn wuchs.
    »Vielleicht war der Wahnsinn ihre einzige Möglichkeit, damit fertig zu werden«, sagte Dana.
    »Ja. Entweder man wird verrückt oder man bringt sich um.«
    Dana sah sich noch einmal nach dem Kutch-Haus um.
    Sie stellte sich vor, wie eine runzlige, bucklige Greisin durch die blau beleuchteten Zimmer schlich. »Aber wie lebt sie da drin? Was macht sie den ganzen Tag?«
    »Das weiß der Himmel«, sagte Warren.
    »Ich will’s mir gar nicht vorstellen. Ob sie einen Fernseher hat?«
    »Als Janice sie das letzte Mal besucht hat, hatte sie keinen.«
    »Und das blaue Licht…«
    »Rot. Es ist rot.«
    »Ich dachte …«
    »Es war früher mal blau. Damals, als das alles passiert ist. Ein Jahr später hat Agnes sich dann für rot entschieden.«
    »Das wusste ich nicht. Sie wollte wohl ein bisschen Stimmung in die Bude bringen.«
    Warren lachte leise. »Das scheint ja nicht so toll geklappt zu haben. Laut Janice war es, als würde man die Welt durch eine blut-farbene Brille betrachten.«
    »Ich hätte erwartet, dass Janice froh über den Farbwechsel gewesen wäre.«
    »Das könnte man meinen. War aber nicht so.«
    »Wie hat sie es nur fertig gebracht, dieses Haus noch einmal zu betreten? Nach all dem, was sie ihr dort angetan haben.«
    Warren sah Dana in die Augen, dann wandte er sich schnell ab. »Keine Ahnung.«
    Schweigend gingen sie weiter.
    Der Wind wurde stärker, je

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