Der Keller
Stelle.
Er sah aus wie ein zu groß geratenes, von allen verlassenes Kind.
Owen hielt an und ließ das Beifahrerfenster herunter. »Also gut«, rief er. »Steig ein.«
John beugte sich vor. »Nein, vielen Dank, aber wir haben eine Abmachung. Fahr du los und reserviere das Hotel. Ich werd mich bis fünf Uhr schon irgendwie beschäftigen.«
»Sicher?«
»Ja. Ich muss ja nicht die ganze Zeit an dir hängen wie eine Klette, oder?«
»Stimmt. Also, bis dann.«
»Bis dann, Kumpel.«
Owen fuhr weiter und beobachtete im Rückspiegel, wie John ihm nachblickte.
Er ist doch kein so schlechter Kerl.
Owen wurde durch das Piepsen seiner Armbanduhr geweckt. Er lag auf einem Bett. Das Zimmer war ziemlich dunkel. Nur ein schmaler Streifen Sonnenlicht schien durch eine Lücke in den Vorhängen.
Er hob den Arm und sah auf die Uhr. 16:30.
Er schaltete das Piepsen aus, blieb jedoch liegen.
Keine Eile, dachte er. Zum Fotogeschäft brauche ich maximal zehn Minuten.
Wenn ich überhaupt hinfahre.
Es gibt ja kein Gesetz, das mich dazu zwingt, die Bilder auch abzuholen. Ich kann einfach hierbleiben. Dann hätte ich vor John zumindest für heute meine Ruhe.
Was, wenn Dana anruft, und ich bin nicht da?
Er drehte den Kopf herum und starrte auf das Telefon.
Sie könnte jeden Augenblick anrufen.
Wahrscheinlich ruft sie überhaupt nicht an, dachte er. Sie geht doch nicht mit einem Typen wie mir aus. Sie ist bestimmt mit einem gutgebauten, attraktiven, sonnengebräunten Sportler verabredet.
Außerdem kann sie ja an der Rezeption eine Nachricht für mich hinterlassen.
Vielleicht kommt sie auch einfach so vorbei.
Er stellte sich vor, wie sie an seiner Tür klopfte. Sie trug immer noch ihre Uniform. Die obersten Knöpfe ihrer Bluse waren geöffnet. »Ich dachte, ich komme mal vorbei und sehe nach, wies dir geht, Owen.«
»Willst du reinkommen?«
»Ich dachte schon, du würdest nie fragen.« Sie betrat das Zimmer, schlang die Arme um ihn und zog ihn an sich. »Ich weiß, wir haben uns gerade erst kennen gelernt«, sagte sie, »aber ich kann an nichts anderes mehr denken als an …«
Jemand klopfte an Owens Tür.
Er setzte sich ruckartig auf. Sein Herz klopfte bis zum Hals.
Das kann nicht wirklich Dana sein, dachte er, während er eilig aus dem Bett stieg.
Unmöglich. Solche Sachen passieren nicht im wirklichen Leben. Mir jedenfalls nicht.
Nur dieses eine Mal…
Er riss die Tür auf.
»Na Kumpel, alles klar?«
»Was machst du denn hier?«
»Schau mal«, sagte John und hielt Owen eine Tüte vor die Nase. »Die Bohnenstange ist früher fertig geworden, also hab ich uns viel Zeit gespart und die Fotos gleich abgeholt.« Er betrat das Zimmer. »Dafür hab ich aber meinen letzten Groschen ausgeben müssen. Ich hoffe, du gibst mir die Kohle wieder. Schade, dass du keinen von den alten Bungalows bekommen hast.«
»Die waren alle schon belegt.«
»Kann ich mir vorstellen. Jeder will ja dort wohnen, wo die ganze Sache passiert ist. Du kannst von Glück reden, dass es nicht völlig ausgebucht war.«
»Das war das letzte freie Zimmer«, sagte Owen.
»Ich weiß, ich weiß. Sie haben das BELEGT-Schild eingeschaltet, sobald du die Rezeption verlassen hast.« »Bist du mir gefolgt oder wie?«
»Scheiße, nein. Du hast doch gesagt, dass du hierherkommen würdest. Also bin ich ins Auto gesprungen und rübergedüst. Wollte ja mal unser Zimmer begutachten.« Er grinste. »Nicht schlecht.«
»Ja, ist ganz nett.«
»Außerdem habe ich dich nicht gestört. Ich habe deine Privatsphäre respektiert.«
»Ja, vielen Dank auch.«
Owen zog die Vorhänge auf. Die Abendsonne erfüllte den Raum.
»Nicht schlecht, nicht schlecht. Ein normales Bett und ein Zusatzbett, oder? Wer schläft in dem richtigen Bett?« Er ließ sich auf das Bett fallen, in dem Owen gerade noch gelegen hatte.
»Ich.«
»Aber ich bin größer als du. Sollte ich dann nicht auch das größere Bett haben?«
»Nein. Ich bezahle schließlich. Wie kommst du überhaupt auf die Idee, dass du bleiben darfst?«
»Was willst du machen, mich rausschmeißen? Wenn du das tust, nehme ich die hier mit.« Er zog einen prall mit Fotos gefüllten Umschlag aus der Tüte. »Ich hab schon mal reingesehen. Echt scharf. Diese Dana ist wirklich nicht zu verachten.«
»Lass sehen.«
»Wer kriegt das große Bett?«
»Jetzt geht mir doch gleich …«
»Ich kann auch wieder gehen.«
»Du bist ein echtes Arschloch.«
»Ein Arschloch, das Mumm genug hat, deine große Liebe zu
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